Nebenwirkungen

Wenn UAW ins Auge gehen APOTHEKE ADHOC, 12.10.2017 14:30 Uhr

Berlin - 

Nebenwirkungen von systemisch angewendeten Arzneimitteln können ins Auge gehen. Die hervorgerufenen Veränderungen sind zum Teil reversibel, können jedoch auch in einigen Fällen unumkehrbar sein. Ein Überblick, welche Arzneistoffe das Auge und die Sehkraft beeinträchtigen können.

Amiodaron: Das Antiarrhythmikum kann Schleiersehen oder Farbhöfe um Lichtquellen verursachen. Grund sind Ablagerungen des Wirkstoffes in der Hornhaut, da Amiodaron über die Tränenflüssigkeit sezerniert wird. Diese Mikroablagerungen werden als sehr häufige unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) beschrieben und sind reversibel: Etwa sechs bis zwölf Monate nach Absetzen des Arzneimittels bilden sich die Horhauteinlagerungen zurück und hinterlassen keine bleibenden Schäden.

Antikoagulantien: Die Arzneimittel können Blutungen in Netzhaut und Makula auslösen. Die Betroffenen sehen plötzlich schwarze Punkte, die sich als „Rußregen“ bemerkbar machen können. Die Patienten müssen dann an einen Augenarzt verwiesen werden.

Benzodiazepine: Die Arzneistoffe können muskelrelaxierend auf die innere Augenmuskulatur wirken und so das Scharfsehen beeinträchtigen.

Chloroquin: Das Medikament gegen Malaria kann irreversible Schäden am Auge verursachen. Betroffen ist die Netzhaut. Chloroquin bindet an das Pigmentepithel und verursacht die Bulls-Eye-Makulopathie, wobei Photorezeptoren zerstört und die Netzhaut degeneriert werden. Die Betroffenen klagen unter anderem über Nachtblindheit oder gestörtes Farbsehen.

Clonidin: Der Arzneistoff kann die Sauerstoffversorgung des Sehnervs reduzieren und so Sehstörungen verursachen. Problematisch ist dies vor allem bei Glaukompatienten.

Glucocorticoide: Kortison kann sowohl lokal als auch systemisch angewendet Veränderungen am Auge hervorrufen. Es besteht Glaukom- und Kataraktgefahr. Die Arzneistoffe können die Linse trüben und den Augeninnendruck ansteigen lassen. Man spricht von einer arzneimittelinduzierten Erhöhung des Augeninnendrucks (IOD), die nach etwa zwei Wochen Therapie auftreten kann – etwa ein Viertel der Patienten sind betroffen. Augentropfen sollten daher so kurz wie möglich und so lange wie nötig angewendet werden. Wer über einen längeren Zeitraum systemisch mit einem Glucocorticoid behandelt wird, sollte alle drei bis sechs Monate vom Augenarzt untersucht werden. Das Risiko für einen Katarakt, eine Eintrübung der Linsenfasern, steigt mit zunehmender Therapiedauer und der Höhe der Dosis.

Herzglykoside: Digitoxin & Co. können das Farbsehen beeinträchtigen. Betroffene beschreiben eine Verschiebung in den gelben Farbbereich. Als Ursache kann eine Enzymhemmung der Photorezeptoren des Auges in Frage kommen.

Insulin: Diabetiker können zu Beginn einer Insulintherapie über Kurzsichtigkeit klagen, denn Insulin nimmt Einfluss auf die Brechkraft der Linse. Sind Diabetiker schlecht eingestellt beziehungsweise unbehandelt und die Blutzuckerwerte erhöht, verursachen Stoffwechselstörungen eine Quellung der Linse – die Brechkraft ist verändert und Sehstörungen bis zur Anpassung der Brechkraft durch das Gehirn sind die Folge. Eine Insulintherapie führt jedoch durch Senkung des Blutzuckers zu einem Abschwellen der Linse und einer Normalisierung des Stoffwechsels – die Brechkraft ändert sich erneut. Nach einigen Wochen bis Monaten stellt sich eine normale Sehschärfe ein. Bleibt das Sehvermögen unverändert schlecht, sollten nach etwa sechs Monaten neue Gläser angepasst werden.

Orale Kontrazeptiva und Betablocker: Hormone und Wirkstoffe wie Nebivolol und Metoprolol können den Tränenfilm in seiner Zusammensetzung ändern oder vermindern. Die Folge kann ein trockenes Auge sein. Betroffene können über Brennen, Juckreiz, Fremdkörpergefühl und Rötung klagen. Ein trockenes Auge kann auch von trizyklischen Antidepressiva verursacht werden.

Sildenafil: Während der Einnahme von Sildenafil können eine erhöhte Lichtempfindlichkeit, ein gestörtes Farbsehen oder unscharfes Sehen auftreten. Der PDE5-Hemmer kann eine nicht-arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION) auslösen: Die den Sehnerv versorgende Augenarterie verschließt sich, Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Sehnervkopfes nehmen ab und das Sehvermögen verschlechtert sich. Das blaustichige Sehen kann durch eine Enzymhemmung der Photorezeptoren am Auge entstehen.

Tamoxifen: Der Arzneistoff kann mit polaren Lipiden der Netzhaut Komplexe bilden, die dann als Ablagerungen zurückbleiben. Die Lipidose ist reversibel und kann sich als erhöhte Licht- und Blendempfindlichkeit bemerkbar machen. Entstehen in der Retina jedoch weißliche reflektierende Einlagerungen (kristalline Makulopathie), können Sehschärfe und Farbsehen irreversibel verändert sein. Patientinnen, die mit Tamoxifen behandelt werden, sollten regelmäßig vom Augenarzt untersucht werden.

Tamsulosin: Der selektive Alpha-1a-Adrenorezeptorantagonist kann die Regenbogenhaut schädigen. Der Wirkstoff bindet vermutlich an die Pupillenmuskulatur und ist somit an der Entstehung des Floppy-Iris-Syndroms beteiligt. Die Erkrankung ist eine Kombination aus fortschreitender Pupillenverengung und schlaffer Iris, bis zum Irisvorfall. Problematisch wird die UAW im Falle einer Kataraktoperation, da das Risiko eines Makulaödems steigt und so die Iris geschädigt werden kann.

Vigabatrin: Der Arzneistoff kann die Synapsen der Netzhaut schädigen und so zu Gesichtsfeldausfällen führen. Etwa ein Drittel der Patienten ist von der irreversiblen Nebenwirkung, die erst Monate oder Jahre nach Behandlungsbeginn auftreten kann, betroffen.

Voriconazol: Das Antimykotikum kann Sehstörungen wie verschwommenes Sehen, gestörtes Farbsehen oder auch Lichtscheu auslösen.

Weitere Arzneistoffe die UAW am Auge verursachen können sind Bisphoshonate, die Entzündungen der Regenbogenhaut auslösen können. Ibuprofen kann gelegentlich ein trockenes Auge verursachen. Trizyklische Antdepressiva und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) können eine Pupillenvergrößerung verursachen und wie Atropin zu Akkomodationsstörungen führen.

Aber auch lokal am Auge angewendete Arzneimittel können UAW verursachen. So kann zum Beispiel Pilocarpin, das zur Glaukombehandlung eingesetzt wird, die Pupille verengen. Patienten können über trockenes Auge oder erschwertes Dunkelsehen klagen. Außerdem kann eine Verkrampfung der Muskulatur zu vorübergehender Kurzsichtigkeit führen. Die Akkomodation kann durch Atropin beeinträchtigt sein. Konservierungsmittel oder Kamille können Allergien und Lidrandentzündungen auslösen. Latanoprost kann das Wimpernwachstum und die Augenfarbe verändern. Die Pigmentierung der Iris erfolgt von innen nach außen und ist nicht reversibel.