Retax-Wahnsinn

BtM: Nullretax wegen fehlendem „A“ APOTHEKE ADHOC, 08.01.2019 07:54 Uhr

Berlin - 

Die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) richtet sich im überwiegenden Teil an den Arzt. Umso ärgerlicher ist es, dass Apotheken für die Fehler des Mediziners gerade stehen müssen und im schlimmsten Fall auf Null retaxiert werden. Ein Beispiel ist der aus Apothekersicht wohl eher unbedeutende Formfehler des fehlenden „A“.

Fehlt das „Höchstmengen-A“ auf der BtM-Verordnung, handelt es sich aus Sicht der Kassen um eine nicht ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung. Denn Rezepturen und Fertigarzneimittel, die der BtMVV unterliegen, müssen mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet werden, wenn die zulässige Höchstmenge für den Abgabezeitraum von 30 Tagen überschritten wird. Das Schriftzeichen soll zeigen, dass dem Arzt die Überschreitung der Höchstmenge bewusst ist. Denn dies ist nur im begründeten Einzelfall und unter Beachtung und Einhaltung der Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs zulässig.

Hat der Mediziner das „A“ nicht aufgetragen, darf die Apotheke nach Rücksprache mit dem Arzt den Malus heilen. Der Buchstabe muss dann auf allen drei Teilen der BtM-Verordnung nachgetragen werden. Kommt die Apotheke dem nicht nach, riskiert sie eine Nullretaxation. Die Kulanzregelung nach § 3 Rahmenvertrag greift nur dahingehend, dass der fehlende Buchstabe ergänzt werden darf. Fehlen darf er jedoch nicht. Über Sinn oder Unsinn sowie den Einfluss der Formalie auf die Patientensicherheit lässt sich streiten. Schwer ist auch zu beantworten, welcher finanzielle Nachteil der Kasse durch ein fehlendes „A“ entsteht – vor allem wenn man bedenkt, dass es mit dem „A“ keine festgelegte Höchstmenge gibt und Verordnungen in das Unermessliche möglich sind.

Apotheker können zudem nicht nachvollziehen, ob es sich im Abgabezeitraum von 30 Tagen um die erste Verordnung handelt oder ob eine Folgeverordnung vorliegt und die zulässige Höchstmenge überschritten wird. Patienten haben die freie Apothekenwahl, löst der mündige Patient seine Rezepte in verschiedenen Apotheken ein, kann vom pharmazeutischen Personal nicht nachvollzogen werden, ob und wann die Höchstmenge überschritten ist und wann ein „A“ aufzubringen ist. Apotheker können der Prüfpflicht also nicht nachkommen, da eine lückenlose Überprüfung der verordneten Mengen im Alltag nicht möglich ist.

Ärzte dürfen für einen Zeitraum von 30 Tagen maximal zwei der unter § 2 Abs. 1 BtMVV, Buchstabe a gelisteten Arzneimittel bis zur aufgeführten Höchstmenge verordnen. Diese Grenze ist auch bei Verordnungen auf unterschiedlichen Rezepten für einen Patienten zu beachten sowie bei der Verordnung von unterschiedlichen Fertigarzneimitteln mit identischem Wirkstoff.

Der Teufel legt im Detail. Für den Wirkstoff Lisdexamfetamin beträgt die Höchstgrenze für 30 Tage 2100 mg. Wird die Dosierung zu 70 mg in der Packungsgröße zu 30 Hartkapseln verordnet, ist die zulässige Höchstmenge demnach bereits erreicht. Folgt die nächste Verordnung vor Ablauf der 30-Tagefrist, muss der Arzt also bereits die zweite Verordnung mit einem „A“ kennzeichnen.

Der Buchstabenirrsinn zieht sich weiter durch die BtMVV. So muss auf Verordnungen des kleinen Take-home-Bedarfs im Rahmen der Substitutionstherapie die Buchstabenreihenfolge „SZ“ aufgebracht werden. In der BtMVV heißt es dazu: „Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben ‚S‘ zusätzlich mit dem Buchstaben ‚Z‘ zu kennzeichnen.“ Die Reihenfolge „ZS“ ist somit unzulässig.