Wann eignet sich welcher Schnelltest? Alexandra Negt, 11.06.2020 10:49 Uhr
Immer mehr Tests auf Covid-19 kommen auf den Markt – neben Antikörpertests gibt es auch die ersten Schnelltests auf Sars-Cov-2-Antigene. Nicht immer ist jede Testmethode geeignet. Auch wenn die Abgabe an Endverbraucher nicht zulässig ist, sollten Apothekenmitarbeiter über die verschiedenen Testprinzipien und Produkte Auskunft geben können. Ein Überblick über die verschiedenen Schnelltests und die passenden Begriffserklärungen – auch als praktischer Download für die Kitteltasche.
Die Nachfrage nach Schnelltests ist groß – viele Bürger wünschen sich Gewissheit darüber, ob sie bereits eine Corona-Infektion hatten oder nicht. Vor Bestellungen im Internet wird gewarnt; eine Abgabe an Privatpersonen in der Apotheke ist nicht erlaubt. Dennoch gibt es zahlreiche Anfragen – auch von Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen. Mittlerweile gibt es Schnelltests von zahlreichen Herstellern; meist werden diese in China produziert und durch andere Unternehmen in Deutschland vertrieben. Die In-vitro-Diagnostika müssen gesetzlich nicht von einem externen Unternehmen geprüft werden – die Zuverlässigkeit gibt somit der Hersteller selbst an.
Sensitivität und Spezifität
Der Markt ist mittlerweile unübersichtlich, sodass die Auswahl eines geeigneten Tests nicht ganz leicht fällt. Ein Kriterium bei der Wahl eines Schnelltestes sollten Sensitivität und Spezifität des jeweiligen Produktes sein. Die Sensitivität steht für den Prozentsatz der Betroffenen, bei denen die Infektion tatsächlich erkannt wird. Ein Test mit einer Sensitivität von 90 Prozent identifiziert 90 von 100 Infektionen – 10 bleiben unerkannt. Die Spezifität sagt aus, wie viele Nicht-Infizierte von dem Test auch tatsächlich als gesund erkannt werden. Ein Test, der eine Spezifität von 90 Prozent besitzt, liefert bei 10 von 100 Anwendern ein falsch-positives Ergebnis.
Nicht alle am Markt befindlichen Tests weisen hohe Sensitivitäts- und Spezifitätswerte auf. So ist beispielsweise ein Test am Markt, der eine Sensitivität von 88 Prozent und eine Spezifität von 96 Prozent besitzt. Wenden 1000 Menschen den Test an, so bleiben 120 Infektionen unerkannt (falsch-negativ) und 40 Anwender erhalten das Ergebnis, dass fälschlicherweise eine Infektion vorliegt (falsch positiv).
Antikörper oder Antigen?
Auch der Zeitpunkt spielt eine Rolle. Denn der Körper braucht nach einer Infektion mehrere Tage, um Antikörper zu bilden. Wird ein Antikörperschnelltest einen Tag nach Virusexposition durchgeführt, so wird er – unabhängig davon, ob die Person infiziert wurde oder nicht – negativ ausfallen. Zunächst wird Immunglobulin M (IgM) gebildet. Nach wenigen Tagen (meist fünf bis sieben Tage) beginnt die körpereigene Produktion als Reaktion auf die Infektion. Sie werden im Rahmen der Immunantwort der Primärantwort zugeordnet und erscheinen im Blut als erste Immunglobulin-Subgruppe. Die Konzentration nimmt relativ schnell wieder ab – nach ungefähr drei Wochen sind kaum noch Immunglobuline dieser Art nachweisbar.
Nach zehn bis vierzehn Tagen beginnt der Körper mit der Produktion der „Langzeit-Antikörper“. Die Immunglobuline der Gruppe G (IgG) erreichen nach ungefähr vier Wochen ihren Höhepunkt, danach sinkt ihre Konzentration im Körper aber nur langsam und geringfügig ab.
Die meisten am Markt befindlichen Antikörpertests detektieren IgG und IgM und geben somit auch Aufschluss darüber, in welchem Infektionsstadium sich der Anwender befindet. Um eine Infektion so früh wie möglich auszumachen, sollte eine Testung mittels PCR-Methode stattfinden. Auch ein Antigenschnelltest kann eine gerade beginnende Sars-CoV-2-Infektion anzeigen.
Bei Antigenen handelt es sich meistens um Proteine. Seltener bestehen Antigene aus Kohlenhydraten, Lipiden oder anderen Stoffen. Sie können von T- und B-Zell-Rezeptoren erkannt und gebunden werden. Definitionsgemäß sind Antigene Stoffe, die in einem fremden Organismus eine Immunreaktion auslösen können. Diese Fragmente sitzen auf der Oberfläche von eingedrungenen Fremdkörpern wie zum Beispiel einem Virus.
Korrekte Blutentnahme
Durchgeführt werden die Schnelltest alle mit kapillarem Blut. Dieses kann beispielsweise aus der Fingerbeere mittels Lanzette entnommen werden. Es stammt aus den Endstrombahnabschnitten des Gefäßsystems, den sogenannten Kapillargefäßen. Für eine erleichterte Blutentnahme sollte der Finger zuvor massiert werden. Die Lanzette wird maximal drei Millimeter tief eingestochen, am besten senkrecht. Kapillares Blut lässt sich leicht auch am Ohrläppchen oder der Ferse gewinnen.
Die Konzentration von vielen Stoffen ist durch den veränderten Gefäßwiderstands und durch die veränderte Abfiltration stets starken Schwankungen ausgesetzt. Um Blutparameter wie Blutzellen oder Hämatokrit zu bestimmen, eignet sich diese Art von Blut nicht. Für einige Stoffe, wie beispielsweise Glukose, können Messwerte, die mittels Kapillarblut bestimmt wurden, höher ausfallen, als wenn sie mittels venösen Bluts bestimmt worden sind.
Strenge Strafen
Wichtig für die Apotheke: Von der Abgabe der Schnelltests in der Apotheke an den Endkunden wird dringend abgeraten: Eine Abgabe an Patienten sei rechtlich bedenklich, heißt es in einem Schreiben seitens der Abda an die Apothekerverbände. Die Abda-Juristen verweisen auf die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV), wonach In-vitro-Diagnostika zum direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung definierter Krankheiten nur an den hier ebenfalls definierten Personenkreis abgegeben werden dürfen. Bei Covid-19 handele es sich um eine „bedrohliche übertragbare Krankheit“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Insbesondere eine Abgabe an Laien ist demnach untersagt“, stellt die Abda klar.
Eine Übersicht der Schnelltests und die passenden Begriffserklärungen gibt es hier als praktische Downloads für die Kitteltasche.