Kommentar

Was geht Sie das an? Alles!

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Berlin -

Die „Pille danach“ sorgte in den vergangenen Jahren für Diskussionen vor und hinter dem HV-Tisch. Frauenärzte feuerten im Kompetenzgerangel gegen Apotheker. Pharmazeuten und PTA kämpfen im Alltag mit Patientinnen, deren Leichtsinn und das Unwissen über den eigenen Zyklus. „Nebenbei“ wird über sexuell übertragbare Krankheiten aufgeklärt. „Aber ich will doch nur die ,Pille danach‘“. Eine PTA kommentiert.

Mit gesenktem Kopf, weichen Knien, beschämtem Lächeln und flüsterndem „Einmal die Pille danach“ stehen einige Frauen nach einer Verhütungspanne am HV. Die Möglichkeit, in den Beratungsraum zu wechseln, nehmen die Kundinnen gerne an. Diskretion ist gefragt bei dem heiklen Thema. Kondom gerissen, Pille vergessen oder Verhütungsring nicht eingelegt, das sind nur einige mögliche Gründe für eine Verhütungspanne. Die Betroffenen hoffen auf schnelle und unkomplizierte Hilfe aus der Apotheke. Und die sollen sie auch bekommen – und zwar nur sie, nicht der Partner, die beste Freundin oder die Mutter, die mal eben die „Pille danach“ als Freundsschaftsdienst besorgen.

Das beratungsintensive Thema erfordert Fingerspitzengefühl hinter dem HV. Und Wissen über den eigenen Körper vor dem HV. Wann das Malheur passiert ist, wissen die meisten noch auf die Minute genau. Doch in vielen Fällen kennen die betroffenen Frauen ihren Zyklus nicht einmal. Was und wann war nochmal der Eisprung? An welchem Tag des Zyklus‘ sie sich befindet, wissen nur wenige Frauen. Sie antworten stattdessen mit einem fragenden Blick oder ablehnenden Kommentaren wie: Was geht sie das denn an? Warum wollen sie das denn wissen? Warum fragen sie so viel?

Dabei ist ohne Antworten die Abgabe gar nicht möglich. Zur Wahl stehen zwei Wirkstoffe: Ulipristal (UPA) und Levonorgestrel (LNG). Beide sollte nach dem ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder Versagen der Verhütung so schnell wie möglich eingenommen werden, denn dann ist die Wirksamkeit am größten. Die Sicherheit nimmt mit jeder Stunde, die vergeht, ab. Unterschiede gibt es jedoch in Bezug auf das Zeitfenster der Einnahme. Maximal drei Tage sind es bei LNG, der Progesteron-Rezeptor-Modulator UPA kann bis zu fünf Tage nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden.

Eine Anwendung nach dem Eisprung ist in jedem Fall unwirksam, denn LNG und UPA verhindern diesen. Zwar kann der Zeitpunkt der Ovulation nicht genau vorhergesagt werden, aber wenn die Frauen ihren Zyklus kennen, fällt die Empfehlung leichter.

In der Beratung gilt es, einige Mythen auszuräumen, um über die „Pille danach“ aufzuklären. Das Notfallkontrazeptivum ist keine Abtreibungspille, sie tötet auch keine Spermien ab und verhindert nicht zu 100 Prozent eine Schwangerschaft. Auch sollte sie nicht als Verhütungsmittel eingesetzt oder beliebig oft eingenommen werden. Auch sexuell übertragbare Krankheiten kann die „Pille danach“ nicht verhindern. Das Thema scheint jedoch in Sachen Verhütung eine untergeordnete Rolle zu spielen. Hauptsache kein Kind!

Die Leichtigkeit, die „Pille danach“ einfach „einzuwerfen“, ist erschreckend. Deutlich wird dies beim Kauf auf Vorrat, weil man am Wochenende ausgeht oder eine Auslandsreise macht. Man kann ja nie wissen. Frauen und Männern sollte klar sein, dass die „Pille danach“ ein Notfallkontrazeptivum und kein Bonbon ist. Wer auf Hormone und die dauerhafte Einnahme der Pille verzichten will, sollte auch die Einnahme der Notfallkontrazeption nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es spricht nichts gegen die „Pille danach“ als OTC-Arzneimittel. Denn im Notfall und am Wochenende in ein Krankenhaus zu gehen, dort einen Schwangerschaftstest zu machen und dann eine Apotheke aufzusuchen, kostet Zeit – kostbare Zeit, die für die Wirksamkeit entscheidend sein kann. Frauen, denen eine Panne passiert ist, sollten die Präparate niederschwellig zur Verfügung stehen. Alle anderen sollten die Notwendigkeit und den Sinn und Unsinn der Anwendung noch einmal überdenken.

Wie sind eure Erfahrung mit der Pille danach? Fühlt ihr euch sicher? Wie reagieren eure Kunden? Musstet ihr schon die Abgabe verweigern? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC!

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