Wenn die Förster in der Apotheke wildern Carolin Bauer, 28.06.2018 15:06 Uhr
Gute Mitarbeiter sind Gold wert. Besonders stolz ist Apotheker Alexander Kirsch aus Bad Ems derzeit auf seine PKA Laura Fischer. Seine Auszubildende bestand die Abschlussprüfung mit Bravour und war Jahrgangsbeste. Der Inhaber der Sonnen-Apotheke und sein Team wollen sie als Vollzeit-Kraft behalten. Doch auch eine andere Branche hat ein Auge auf die kaufmännische Expertin geworfen und will sie abwerben.
Kirsch freut sich über den Erfolg seiner Mitarbeiterin. „Ich bin selbstverständlich stolz auf Frau Fischer“, sagt er. Mit dem ersten Platz unter allen Absolventen habe das Team nicht gerechnet, da die Auszubildende Zweifel an ihrem Ergebnis in der Marketing-Prüfung geäußert hatte. Doch letztlich schloss sie die dreijährige kaufmännische Ausbildung mit einer glatten zwei ab und war an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft in Koblenz die Beste von knapp 20 Azubis. „Ich war selbst überrascht“, sagt Fischer. Besonders als von der Apothekerkammer eine Einladung zur Jahresbestenfeier gekommen sei. Dort habe sie als Geschenk einen Mörser aus dem Jahr 1590 sowie eine Urkunde erhalten.
Der Apotheker bot Fischer eine Vollzeitstelle an. „Wir haben uns vom ersten Gespräch an super verstanden“, lobt der Inhaber seine Angestellte. Sie fühle sich in der Apotheke wohl. Fischer habe positiv reagiert, aber noch nicht zugesagt. Denn per Zufall bekam sie ein Angebot aus einer apothekenfremden Branche – der Forstwirtschaft. Im Wohnort der PKA wird eine kaufmännische Fachkraft gesucht.
„Sie hat sich Bedenkzeit erbeten“, sagt Kirsch. Der Apotheker sitzt in der Klemme. Denn er will seine PKA behalten. „Ich hoffe, dass sie bleibt.“ Doch wie befürchtet, bietet die Gegenseite mehr Geld – brutto seien es 400 bis 500 Euro mehr pro Monat. Da kann Kirsch nicht mithalten. „Ich habe ihr im Rahmen meiner finanziellen Möglichkeiten eine übertarifliche Bezahlung angeboten.“ Als Filialleiter im Frankfurter Raum betreute der Apotheker bereits Azubis. Als eigener Chef ist Fischer die erste Nachwuchskraft, die er in seinen etwa vier Jahren Selbstständigkeit durch die Prüfung gebracht hat.
Doch für die andere Stelle spricht mehr als Geld. Die PKA muss etwa eine halbe Stunde mit dem Auto einplanen, um in die Apotheke zu fahren. Die andere Stelle läge in ihrem Wohnort. Der Apotheker hat ihr deshalb auch Fahrtkostenerstattung angeboten. „Sie ist ein Mensch, der sich mit der PKA-Ausbildung nicht zufrieden gibt und sich weiterbilden will“, sagt Kirsch. Der Inhaber offerierte deshalb bereits, Kurse zu unterstützen. „Auch im anderen Job hat sie die Möglichkeit auf Weiterbildung.“
Kirsch will positiv denken, weiß aber auch, „dass man mit unterschiedlichen Waffen kämpft“. Groll gegen die Mitarbeiterin hegt er aber nicht. Sie habe sich nicht selbst aktiv beworben, sondern der andere Arbeitgeber sei auf sie zugekommen. „Ich würde ihr den Wechsel nicht übelnehmen und könnte es verstehen. Sie ist eine junge dynamische Frau.“ Kommende Woche werde sie sich entscheiden.
Noch ist aber alles offen. „Ich muss an meine Zukunft denken“, sagt die 19-Jährige. Der andere Arbeitgeber entschloss sich zwischenzeitlich, die Stelle über ein offizielles Verfahren auszuschreiben, um auch weitere Bewerber anzuhören. Eine endgültige Zusage hat Fischer deshalb noch nicht. Entscheidet sie sich gegen die Apotheke, wird Kirsch vorerst einen PTA-Praktikanten einstellen. PKA-Azubis musste er ablehnen, da er eigentlich Fischer behalten will.