Alle Jahre wieder kommt das Weihnachtsgeld und füllt kurzzeitig die private Kasse auf. Die Angestellten freuen sich schon Wochen im voraus darauf, die Arbeitgeber klagen noch Wochen danach darüber. Doch was ist, wenn es einmal ausfällt – oder gezahlt wird und wieder abgegeben werden muss?
Anja Alchemilla freut sich schon auf das Monatsende. Mit dem Weihnachtsgeld kann sie sich endlich ein paar kleinere Wünsche erfüllen und die Geschenke für den 24. Dezember besorgen. In der Pause surft sie im Netz und sucht nach ein paar schönen Mitbringseln für ihre Nichten und Neffen. PTA Sonja gibt ihr Tipps, PKA Aische sitzt daneben und schaut dabei betreten auf den Monitor. „Gut, dass wir diesen Monat das volle Weihnachtsgeld bekommen. In der Nachbarapotheke gibt es nur die Hälfte, habe ich gehört. Der Chef dort sagt, das er es sich nicht mehr leisten kann, sonst müsse er schließen.“
Die Empörung ist groß: „Schließen? Da soll er mal besser damit aufhören, seine OTC-Produkte zum halben Preis anzubieten. Das ist wohl eher ein Grund für seine Schieflage.“ Sonja blickt die Filialleiterin an: „Aber davon mal abgesehen – darf er das so einfach machen?“ Die Lage hänge vom Arbeitsvertrag ab, sagt Anja. „Sind die Angestellten Mitglied bei einer Tariforganisation und er auch, dann ist er zum 13. Monatsgehalt verpflichtet. Er darf das Geld aber kürzen, wenn er es finanziell nicht stemmen kann. Das müsste er aber tatsächlich auch belegen können.“
Die Kolleginnen sind erleichtert, dass sie nicht betroffen sind: „Wie gesagt – gut, dass wir hier so gut versorgt sind! Ich weiß noch, als ich während der Schulzeit auf 450-Euro-Basis in einer Apotheke gearbeitet habe. Ich hatte mich so darauf gefreut – nur um dann im November zu hören, dass Minijobbern kein Weihnachtsgeld zusteht. Dabei hätte ich das damals echt gut gebrauchen können.“ Anja schüttelt den Kopf. „Das ist so nicht richtig! Es gilt immer noch der Gleichbehandlungs-Grundsatz. Wenn andere ähnlich qualifizierte Mitarbeiter eine Sonderzahlung erhalten, dann hättest du sie auch bekommen müssen. Vielleicht ging es ja nur nicht, weil du dann das jährliche Maximum von 5400 Euro überschritten hättest. Dann wäre es kein Minijob mehr gewesen.“
PTA und PKA schauen Anja bewundernd an: „Du kennst dich ja echt gut aus! Wenn ich dazu was wissen will, komme ich einfach zu dir, ja?“ Anja lacht: „Das muss ich ja als Filialleitung auch wissen. Ich sorge schließlich dafür, dass hier keine vergessen wird! Hey Aische – ist alles gut? Du schaust so traurig, dabei ist auch für dich diesen Monat mehr auf dem Konto.“
Die PKA blickt Anja eine Weile an. Sie arbeitet als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern nur 15 Stunden die Woche in der Apotheke. Das Sozialamt zahlt ihr die Wohnung und den Kindergarten. „Schön, das ihr euch darüber freuen könnt. Ich gönne es euch auch wirklich aus vollem Herzen. Aber ich muss das komplette Weihnachtsgeld wieder abgeben, weil es mir nicht zusteht als Hartz-4-Aufstocker.“
Anja ist erschrocken: „Was? Das wusste ich ja gar nicht!“ Aische nickt. „Ich wusste das auch nicht und habe vergangenes Jahr mit dem Geld gleich Weihnachtsgeschenke besorgt. Dann kam im Januar das Amt und wollte alles zurück haben. Ehrlich gesagt zahle ich das heute noch ab. Sachzuwendungen darf ich auch nicht annehmen – ich muss alles zurückzahlen, was 10 Euro pro Monat überschreitet. Ihr dürftet mich im Grunde nicht mal zum Essen einladen.“
Anja ist nachdenklich geworden. Selbst wenn man also manchmal meint, das alle gleich behandelt werden, liegt die Realität woanders. Wohl dem, dessen Chef sich das Weihnachtsgeld noch leisten kann – und dem, der es auch für sich behalten darf.
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