Darreichungsform: Kürzel mit Retaxgarantie APOTHEKE ADHOC, 15.09.2016 09:03 Uhr
Mit einer Neuregelung im Rahmenvertrag sollen mehr Klarheit bei der Abrechnung hergestellt und Retaxationen möglichst vermieden werden. Die Vertragspartner haben bewusst nicht jeden erdenklichen Einzelfall bewertet, sondern eher allgemeine Vorgaben gemacht. Tatsächlich gibt es in der Praxis weiterhin Retaxfallen, auf die man nie gekommen wäre. Die Apotheker werden von ihrer eigenen EDV ausgetrickst.
Die Rabattverträge sind fast immer das oberste Gebot bei der Abgabe. Will eine Apotheke davon abweichen, muss sie dies begründen und gegebenenfalls auch dokumentieren. Ansonsten droht die Nullretaxation – unausweichlich und höchstrichterlich abgesegnet.
Selbst der Arzt kann die Substitution nicht in jedem Fall ausschließen: Sein Aut-idem-Kreuz verhindert einen Austausch nicht, wenn es um das Verhältnis Original/Import geht. Denn aus Sicht der Kassen handelt es sich dabei um dasselbe Arzneimittel. Die Vertragspartner haben sich im neuen Rahmenvertrag auf diese Lesart verständigt: Rabattvertrag sticht Aut-idem.
In der Praxis kann das allerdings mitunter zu Verwirrungen und Retaxsorgen führen, weil die Austauschbarkeit von der Darreichungsform abhängt. Und bei der Kennzeichnung sind Originalhersteller und Importeure nicht immer auf einer Wellenlänge, wie das Beispiel eines Inhalationspulvers zeigt.
Grundsätzlich dürfen laut Rahmenvertrag Arzneimittel mit gleicher oder austauschbarer Darreichungsform substituiert werden. Maßgeblich ist die Bezeichnung in der Großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe). Jede Darreichungsform hat ein Kürzel bestehend aus drei Buchstaben. Stimmt dieses überein, darf ausgetauscht werden. Der Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kann zudem einen Hinweis zur Austauschbarkeit geben.
Zur Austauschbarkeit von Importen heißt es dagegen an anderer Stelle im Rahmenvertrag nur, dass sie „in der Darreichungsform therapeutisch vergleichbar“ sein müssen. Das hat zur Folge, dass Rabattverträge teilweise erst dann angezeigt werden, wenn der Apotheker das Original gegen einen Import austauschen will.
Das Asthma- und COPD-Mittel Beclometason/Formoterol ist so ein Fall: Das Originalprodukt Inuvair von Janssen Cilag ist in der Software als Inhalat (INH) gekennzeichnet. Die Krankenkasse KKH beispielsweise hat einen Rabattvertrag über das wirkstoffgleiche Präparat Foster (Chiesi) geschlossen. Bei diesem ist als Darreichungsform jedoch Dosieraerosol (DOS) hinterlegt. Ein Austausch der beiden Präparate wird von der Software daher nicht angezeigt – die Apotheke muss den Rabattvertrag also nicht beachten, wenn Inuvair verordnet ist.
Wird das Original im nächsten Schritt jedoch gegen einen Import ersetzt, zeigt die Software – je nach ausgewähltem Importeur – dagegen den Foster-Rabattvertrag an. Denn während Kohlpharma, Emra und CC Pharma das Mittel ebenfalls als Inhalat (INH) kennzeichnen, hat Eurim Dosieraerosol (DOS) angegeben. Dasselbe gilt für Milinda. Pharma Gerke hat das Präparat als Inhalationslösung (INL).
Apotheken sitzen damit in der Falle: Sie können in jedem Fall retaxiert werden, egal wie sie sich verhalten: Entweder für die Nichtbeachtung des Rabattvertrags oder wegen des unzulässigen Austauschs einer Darreichungsform. Da Kassen allerdings seltener retaxieren, wenn ihre Rabattverträge umgesetzt werden, halten sich viele Apotheken lieber daran.