Zecken-Beratung: Zwischen Repellentien und Antibiotika Cynthia Möthrath, 20.04.2022 14:31 Uhr
Kaum steigen die Temperaturen, rücken auch Zecken wieder auf den Plan: Die blutsaugenden Parasiten sind vor allem in FSME-Risikogebieten gefürchtet. In Apotheken wird häufig nach Rat gefragt – sowohl bei der Vorbeugung von Zeckenbissen wie auch bei der Entfernung der Tiere oder bei einer notwendigen Antibiose. Eine Übersicht zum Download gibt es hier.
Der Ekel vor Zecken ist nicht unbegründet, denn die Tiere können auch gefährliche Krankheiten übertragen. Nach dem Biss können die Parasiten bis zu zwei Wochen an ihrem Wirt hängen und Blut saugen. Von einer Blutmahlzeit können sie drei bis fünf Jahre zehren. Hier ein Überblick über Krankheiten, Behandlungs- und Prophylaxemöglichkeiten.
FSME: Risikogebiete kennen, Vorbereitungen treffen
Während der warmen Jahreszeiten kommen Zecken in ganz Deutschland vor. Einige Regionen gelten als Risikogebiet für die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME):
- Bayern (komplett)
- Baden-Württemberg (komplett)
- südliche Teile von Sachsen, Hessen und Thüringen
- Teile von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland
Bei Aufenthalt in den betroffenen Regionen sollte daher unbedingt auf einen ausreichenden Impfschutz geachtet werden – das gilt auch für Kurzurlaube in den Regionen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Impfung für alle, die sich in einem FSME-Risikogebiet aufhalten oder dort wohnen. Für die Grundimmunisierung sind drei Impfungen notwendig.
Borreliose: Zeckenbiss-Komplikation mit Folgen
Eine weitere mögliche Erkrankung, die durch Zecken übertragen werden kann, ist Borreliose. Die Borrelien befinden sich im Verdauungstrakt der Parasiten und werden beim Saugakt auf den Menschen übertragen. Infektionen mit den Bakterien bleiben häufig unbemerkt und können zu schweren Spätschäden führen.
Eine Borreliose kann mit Antibiotika behandelt werden. Eine Schutzimpfung gibt es bislang nicht, der Hersteller Valneva will in Kürze eine klinische Studie starten. Typisch für eine Borreliose ist das Erythema migrans, häufig auch als „Wanderröte“ bezeichnet: Eine charakteristische, ringförmige Rötung, welche sich um den Zeckenbiss bildet. Weitere Symptome sind häufig unspezifisch und treten erst Tage oder sogar Wochen nach dem eigentlichen Biss auf. Betroffene bringen die Beschwerden häufig nicht mehr in Zusammenhang oder können sich an einen eventuellen Zeckenbiss nicht mehr erinnern. Zu den möglichen Beschwerden gehören:
- grippeähnliche Symptome
- Abgeschlagenheit
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Fieber
Spätfolgen der Borreliose nicht unterschätzen
Unbemerkt können die Bakterien im Laufe der Zeit verschiedene Organe oder auch die Gelenke befallen. Erst Monate später kann es zu Hirnhaut- oder Herzmuskelentzündungen oder der sogenannten Lyme-Arthritis kommen. Viele Betroffene klagen über brennende Nervenschmerzen, Taubheitsgefühle oder Sehstörungen, die durch eine entstandene Neuroborreliose bedingt sind. Je länger die Zecke in der Haut verbleibt, umso höher ist das Risiko für eine Borreliose-Infektion. Nach dem Akt des Blutsaugens stößt die Zecke einen Teil ihres Mageninhaltes aus und gibt ihn in die Blutbahn des Menschen ab. So gelangen die Bakterien in den menschlichen Körper.
Kommt es zur charakteristischen Rötung, sollte diese unbedingt beobachtet werden. Oft wird die Stelle eingekreist, um dokumentieren zu können, inwieweit sie sich ausbreitet. Betroffene müssen unbedingt einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen. Denn wird die Erkrankung bestätigt, kann im Frühstadium mit verschiedenen Antibiotika behandelt werden. Besonders häufig werden Doxycyclin, Amoxicillin und Azitrhomycin eingesetzt. Die Therapiedauer kann bis zu einem Monat betragen. Aktuell wird auch eine prophylaktische Antibiotikagabe erforscht. Diese wird bislang jedoch nicht empfohlen.
Repellentien zur Abwehr
Vorsorge ist bekanntlich besser als Nachsorge – daher ist die Prävention besonders wichtig: Repellentien können helfen Zecken und andere Insekten abzuwehren. Zum Einsatz kommen Substanzen wie Icaridin in hoher Dosierung. Um sich Zecken vom Leib zu halten, reicht es mitunter nicht aus, das Mückenabwehrspray zu benutzen. Denn Zecken lassen sich weniger leicht abschütteln.
Die Dauer der Schutzleistung gegen Zecken unterscheidet sich meist um 40 Prozent von der Dauer der Schutzleistung gegen Mücken. So wehren die meisten Produkte die krabbelnden Blutsauger nur für 4 bis 5 Stunden ab, während Mücken bis zu 8 Stunden vertrieben werden können. Wer sich gegen Mücken und Zecken schützen will, kann also auf ein Spray gegen Zecken zurückgreifen. Für Kleinkinder sind die Produkte nicht oder nur bedingt geeignet. Pflanzliche Alternativen setzen auf die Wirkung von ätherischen Ölen wie Geraniol und Citriodiol.
Kleidung als Schutzschild
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Kleidung: Beim Aufenthalt in der Natur sollte dünne lange Kleidung gewählt werden, sodass möglichst viel der Körperoberfläche bedeckt ist. Die Hosenbeine sollten in die Socken steckt werden, da vor allem die Knöchel häufig freiliegen und eine ideale Bissstelle bieten. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der gesamte Körper auf Zecken abgesucht werden.
Besonders „beliebt“ sind die folgenden Stellen:
- Genitalbereich
- Innenseite der Oberschenkel
- Kniekehle und Armbeugen
- Bauchnabel
- Hautfalten z.B. unter den Brüsten
- Achselhöhlen
- Schultern
- Hals und Nacken
- Kopfhaut und Haaransatz
- Ohrmuscheln und hinter den Ohren
Zecken entfernen – aber wie?
Wird eine Zecke entdeckt, sollte diese möglichst schnell entfernt werden. Dabei müssen einige Aspekte beachtet werden:
- spezielle Hilfsmittel wie Zeckenzange oder Zeckenkarte verwenden
- keine flachen Pinzetten verwenden, welche die Zecke zerquetschen könnten
- besser: feine, spitze Pinzetten
- Zecke direkt über der Haut packen
- mit gleichmäßigem Zug gerade herausziehen
- Zecke nicht stark drehen oder quetschen
- nicht mit vermeintlichen Hausmitteln wie Öl, Seife oder Zahnpasta experimentieren
- Bissstelle nach dem Entfernen desinfizieren und mehrere Wochen beobachten