Diagnose auf Rezept – Prüfpflicht Nadine Tröbitscher, 27.06.2017 12:31 Uhr
Werden OTC-Präparate, Lifestyle-Medikamente oder Arzneimittel zur künstlichen Befruchtung zu Lasten der GKV verordnet, gelten einige Besonderheiten. Wann unterliegt die Apotheke einer erweiterten Prüfpflicht, welche Ausnahmeliste ist zu beachten und wann muss eine Diagnose auf das Rezept? Eine kleine Übersicht zu den Ausnahmen der Ausnahmen.
Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, ist er nicht zur Angabe einer Diagnose verpflichtet. Auch der Patient muss dem Apotheker nicht mitteilen, warum er das Medikament verschrieben bekommen hat. Die Entscheidung liegt allein beim Arzt, er ist lediglich verpflichtet, in der Patientenakte den Grund für seine Therapieentscheidung zu dokumentieren.
Hat der Arzt jedoch eine Diagnose angegeben, besteht für den Apotheker eine erweiterte Prüfpflicht. Auf diese Konstellation hatte beispielsweise Pfizer im Zusammenhang mit dem Patentstreit um Pregabalin hingewiesen. In der Regel kommt die Vorgabe zum Tragen, wenn es sich um ein Medikament handelt, das üblicherweise nicht erstattungsfähig ist. Dann muss der Apotheker prüfen, ob die dokumentierte Diagnose zu den Ausnahmelisten zur Arzneimittelrichtlinie passt. Nur wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Wirkstoff mit einer bestimmten Indikation aufgenommen hat, werden die Kosten übernommen.
Anlage 1 regelt beispielsweise, unter welchen Bedingungen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel auch bei Erwachsenen zu Lasten der GKV abgerechnet werden können – die OTC-Ausnahmeliste. Mediziner müssen mit der Verordnung die Kriterien des G-BA erfüllen, um nicht in Regress genommen zu werden. Ist eine Diagnose auf dem Rezept vermerkt und stimmt sie mit den Kriterien überein, kann die Apotheke das Arzneimittel unter Berücksichtigung des Rabattvertrages abgeben. Patienten müssen eine Zuzahlung und eventuell anfallende Mehrkosten zahlen. Bei einer Unstimmigkeit zwischen Diagnose und den Kriterien des G-BA müssen Patienten das Arzneimittel selbst zahlen. Eine Rücksprache mit dem Arzt kann eventuell zu einer Änderung führen.
In der Anlage sind unter anderem Eisen-(II)-Verbindungen nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanaemie, Nystatin nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten oder salicylsäurehaltige Zubereitungen, mit einem Gehalt von mindestens 2 Prozent, in der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme aufgeführt. Hintergrund ist, dass diese Arzneimittel für die jeweilige schwerwiegende Erkrankung als Standard in der Therapie gelten.
Eine weitere Ausnahme stellen Lifestyle-Arzneimittel dar, hier steht die Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund. Hierzu zählen beispielsweise Abmagerungsmittel, Medikamente zur Raucherentwöhnung oder zur Behandlung der erektilen Dysfunktion. Grundsätzlich gilt: Ist der Einsatz von Medikamenten durch die private Lebensführung bedingt, wird der Betroffene zum Selbstzahler.
Der Wirkstoff Tadalafil ist auf der Liste der Lifestyle-Medikamente zu finden, dennoch ist er zur Behandlung des benignen Prostatasyndroms bei erwachsenen Männern in der Stärke 5 mg erstattungsfähig. Cialis kann somit zu Lasten der GKV abgerechnet werden. Der Wirkstoff Alprostadil in den Fertigarzneimittel Muse oder Viridal ist zu Diagnosezwecken ebenfalls erstattungsfähig.
Besonderheiten gibt es auch für die zur künstlichen Befruchtung verordneten Arzneimittel wie Menogon HP, Gonal F oder Puregon. Der Indikation entsprechende Verordnungen können mit dem medizinischen Hinweis auf den § 27a bedruckt sein. In diesem Fall unterliegt die Apotheke keiner Prüfpflicht und die Krankenkasse erstattet die Hälfte der Kosten. Die Patienten tragen den restlichen Teil des Arzneimittelpreises, aber keine weitere Zuzahlung.
Ist eine Verordnung nicht mit dem Hinweis auf eine Versorgung nach § 27a versehen, muss die Apotheke ihrer Prüfpflicht nachkommen, sofern es der regionale Liefervertrag vorsieht. Ausgenommen sind die Ersatzkassen. Steht die Behandlung nicht im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung, kann der Vermerk aufgebracht werden: „Nach Rücksprache vom … kein Zusammenhang mit § 27a.“ In diesem Fall wird der volle Arzneimittelpreis abgerechnet, dem Patienten werden die Rezeptgebühr und eventuell auftretende Mehrkosten in Rechnung gestellt, denn die Arzneimittel sind zum Teil auch für andere Indikationen zugelassen.
Verordnet der Arzt eine Hilfsmittelverordnung, muss die Diagnose angegeben werden. Der Empfang der Ware muss auf der Rückseite der Verordnung vom Patienten mit der Unterschrift bestätigt werden.