Bei Juckreiz denken die meisten zuerst an Insektenstiche, Ausschlag und Allergien. Auch trockene Haut kann großflächigen Pruritus auslösen. Meist vergessen werden andere Ursachen, darunter HIV, Herpes Zoster, Eisenmangelerscheinungen oder ein Diabetes. Wie Apotheker:innen und PTA den Betroffenen helfen können, darauf verweist die überarbeitete Leitlinie.
Aufgrund der vielfältigen Ursachen von chronischem Juckreiz, kann es keine einheitliche Empfehlung geben. Auch die überarbeitete Leitlinie weist auf diesen Umstand hin. Dennoch finden sich in der Leitlinie, an der 17 Fachgesellschaften beteiligt waren, evidenzbasierte, symptomatische Therapieempfehlungen.
Chronischer Juckreiz ist Leitsymptom vieler internistischer Erkrankungen. Oftmals denkt man bei dem Symptom jedoch nicht an bestehende Grunderkrankungen und versucht Auslöser wie trockene Haut oder Lebensmittelunverträglichkeiten für den ständigen Reiz verantwortlich zu machen. Laut der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) leiden in Deutschland 13 bis 17 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an Juckreiz, doch nur 50 Prozent aller Betroffenen erhalte eine adäquate Therapie.
Es juckt, der/die Betroffene kratzt, das Jucken verschlimmert sich – das ist der Teufelskreis, in dem Betroffene stecken. Das Durchbrechen dieses Zirkels bedarf großer Disziplin. Umso besser, wenn man die Auslöser kennt. Die DDG empfiehlt das Führen eines Tagebuches. So sollen mögliche Auslöser ausgemacht werden. Auch nächtliches unbemerktes kratzen kann durch das regelmäßige Eintragen des Hautzustandes enthüllt werden.
Der Therapieplan sollte individuell für den/die Patient:in festgelegt werden. Berücksichtigt werden sollte neben Ausprägung und Grunderkrankungen auch das Alter und die bereits bestehenden Einschränkungen im Alltag.
Ursächliche Therapie:
Topische Therapie:
Übrigens: Ein Wirkstoff der Juckreiz zuverlässig lindern kann ist Capsaicin. Der Wirkstoff, der eigentlich eher in Wärmecremes zur Behandlung von Verspannungen eingesetzt wird zeigt bei täglicher Anwendung eine Wirkung bei chronischem Pruritus. Das Vanilloid-Alkaloid bindet an den Hitze-Ionenkanal TRPV1. Zunächst entsteht ein Wärmegefühl und es kann zum Brennen der Haut kommen. Doch nach einigen Tagen wird der Juckreiz unterdrückt. Die Konzentration ist dabei mit 0,025 Prozent bis 0,25 Prozent eher gering. NRF Rezepturen wurden 2015 entfernt. Die entfallene Vorschrift NRF 11.141. „Lipophile Cayennepfefferdickextrakt-Creme 0,25 Prozent“ kann zur Herstellung immer noch herangezogen werden.
Auch Cremes mit Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus oder Pimecrolimus können den Juckreiz lindern. Die größte Evidenz haben beide Wirkstoffe bei der Behandlung der atopischen Dermatitis. Ab einem Alter von 2 Jahren werden die Arzneistoffe als Zweitlinien-Therapie empfohlen.
Die Leitlinie empfiehlt zudem einen Therapieversuch mit UV-Licht. Durch die UV-Phototherapie können pruritogene Mediatoren beeinflusst werden. Studien belegen die Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis und Psoriasis. Die Autor:innen der Leitlinie sprechen sich auch bei anderen inneren Erkranungen für einen Therapieversuch mittels UV-Licht aus.
Klassischerweise werden nicht sedierende Antihistaminika zur oralen Einnahme bei flächigem Juckreiz eingesetzt. Nicht immer reichen Cetirizin, Dimetinden & Co. aus, um das Symptom ausreichend zu lindern. Bei generalisiertem Juckreiz sollten auch systemische Therapien mit Immunsuppressiva in Erwägung gezogen werden. In Frage kommen die Wirkstoffe Cyclosporin A, Methotrexat und Azathioprin.
Personen, die ständig unter Juckreiz leiden, leiden auch psychisch. Die Personen sind fortlaufend auf das Symptom konzentriert. Kommt es durch das Kratzen zu gereizter Haut kommt zusätzlicher Leidensdruck hinzu. Denn die geschädigten Areale können sich entzünden und als unästhetisch empfunden werden. Betroffene ziehen sich zurück, fühlen sich kraftlos und können in einigen Fällen auch eine Depression entwickeln. Patient:innen sollten nicht nur nach dem Zustand der haut, sondern auch nach ihrem Befinden gefragt werden. Auch Apotheker:innen und PTA können durch wenige gezielte Fragen feststellen, wie groß die Einschränkungen im Alltag sind.
APOTHEKE ADHOC Debatte