Substitutionskriterien

Biosimilars-Austausch: Das gilt aktuell Alexandra Negt, 28.02.2022 08:56 Uhr

Aktuell können Biosimilars nicht ohne weiters ausgetauscht werden. Ab Sommer soll sich das ändern. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Aktuell können Biosimilars nicht ausgetauscht werden. Lediglich einige wenige gentechnisch hergestellte Arzneimittel können von Apotheker:innen und PTA ausgetauscht werden. Im Sommer soll sich dieses Vorgehen ändern. Nach Plänen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) sollen wirtschaftliche Abgaben bei allen Biosimilars möglich werden – zum Frust der Apotheker:innen.

Auf die Apotheken könnte ab Sommer Chaos zukommen, wenn die Politik das geplante Vorhaben durchsetzt, dass Biosimilars untereinander austauschbar werden. Die automatische Substitution führt zu zahlreichen offenen Fragen, die aktuell noch nicht geklärt sind. Sowohl Ärzt:innen als auch Apotheker:innen fordern schnelles Handeln der Politik. Denn durch die geplanten Rabattverträge könnte die Therapiesicherheit gefährdet sein.

Unterschiedliche Darreichungsformen

Diese Unsicherheiten resultieren beispielsweise aus unterschiedlichen Darreichungsformen. Nicht alle Fertigpens sind gleich anzuwenden. Gleiches gilt für Injektionslösungen die teilweise unterschiedliche Hilfsmittel benötigen.

Beispiel:

Adalimumab

Humira (Abbvie) ist das Referenzarzneimittel zu den Adalimumab-haltigen Biosimilars. Als Biosimilar, und damit als „im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel“ gelten laut G-BA: Amgevita (Amgen), Amsparity (Pfizer), Hefiya (Sandoz), Hulio (Viatris), Hyrimoz (Sandoz), Idacio (Fresenius), Imraldi (Samsung Bioepis) und Yuflyma (Celltrion). Die meisten Präparate sind als Fertigspritze und auch als Fertigpen erhältlich. In ihrer Anwendung sind sie daher unterschiedlich. Aber auch der Auslösemechanismus der einzelnen Pens kann sich unterscheiden. In der Apotheke ist es teilweise schwer nachzuvollziehen, wie der Pen oder die Spritze schlussendlich angewendet werden muss. Leermuster könnten bei der Einweisung von Patient:innen helfen.

Ausnahme: Ein Wirkstoff wird von der Neuregelung höchstwahrscheinlich nicht betroffen sein. Enoxaparin-haltige Arzneimittel werden nicht biotechnologisch, sondern aus der Darmschleimhaut von Schweinen hergestellt und sind somit von den eventuell eintreffenden Neuregelungen ausgenommen.

Die Umstellung von Originalen oder Biosimilars auf chemisch-synthetische Nachahmerpräparate wird wohl ebenfalls nicht unter die geplante automatische Substitution fallen. So liegen bei Teriparatid (Forsteo, Lilly) sowohl Biosimilar (Livogiva (Theramex), Movymia (Stada), Terrosa (Gedeon)) als auch generische Zulassungen (Teripen (Aristo), Teriparatid ratiopharm, Teriparatid Heumann und weitere) vor. Dennoch: Der G-BA hält daran fest, dass auch generische Präparate „bei Verfügbarkeit gleichwohl in wirtschaftliche Erwägungen bei der Auswahl des Arzneimittels einbezogen werden“ könnten.

Was gilt aktuell

Es gibt drei Klassen von Biologika: Neben den Original-Biologika gibt es die Klasse der Biosimilars und der Bioidenticals. Nicht alle Präparate können ohne weiteres ausgetauscht werden. In der Apotheke sind aktuell noch einige Regeln zu beachten. So können nur solche Präparate untereinander ausgetauscht werden, die in Anlage 1 des Rahmenvertrages aufgeführt sind. Die hier gelisteten Präparate weisen die gleichen Ausgangsstoffe und denselben Herstellungsprozess auf. Biosimilars können also aktuell noch nicht ausgetauscht werden. Alle Biosimilars werden immer bezugnehmend auf ein Referenzarzneimittel zugelassen. Aufgrund dessen, dass sich der Herstellprozess zum Original-Biologikum unterscheidet, sind die Wirkstoffe nicht als identisch einzustufen. Sie ähneln sich lediglich. Aus diesem Grund sind Biosimilars in der Apotheke nicht austauschbar.

Achtung: Auch ein Austausch zwischen verschiedenen Original-Biologika ist nicht zulässig. Auch wenn es zunächst so erscheint, dass die Präparate denselben Wirkstoff enthalten, so verhält es sich wie bei den Biosimilars: Der Herstellprozess der Produkte ist nicht identisch, somit gilt auch der Wirkstoff als nicht identisch. Ein Austausch kann nicht erfolgen. Deutlich wird dieses Vorgehen beim Wirkstoff Filgrastim. Hier kann Ratiograstim mit Tevagristim, Filgrastim Hexal mit Zarzio (Sandoz) und Accofil (Accord) mit Grastofil (Stada) ausgetauscht werden. Weitere Wechsel sind nicht zulässig.