Welche Insulinarten gibt es Eva Bahn, 05.04.2019 13:17 Uhr
In der Apotheke gehören Diabetiker zu den Chronikern, die eine besonders intensive Beratung benötigen. Rund um die häufigste Stoffwechselerkrankung gibt es vieles, das erklärungsbedürftig ist. Wieso gibt es so viele verschiedene Insuline? Wie misst man richtig den Blutzucker? Welches Spritzschema hat der Arzt zugrunde gelegt und warum? Welche Injektionssysteme gibt es auf dem Markt? Um diese Fragen kümmern wir uns in unserer Themenreihe „Wissenswertes zum Thema Diabetes“, die mit der Erklärung der verschiedenen Insulinarten beginnt.
Allen Insulinen ist gemeinsam, dass sie gentechnisch hergestellt und in das Unterhautfettgewebe injiziert werden. Es werden grundsätzlich zwei verschiedene Insulinarten unterschieden, nämlich das Analog- und das Humaninsulin. Humaninsuline gleichen dem menschlichen Proteohormon, das in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Kurz wirkende Humaninsuline beginnen etwa 20 bis 30 Minuten nach der subkutanen Injektion zu wirken und erreichen das Wirkmaximum etwa nach zweieinhalb Stunden. Etwa vier bis sechs Stunden lang hält die Wirkung an, was sich von Mensch zu Mensch unterscheidet und auch zum Beispiel von sportlichen Aktivitäten oder Krankheiten beeinflusst werden kann. Zu diesen auch Altinsulin genannten Normalinsulinen gehören Huminsulin, Berlinsulin, Insuman und Actrapid.
Um den Bedarf zwischen den Mahlzeiten zu decken, benötigt man sogenanntes Langzeit- oder Basalinsulin. Nutzt man dazu ein Humaninsulin, so ist dieses zur Verzögerung der Freisetzung aus dem Unterhautfettgewebe mit Zink oder dem sogenannten NPH, einem Protein, versetzt. Dadurch sieht es milchig aus und muss vor dem Verabreichen auch vorsichtig geschwenkt werden, um die Moleküle gleichmäßig zu verteilen. Ihre Wirkung beginnt erst nach etwa einer Stunde und hält zwischen acht und zwölf Stunden an. Moderne langwirksame Analoginsuline wirken dagegen bis zu 24 Stunden und verdrängen daher die langwirksamen Humaninsuline wie Insuman Basal, Insulatard, Huminsulin Basal, Protaphane und Berlinsulin H Basal.
Die Mischinsuline bestehen aus kurz- und langwirksamen Insulinarten. Sie werden in der konventionellen Therapie besonders bei Patienten mit stabilen Werten und einem geregelten Tagesablauf verwendet. Um Blutzuckerspitzen abzufangen oder für Sportler sind diese Kombinationsinsuline ungeeignet. Diese Insuline tragen oft Zahlen im Namen. Diese beziehen sich aber nicht auf die Stärke, sondern auf den Anteil Normal- beziehungsweise Basalinsulin. Wird nur eine Zahl angegeben, so ist das immer der prozentuale Anteil an Normalinsulin. Dazu gehören folgende Präparate: Actraphane 30 und 50, Insuman comb 15, 25 und 30, Huminsulin Profil III, Berlinsulin H 30/70.
Eine bedeutende Weiterentwicklung in der Diabetesforschung stellten die Analoginsuline dar, die etwa zur Jahrtausendwende in die Apotheken kamen. Hier wurde die Molekülstruktur des Insulins leicht verändert, um extrem schnell und sehr langsam wirkende Varianten zu schaffen. Die langsam wirkenden Analoginsuline werden sehr gleichmäßig und langsam freigesetzt. Ihre Wirkung beginnt etwa eine Stunde nach der Injektion und hält bis zu 24 Stunden an. Das vereinfacht die Therapie ungemein und führt deutlich seltener zu Unterzuckerung als NPH-Insuline. Die Präparate, die in der Apotheke erhältlich sind, heißen Tresiba, Toujeo, Abasaglar, Levemir, Lusduna und Lantus. Toujeo ist besonders hoch konzentriert und enthält 300 I.E. pro Milliliter statt wie üblich 100 I.E. Es eignet sich daher besonders für adipöse Patienten, die besonders viel Insulin unter die Haut spritzen müssen.
Schnelle Insulinanaloga haben den Vorteil, dass man damit Blutzuckerspitzen nach einer Mahlzeit in noch kürzerer Zeit begegnen kann. Bereits nach zehn Minuten beginnt die Wirkung, das Wirkmaximum liegt bei einer Stunde und die Wirkdauer beträgt maximal zwei Stunden. Dadurch sind sie für aktive Menschen deutlich sinnvoller, denn die Einnahme der Mahlzeit muss nicht mehr minutiös im Voraus geplant werden, und auch ein Unterzucker kommt durch die kurze Wirkdauer seltener vor. Diese Turboinsuline können unmittelbar vor dem Essen gespritzt werden und finden sich in folgenden Präparaten: Insulin lispro, Novorapid, FIASP, Humalog, Apidra und Liprolog.
Auch bei den Insulinanaloga werden Mischinsuline produziert. Der Wirkung tritt etwa nach zwanzig Minuten ein und kann etwa acht bis siebzehn Stunden anhalten. Der Wirkstoff nennt sich hier Protamin-Misch-Analoginsulin und setzt sich aus verschiedenen Konzentrationen von entweder Lispro- oder Aspartat- mit NPH-Insulin zusammen. Sie heißen NovoMix30, Humalog Mix 30 oder 50 und Liprolog Mix 25 oder 50. Die Zahl bezieht sich hier entweder auf das Lispro- oder Aspartat-Insulin. Die Industrie arbeitet fleißig an der Entwicklung eines „intelligenten“ Insulins, das als Depot gespritzt wird und erst dann Wirkstoff freisetzt, wenn sich der Blutzuckerspiegel erhöht. Bis ein solches Präparat auf den Markt kommt, werden aber sicher noch viele Jahre vergehen.