Wenn die Milchpumpe nicht durch die Klappe passt Sarah Sonntag, 26.11.2017 07:59 Uhr
Die einen mögen sie, die anderen sind nicht böse, wenn es den Kollegen trifft: Milchpumpen-Rezepte. Die Belieferung erfordert einen klaren Kopf und viel Wissen um Rabattverträge, Versorgungsanzeigen und das Produkt. Gerade im Notdienst können nicht nur die sperrigen Geräteboxen zum Problem werden.
Gerade ist der letzte Kunde verschwunden, da rauscht ein Auto die Straße herunter und hält vor der Notdienstklappe. Vorne sitzt der verzweifelte Vater und auf der Rückbank schreit das Baby neben der frischgebackenen Mutter, die versucht, das Neugeborene zu beruhigen. Wenn das kein Notfall ist. Der Mann springt aus dem Auto und reicht mir ein Rezept. „Wir brauchen eine Milchpumpe, hoffentlich haben Sie eine da, wir sind schon seit einer Stunde unterwegs und kommen gerade aus dem Krankenhaus.“
Oje, das hat mir noch gefehlt. Eigentlich betreut meine Kollegin die Hilfsmittelversorgung, aber nun muss ich ran. Ich eile ins Backoffice. Eine Milchpumpe ist noch da. Ich murmele alle Dinge, an die ich denken muss, vor mich hin. Dabei wecke ich Max, der in der Rezeptur geschlafen hat. „Max, du musst mir helfen“, rufe ich. „Ich muss eine Milchpumpe abgeben.“ „Kein Problem“, ruft meine schlaue Fantaschale zurück. „Welche Krankenkasse ist es denn?“ „Die Barmer“, vermelde ich.
Max hat schon den Hilfsmittelversorgungsantrag rausgesucht und gibt Entwarnung. „Alles gut, kein Problem. Du musst keine Versorgungsanzeige machen, es sei denn, die Miete überschreitet einen Zeitraum von 16 Wochen. Dann musst du vor Ablauf der Frist der Kasse eine ärztliche Verordnung über die weitere medizinische Notwendigkeit vorlegen. Und nicht den Verkaufspreis der Milchpumpe vergessen!“
„Du kannst 1,38 Euro pro Tag bei der Kasse abrechnen – jedoch mindestens 15 Euro“, fährt Max fort, der sich gerade in Rage redet. „Und für das Pumpset übernimmt die Kasse 19,40 Euro bei vollem Mehrwertsteuersatz. Außerdem verzichtet die TK auf eine Versorgungsanzeige mit einer Widerrufsfrist von einem Monat bis zu einem Wert 100 Euro je Hilfsmittel.“ Da wirft er mir auch schon das Einzelpumpset und den Mietvertrag zu und merkt selbst, dass die TK gerade keine Rolle spielt. Vollbepackt eile ich an die Notdienstklappe. Ich kopiere den Ausweis, notiere die Telefonnummer und erkläre alle Formalitäten: Dass ich nach vier Wochen ein neues Rezept brauche, 100 Euro Kation anfallen, die dann bei vollständiger Rückgabe – der Flaschenhalter darf nicht fehlen – wieder ausgezahlt werden. Im Gesicht des Vaters sehe ich nur Fragezeichen, zum Glück steht alles noch mal im Mietvertrag, den ich ihm zum Unterschreiben reiche.
Außerdem bitte ich ihn, bei der Rückgabe darauf zu achten, dass alle Teile des Pumpsets entfernt sind. Nicht selten werden auch die Schläuche oder die Membrankappe zurückgegeben. Dass jedoch nicht der Verleih, sondern die Abgabe zu meinem größten Problem wird, hätte ich nicht gedacht: Wie um Himmelswillen soll denn diese sperrige Box durch meine kleine Klappe passen? Das Problem noch nicht zu Ende gedacht, folgt auch schon das nächste: „Kann ich mit Karte zahlen?“, fragt der Vater.
So schnell, wie die jungen Eltern angerauscht sind, dachte ich erst, es sei vielleicht ein Überfall. Der Verdacht hatte sich zum Glück nicht bestätigt. So öffne ich die Tür und der Vater huscht in die Offizin. Somit ist auch die Kartenzahlung kein Problem. Das tragbare EC-Gerät kommt hoffentlich nächste Woche, dann habe ich im folgenden Notdienst eine Sorge weniger. Und so entlasse ich die Eltern und ihr Kind in die gute Nacht.