Interaktionen

Achtung Grapefruit! APOTHEKE ADHOC, 13.08.2019 15:28 Uhr

Gefährliche Interaktion: Die in der Grapefruit enthaltenen Furanocumarine blockieren das Enzym CYP3A4 welches für den Abbau der betroffenen Arzneistoffe verantwortlich ist. Foto: Pixabay
Berlin - 

Wechselwirkungen zwischen Lebensmitteln und Arzneistoffen sind zwar bekannt, werden aber häufig unterschätzt. Neben Milch zählt auch die Grapefruit zu den üblichen Verdächtigen. Die Wechselwirkung zwischen den enthaltenen Furanocumarinen und zahlreichen Arzneistoffen kann im schlimmsten Fall zu Vergiftungserscheinungen führen.

Schuld an den gefährlichen Interaktionen sind die in der Grapefruit enthaltenen Furanocumarine und das Flavonoid Naringin*: Diese konkurrieren im Darm mit zahlreichen Wirkstoffen. Sie blockieren das Enzym Cytochrom P450 3A4 (CYP3A4), welches für den Abbau der betroffenen Arzneistoffe verantwortlich ist. Das Enzym baut einen Teil der Wirkstoffe ab, bevor sie in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Dieser Abbauprozess wird bei der Dosierung von Medikamenten berücksichtigt.

Betroffen sind daher Arzneimittel, die von CYP3A4 abgebaut und normalerweise nur teilweise vom Körper aufgenommen werden. Wird das CYP3A4 nun durch die Furanocumarine gehemmt, verbleiben größere Mengen des Wirkstoffes im Körper. Wird über mehrere Tage Grapefruit in Kombination mit den betroffenen Arzneistoffen eingenommen, konzentrieren sich die Wirkstoffe im Körper und die Wirkung kann sich potenzieren: Es kommt zu gefährlichen Überdosierungen. In schweren Fällen kann es sogar zu Vergiftungserscheinungen kommen.

Die Liste der Arzneistoffe, welche durch Grapefruit beeinflusst werden, wird immer länger: Cholesterinsenker wie Simvastatin, Atorvastatin und Lovastatin zählen ebenso dazu wie zahlreiche Calciumcanalblocker, unter anderem Amlodipin, Felodipin oder Verapamil. Eine weitere Gruppe sind Immunsuppressiva wie Ciclosporin und Tacrolimus. Aber auch einige Krebsmedikamente, sowie Quetiapin, Domperidon, Tamsulosin und Carbamazepin sind gefährdet. Bei den genannten Wirkstoffen handelt es sich nur um einen Bruchteil der betroffenen Wirkstoffe. Ein Blick in den Beipackzettel gibt Aufschluss.

Wechselwirkungen gibt es auch zwischen Grapefruit und oralen östrogenhaltigen Verhütungsmitteln oder Hormonersatzpräparaten: Da die Wirkung jedoch nicht abgeschwächt wird, ist der Verhütungsschutz nicht gefährdet. Durch die verstärkte Wirkung kommt es auf Dauer vielmehr zu einer Erhöhung des Hormonspiegels, der zu Beschwerden führen kann oder das Risiko für Thrombosen steigert. Patientinnen sollten daher unbedingt auf das bestehende Risiko hingewiesen werden.

Da es sich um eine Wechselwirkung im Gastrointestinaltrakt handelt, besteht das Risiko nur für Medikamente, die oral eingenommen beziehungsweise über eine Nasensonde verabreicht werden. Das Risiko ist von Person zu Person unterschiedlich und für jedes Medikament anders ausgeprägt. Bei manchen Personen reicht schon der einmalige Verzehr von grapefuithaltigen Lebensmitteln, bei anderen kommt es erst nach tage- oder wochenlangem Konsum zu schweren Wechselwirkungen.

Leider reicht es nicht aus, einen kurzen zeitlichen Abstand zwischen der Einnahme der betroffenen Medikamente und dem Verzehr von grapefruithaltigen Lebensmitteln einzuhalten: Der unerwünschte Effekt kann mehrere Tage andauern. Patienten, die die betroffenen Wirkstoffe regelmäßig einnehmen, sollten also am besten komplett auf die Grapefruit verzichten. Übrigens: Auch Pampelmusen, Pomelo oder Bitterorangen enthalten Furanocumarine. Letztere sind häufig in Marmeladen enthalten, demnach bieten nicht nur die Frucht selbst sowie Säfte oder Limonaden ein Risiko, sondern auch andere Lebensmittel. Es gilt also, die Aufmerksamkeit zu schärfen und öfter mal einen Blick auf die Zutatenliste zu werfen. Orangen hingegen haben keinen Effekt auf das Enzym und können daher bedenkenlos verzehrt werden.

* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version wurde Naringin als Furanocumarin bezeichnet, wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.