Seltene Erkrankungen stellen im Handverkauf Apotheker:innen und PTA nicht selten vor Herausforderungen bei der Beratung. Dadurch, dass die Krankheitsbilder so selten vorkommen, ist nicht immer klar, welche genauen Symptome auftreten können, oder wie der allgemeine Verlauf ist. Sicherlich hatte jeder schon einmal die Situation im HV, dass das verordnete Medikament nicht direkt einer Erkrankung zugeordnet werden konnte. Eine dieser seltenen Erkrankungen ist Morbus Fabry. Hier einige Informationen und Tipps für die Beratung im HV.
Laut Definition gehört ein Krankheitsbild zu den seltenen Erkrankungen, wenn in der Europäischen Union nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von der Erkrankung betroffen sind. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) leben allein in Deutschland schätzungsweise 4 Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung – Morbus Fabry ist eine von ihnen
Morbus Fabry ist eine vererbbare Stoffwechselerkrankung. Die Schwierigkeit: Die Symptome erscheinen erst diffus, können oftmals nicht richtig zugeordnet werden, sodass eine Diagnosestellung mitunter Jahre dauern kann. Und: Die Erkrankung verläuft bei Frauen und Männern unterschiedlich – das stellt die Ärzt:innen vor zusätzliche Herausforderungen. Die lysosomale Speicherkrankheit beruht auf einem Defekt der alpha-Galaktosidase A. Es kommt zur intrazellulären Speicherung von Zeramidtrihexosid (Globotriaosylceramid).
Vereinfacht: Die Lysosomen sind die Recyclingzentren der Zellen. In den lysosomen bauen Enzyme Stoffewechselprodukte ab. Fehlen Enzyme, oder reicht die vorhandene Menge nicht aus, so kommt das Recycling zum Erliegen. Es kommt zur Ansammlung von Stoffwechselprodukten. Im Falle von Morbus Fabry akkumuliert Zeramidtrihexosid und beeinträchtigt die Nierenfunktion.
Die Mehrheit der Betroffenen zeigt erste Symptome bis zum zehnten Lebensjahr, sodass die Patient:innen zumeist das erste Mal beim Kinderarzt/bei der Kinderärztin vorstellig werden. Nicht immer werden die Symptome direkt richtig gedeutet. gerade bei Kindern fällt die Einordnung der Symptome schwer. So wird bei diffusem Schmerzbild unter anderem auf einen Wachstumsschmerz geschlossen. Häufigstes Symptom im Kindesalter sind brennende und kribbelnde Hände und Füße. Auch ein relativ schneller Leistungsabfall bei körperlicher Aktivität macht sich bemerkbar. Auch beim Dermatologen werden viele Betroffene vorstellig, denn zu den sichtbaren Symptomen des Morbus Fabry gehört ein charakteristischer Hautausschlag. Es bilden sich purpurrote Punkte, die an Einblutungen erinnern, diese Petechien-ähnlichen c nennen sich Angiokeratome.
Betroffene können zu viele Proteine im Urin aufweisen und unter wiederkehrenden magen-Darm-Problemen leiden. Eine Nierenbeteiligung erfolgt meist im fortgeschrittenen Stadium. Bei männlichen Patienten steht die nephrologische Beteiligung klinisch im Fokus. Wird das Symptom nicht behandelt, erleiden Männer bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung meist eine Nierenschwäche oder ein totales Nierenversagen, sodass eine Dialysepflicht folgt.
Genetik: Morbus Fabry wird durch eine Veränderung des X-Chromosoms verursacht. Folglich kommt es zu einer unterschiedlichen Krankheitsausprägung bei Männern und Frauen. Bei weiblichen Patientinnen kann der Enzymspiegel bei vorliegendem Morbus Fabry normal hoch sein – denn Frauen besitzen zwei X-Chromosome. Nur selten kommt es dazu, dass die Mutation auf beiden X-Chromosomen zu finden ist. Daraus ergibt sich auch, dass Männer die Mutation an alle Töchter weitergeben. Söhne von betroffenen Vätern sind, aufgrund dessen, dass sie stets das Y-Chromosom erhalten, dagegen immer gesund. Frauen geben das X-Chromosom mit dem defekten Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an Söhne und Töchter weitergeben.
Es müssen sowohl die Speicherkrankheit als auch die weiteren Symptome behandelt werden. So kann der Enzymmangel durch eine Substitutionstherapie ausgeglichen werden. Die intakten Enzyme werden mittels Infusion gegeben (meist zweimal im Monat). Auch eine Oraltherapie steht zur Verfügung. Die Betroffenen nehmen sogenannte Chaperone ein, hierbei handelt es sich um chemische Verbindungen, die in der Lage sind, sich an die defekten Enzyme zu koppeln und die „fehlerhafte“ Proteinfaltung so zu verändern, dass sie ihre Funktion wieder erhalten. Eine Gentherapie befindet sich in der Entwicklung.
Die Schmerzen an Händen und Füßen sowie die gastrointestinalen Beschwerden können symptomatisch behandelt werden. Welche Medikamente genau in Betracht kommen, sollten die Betroffenen mit ihrem behandelnden Arzt/ ihrer behandelnden Ärztin absprechen. Einige Apotheken haben sich auf die Versorgung von Morbus-Fabry-Patient:innen spezialisiert.
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