Kruke oder Tube

Wie dicht sind Drehdosierkruken? Alexandra Negt, 01.09.2020 13:42 Uhr

Spenderdose und Drehdosierkruke: Die Inhalte beider Abgabegefäße verlieren aufgrund von Wasserverlust an Gewicht. Die Folge: Ein Wirkstoffanstieg bis zu 10 Prozent.
Berlin - 

Dermatika, die mit Hilfe von automatischen Rührsystemen hergestellt wurden, werden meist in Kruken abgegeben. Das Umfüllen in Tuben würde einen zusätzlichen Herstellungsgschritt darstellen, Hygieneprobleme wären vorprogrammiert. Dabei weiß die PTA: Die Tube ist dichter und führt zu weniger Verdunstungsverlusten. Doch wie groß sind diese eigentlich? Das hat das Zentrallaboratorium (ZL) untersucht und spricht sich bei einigen Wirkstoffen klar gegen die Verwendung von Drehdosierkruken aus.

Automatische Rührsysteme können gerade in Apotheken mit vielen Dermatika eine große Unterstützung sein. TopiTec und Unguator rühren die Rezeptur alleine, sodass die PTA sich um weitere anfallende Aufgaben kümmern kann. Bei der Abgabe kann sich der Rezeptar meist zwischen Kruke oder Tube entscheiden. Hierfür finden sich im NRF oftmals abweichende Haltbarkeiten. Um zusätzliche Arbeitsschritte zu vermeiden, entscheiden sich die meisten Apotheken für die Drehdosier- oder die Spenderkruke als Abgabegefäß. Die Primärgefäße aus Kunststoff sind aufgrund ihres Materials und Verschlusstechnik wasserdurchlässiger als Tuben. Wir groß die möglichen Massenverluste bei längerer Lagerung sein können, hat das ZL untersucht.

Verlust abhängig vom Wassergehalt der Grundlage

In den Untersuchungen des ZL wurden zwei Grundlagen verwendet: Das Hydroxyethylcellulosegel DAB und die Anionische hydrophile Creme. Das Gel weist einen höheren Wassergehalt als die Creme auf.

Zusammensetzungen:

  • Hydroxyethylcellulosegel DAB
    • Hydroxyethylcellulose 10.000 1,5 g
    • Glycerol 85 % 10,0 g
    • Gereinigtes Wasser 87,5 g
    • 0,1 % Kaliumsorbat & Sorbinsäure
  • Anionische hydrophile Creme
    • Emulgierender Cetylstearylalkohol Typ A 9,0 g
    • Dickflüssiges Paraffin 10,5 g
    • Weißes Vaselin 10,5 g
    • Gereinigtes Wasser 70,0 g
    • 0,1 % Kaliumsorbat & Sorbinsäure

Von allen Prüfmedien stellte das ZL jeweils drei Muster her. Eine mit Glasperlen befüllte Kruke diente je Volumen als Kontrolle. Bei den halb befüllten Kruken wurde bewusst auf möglichst viel Luft zwischen der Oberfläche des Prüfmediums und dem Krukendeckel geachtet. Die Muster wurden ein halbes Jahr unter gleichbleibenden Bedingungen im Exsikator gelagert und regelmäßig gewogen. Als möglichen Grund für den geringeren Wasserverlust bei der anionischen hydrophilen Creme gibt das ZL die Eigenschaften der Grundlage an. Durch abdichtende Cremebestandteile könnte eine Diffusionsperre entstehen. Auch die unterschiedlichen Solgerüste, die das Wasser binden, werden als Grund aufgeführt. Denn eine Creme ist eine Emulsion – die Wassermoleküle sind in der hydrophilen Gelphase stark fixiert, im Bulkwasser aber frei beweglich. Innerhalb des Gels würden sie nur sorptiv und durch mechanische Einschlüsse im Linearkolloidgerüst immobilisiert, heißt es im ZL-Bericht.

Verlust abhängig von der Krukengröße

Das ZL stellte bei den 50g TopiTec-Kruken die größte Wasserverdunstung fest. Innerhalb der Kruken von Wepa wiesen die halb gefüllten 100 g Kruken und die vollständig gefüllten 50 g Kruken den größten Masseverlust auf. Auch bei den Unguator-Kruken ist die Spenderdose à 50 g das Schlusslicht. Das ZL schreibt: „Vergleicht man die Masseverluste innerhalb der drei Muster einer Krukengröße fällt auf, dass die Ergebnisse der Unguator-Kruken stärker streuen. Dies kann auf die Zusammensetzung des Materials, auf die Dicke der Krukenwand oder auf die Dichtigkeit des Verschlusses zurückzuführen sein.

Fazit für die Praxis

PTA und Apotheker sollte bewusst sein, dass es auch bei korrekter Handhabung der Kruken zu mitunter starken Masseverlusten von bis zu 10 Prozent kommen kann. Diese Masseverluste sind laut ZL immer auf Wasser zurückzuführen, sodass sich eine erhöhte Wirkstoffkonzentration in dem fertigen Produkt ergibt. Dieser Fakt ziehe weitere Probleme nach sich, so schreibt das ZL: „Als kritisch sind zum Beispiel Wirkstoffe anzusehen, die in der wässrigen Phase gelöst vorliegen und eine geringe Sättigungslöslichkeit aufweisen. Bei zu starker Wasserverdunstung kann die Sättigungslöslichkeit überschritten werden und der Wirkstoff könnte auskristallisieren.“

So gibt das NRF für die hydrophile Harnstoff-Creme NRF 11.71. beispielsweise zwei Haltbarkeiten an: Ein Jahr für die Tube, sechs Monate für die Kruke. Diese Angaben werden unabhängig von der hergestellten Menge gemacht. Das ZL veweist darauf, dass insbesondere bei nicht standardisierten Rezepturen eine Anpassung der Haltbarkeit erfolgen muss. Mit drei Monaten sei man bei den meisten Rezepturen auf der sicheren Seite. Eine Haltbarkeit von sechs Monaten kann, insbesondere bei den Unguator Spenderdosen, mitunter schon zu lange sein.

Bei einigen Rezepturen wird die mögliche Abgabe in der Spenderdose seitens des NRF auch verneint. Dies ist beispielsweise bei hochkonzentrierten Harnstoff-Rezepturen zur Anwendung am Nagel der Fall. Ob die Verdunstung auch Auswirkungen auf die Wirkstoffverteilung innerhalb der Kruke hat, wurde seitens des ZL nicht untersucht. Bei beginnendem Kristallwachstum ist jedoch davon auszugehen, dass der Wirkstoff nicht mehr homogen vorliegt. Das Befüllen von Tuben gehört für die meisten PTA nicht zu den Lieblingsaufgaben – in vielen Fällen können sie so jedoch eine längere Haltbarkeit gewährleisten. Gerade bei Wirkstoffen mit eher geringer therapeutischer Breite könnte diskutiert werden, ob man auf Fantaschale und Tube umsteigt.