AOK will Defektbelege sehen Nadine Tröbitscher, 03.04.2024 14:50 Uhr
Dass sie besonderes Augenmerk auf den Nachweis der Nichtverfügbarkeit legen wird, wenn sie die Festbetragsaufzahlung übernehmen muss, hatte die AOK vor rund einer Woche angekündigt. Kurz vor Ostern machte die Kasse ernst – die Apotheken erreichen Retaxationen über Rezepte, die im zweiten Quartal 2023 abgerechnet wurden.
Kann die Apotheke den Rabattvertrag aufgrund von Engpässen nicht bedienen, übernehmen die Kassen die Festbetragsaufzahlung, wenn keine mehrkostenfreien Alternativen lieferbar sind. Grundlage ist Rahmenvertrag § 11 Absatz 3: „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten.“
In Bezug auf die Alternativen kommt § 11 Absatz 2 zum Tragen. Kann nicht rabattvertragskonform geliefert werden, weil die Rabattarzneimittel nicht verfügbar sind, kann mit einem lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittel, das den Aut-idem-Vorgaben entspricht, versorgt werden. Dabei ist die Abgaberangfolge zu beachten: Bei Arzneimitteln, die dem generischen Markt zugeordnet werden, ist eines der vier preisgünstigsten abzugeben. Sind diese defekt, kann das nächst teurere Präparat abgerechnet werden. Ist dieses ebenfalls nicht lieferbar, geht es eine Preisstufe höher.
Defektbelege sammeln
Dass die Präparate nicht lieferbar sind, muss die Apotheke dokumentieren. Und genau diese Defektbelege will die AOK sehen. Grundlage ist ebenfalls § 11 Absatz 2 Rahmenvertrag. Dabei genügt es nicht, nur den Defektbeleg für das Rabattarzneimittel zu dokumetieren, sondern für alle Arzneimittel, die gemäß der Abgaberangfolge ausfallen. „Für die Feststellung der Nichtverfügbarkeit ist in Abweichung von § 2 Absatz 11 der Nachweis durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel ausreichend.“
Nicht das erste Mal
Dass die AOK die Defektbelege sehen will, ist keine Neuheit. Schon im Sommer 2023 hat die AOKdie Festbetragsaufzahlung retaxiert, und zwar in mehreren Fällen. Die Begründung: „Mehrkosten zu Lasten der GKV nur bei Nichtverfügbarkeit eines Rabattpartners und keine Alternative unterhalb des Festbetrages abrechnungsfähig. […] ggf. Nichtverfügbarkeitsnachweise nachreichen.“
Sonder-PZN und Faktor als Retaxfalle
Die Kasse zahlt die Mehrkosten nur, wenn ein Rabattvertrag vorliegt. Wurde kein Vertrag geschlossen und kann nur oberhalb des Festbetrages versorgt werden, müssen Versicherte die Kosten selbst zahlen. Apotheken müssen daher auf den Faktor korrekt auswählen, um der Kasse nicht fälschlicherweise die Mehrkosten in Rechnung zu stellen.
Faktor 2: Nichtverfügbarkeit, Rabattarzneimittel, generischer/importrelevanter Markt
Faktor 3: Nichtverfügbarkeit unabhängig von Rabattarzneimitteln
Wird Faktor 2 ausgewählt, werden die Mehrkosten der Kasse in der Regel automatisch in Rechnung gestellt.