Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg begann Ursula Heinrichs 1948 ihre Ausbildung zur Apothekenhelferin. 40 Jahre war sie in der Offizin und in einem Krankenhaus tätig. Mittlerweile lebt die 92-Jährige in einem Dortmunder Seniorenzentrum – und wünscht sich einen ehrenamtlichen Begleiter. „Mir fehlt jemand, der mit mir einmal in die Stadt oder in ein Konzert geht.“
Heinrichs wohnt in einem Apartment mit zwei Zimmern im Minna-Sattler-Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Bis vor Kurzem erledigte sie ihren kompletten Alltag selbstständig. Sie ist rüstig und vom Kopf her fit. Doch ein Augenleiden führte dazu, dass sie in den vergangenen Jahren immer schlechter sah. „Im letzten Jahr hat es sich stark verschlechtert. Ich bin fast blind und kann alleine nicht mehr raus. Ich brauche Hilfe“, sagt sie. „Das Allerschlimmste ist, dass ich nicht mehr Lesen kann.“
Mit ihrer Betreuerin Heike Hagemann hat die Apothekenhelferin ein gutes Verhältnis. „Sie hat mir gesagt, dass sie sich jemanden wünscht, der ihr ehrenamtlich hilft.“ Hagemann verantwortet den Sozialen Dienst des Zentrums und hilft, den Alltag der Senioren mitzugestalten. „Bei Frau Heinrichs kann man wirklich sagen, sie ist 92 Jahre jung.“ Nur könne sie beispielsweise nicht mehr alleine einkaufen.
Mit dem Projekt „Zeit verschenken“ sucht Hagemann Interessierte, die die Senioren für wenige Stunden begleiten. „Wir wollen unseren Bewohnern die Teilnahme an der Gesellschaft ermöglichen“, sagt sie. Den Menschen im Zentrum gehe es nicht um große Dinge, sondern einmal gemeinsam durch die Innenstadt laufen, in eine Gastwirtschaft oder in ein Konzert gehen.
Auch Heinrichs wünscht sich einen Begleiter für musikalische Veranstaltungen. Sie ging früher regelmäßig ins Theater und die Oper: „Ich hatte überall Vormieten“, sagt sie. Seit 30 Jahren ist sie Rentnerin, seit wenigen Jahren lebt sie im Seniorenzentrum. Kinder hat sie keine. „Ich würde gerne einmal wieder einen Stadtbummel machen und sehen, wie sich Dortmund verändert hat. Die großen Gebäude kann ich noch erkennen.“ Zwei Stunden könne sie mit Rollator problemlos auf Tour gehen. „Man kann sich zwischendurch ja auch einmal für einen Kaffee hinsetzen.“
Ihre ersten Berufsjahre verbrachte sie in zwei öffentlichen Apotheken, bevor sie vor 52 Jahren in eine Dortmunder Klinikapotheke wechselte. „Mein Beruf war sehr schön und hat mir immer Freude bereitet.“ Die Arbeit im Krankenhaus sei vielseitiger gewesen als in der Vor-Ort-Apotheke. „Wir hatten 2000 Betten zu beliefern. Damals ging nichts automatisch. Wir haben alle Tabletten mit der Hand abgefüllt und Salben zu fünf Kilogramm hergestellt und abgefüllt“, erinnert sie sich. Die letzten zehn Berufsjahre war sie im Büro der Apotheke tätig.
Erste Interessenten haben sich bei Hagemann bereits gemeldet. „Wir hatten drei Rückmeldungen, das finde ich gut“, sagt die Betreuerin. „Frau Heinrichs hat bereits ein Casting mit zwei Bewerberinnen gemacht.“ Das erste Gespräch sei sehr nett gewesen. Insgesamt wohnen in dem Zentrum 150 Menschen. „Wir haben viele so tolle Frauen wie Frau Heinrichs.“
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