Nahrungsmittelunverträglichkeiten spielen im Beratungsalltag in der Apotheke inzwischen eine große Rolle, für viele Patient:innen ist der Weg zur Diagnose allerdings lang und beschwerlich. Auch bei der Glutenintoleranz sind die Symptome unspezifisch: Viele verschiedene Beschwerden können auf Zöliakie hinweisen.
Menschen, die an Zöliakie leiden, vertragen das Klebereiweiß Gluten nicht – man spricht von einer Glutenintoleranz. Die chronische Systemerkrankung weist sowohl Merkmale einer Allergie als auch einer Autoimmunerkrankung auf. Sie unterscheidet sich von anderen Nahrungsmittelunverträglichkeiten insofern, dass auch schon kleinste Mengen Gluten die Beschwerden auslösen.
Das Klebereiweiß kommt in zahlreichen Getreidearten vor: Sowohl in Weizen, Dinkel, Roggen als auch Gerste ist es enthalten. Hafer ist zwar von Natur aus glutenfrei, durch Anbau- und Verarbeitungsprozesse kann dieser allerdings mit Gluten verunreinigt und dadurch ungeeignet für Zöliakie-Patient:innen sein. Diese sollten darauf achten, nur explizit ausgewiesenen „glutenfreien Hafer“ zu sich zu nehmen. Das gilt auch für andere glutenfreie Getreidesorten wie Reis, Mais, Wildreis, Hirse, Buchweizen, Amaranth und Quinoa.
Generell gilt es bei der Ernährung sehr genau hinzuschauen: Manchmal ist Gluten nicht offensichtlich zu erkennen, auch verschiedene Kartoffel- oder Fertigprodukte, Pudding, Eis oder Schokolade können kleine Mengen enthalten. Seit 2005 gilt bei abgepackten Waren eine Kennzeichnungspflicht.
Grundsätzlich glutenfrei sind unverarbeitete Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Salat, Kartoffeln und Milchprodukte wie Naturjogurt, Buttermilch, Quark und Butter. Ebenso können beispielsweise unverarbeitetes Fleisch und Fisch ohne Panade, sowie Eier bedenkenlos verzehrt werden.
Akute Beschwerden der Zöliakie sind hauptsächlich Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Bauchschmerzen, Erbrechen oder Appetitlosigkeit. Die Aufnahme von Gluten führt bei den Betroffenen aber auch zu einer chronischen Entzündung der Darmschleimhaut: In der Folge bilden sich die Zotten auf der Schleimhaut zurück, die Oberfläche des Darmes verringert sich und es kann zu Störungen bei der Nährstoffaufnahme kommen. Die Betroffenen leiden unter Fettstühlen und Verstopfung im Wechsel, es kommt außerdem zu Nährstoffdefiziten. Oft kommen Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit und Müdigkeit hinzu. Viele Betroffene entwickeln im Laufe der Erkrankung auch psychische Beschwerden wie Depressionen.
Die Symptome sind häufig unspezifisch, daher wird eine Glutenintoleranz nur selten sofort diagnostiziert. Knochenschmerzen mit Osteoporose, Arthritis, Zyklusstörungen und Unfruchtbarkeit, Migräneanfälle oder Leberwerterhöhungen können ebenfalls durch eine Zöliakie entstehen. Auch Eisenmangel kann ein Hinweis auf Zöliakie sein.
Die Diagnose erfolgt zum einen durch eine Ernährungsumstellung: Häufig bessern sich die Beschwerden rasch, wenn auf Gluten verzichtet wird. Zum anderen werden im Blut der Betroffenen Antikörperwerte bestimmt: Ist der Transglutaminase-Wert entsprechend hoch, reicht dies für die Diagnose laut aktueller S2k-Leitlinie inzwischen aus. Der Arzt oder die Ärztin kann sich aber auch durch eine Dünndarmbiopsie vergewissern.
Die Unverträglichkeit bleibt lebenslang bestehen, derzeit kann sie nicht ursächlich behandelt werden. Hoffnungen ruhen aktuell auf einem oral einzunehmenden Transglutaminase-2-Inhibitor. Bis eine medikamentöse Therapieoption zur Verfügung steht, müssen Betroffene eine lebenslange, streng glutenfreie Ernährung einhalten, damit die geschädigte und entzündete Darmschleimhaut abheilen und ihre Funktion wieder ordnungsgemäß aufnehmen kann. Schon kleinste Glutenmengen können erneute Schädigungen auslösen. Meist leben die Patient:innen unter Einhaltung der Diät beschwerdefrei.
Bei der Entstehung spielen sowohl erbliche Faktoren eine wichtige Rolle wie auch das Immunsystem, Ernährung und verschiedene Umweltfaktoren. Die genauen Zusammenhänge sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Die Zöliakie muss nicht zwingend ab dem Kindesalter bestehen, viele Patient:innen entwickeln erst später eine Intoleranz.
Bei einigen Menschen wird eine Glutenintoleranz diagnostisch mithilfe der Antikörperbestimmung und einer Biopsie ausgeschlossen, dennoch stellt sich unter einer glutenfreien Diät eine Besserung der Symptome ein. Ist dies der Fall, sprechen Experten häufig von einer Glutensensitivität (GS). Abzugrenzen von diesen beiden Formen ist die Weizenallergie, bei der es zur Bildung spezifischer Immunglobulin-E-Antikörper oder T-Lymphozyten kommt, die sich gegen bestimmte Allergene im Weizen richten. Auch hier hilft meist eine glutenfreie Ernährung, um die Beschwerden in den Griff zu bekommen.
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