POS-Berater: Star-Apotheke statt Super-PTA Carolin Bauer, 13.08.2015 09:13 Uhr
PTA und Sichtwahl: OTC-Hersteller haben es vor allem auf die Empfehlung der Apothekenangestellten und einen guten Platz im Regal abgesehen. Schulungen und Trainings werden von vielen Herstellern über externe Dienstleistern angeboten. Die POS-Berater der bayerischen Werbeagentur Jäger von Rockersbühl arbeiten exklusiv für ihre Kunden. Neuerdings wirbt die Truppe in ausgewählten Apotheken für die OTC-Marken von Hexal.
Die POS-Berater gibt es seit drei Jahren. Die Firma entstand aus der Agentur von Gründer Martin Dess heraus, der sich in der Branche mit seinen Abverkaufskonzepten für Bionorica einen Namen gemacht hat. Der Werbeprofi hatte bereits Konzepte für Klosterfrau erarbeitet, als das Kölner Unternehmen sich für einzelne Produkte wie Neoangin, Soledum oder Contramutan mehr Service in den Apotheken wünschte.
Dess wollte allerdings nicht noch mehr Vertriebsprofis in die Offizin schicken, sondern setzte ein sechsköpfiges Team von PTA ein. „Wenn ich den idealen Außendienst-Mitarbeiter backen könnte, würde er neben der Vertriebstätigkeit auch ein Praktiker sein, der bis gestern in der Apotheke gearbeitet hat und die Praxis kennt“, sagt er. So kam es schon vor, dass Dess PTA aus der Offizin abgeworben hat. Heute sind 15 PTA für Dess tätig.
Das Schulungsteam liefert Informationen zu den Produkten, die im konventionellen Verkaufsgespräch nicht erklärt und vermittelt werden sowie wissenschaftliches Hintergrundwissen. „Darüber hinaus geben wir Tipps zum Daily Business, zum Beispiel wie führe ich ein Konfliktgespräch oder wie gehe ich ideal auf Kundenbelange ein“, sagt Dess.
Für Klosterfrau hat sein Team mehr als zwei Jahre exklusiv gearbeitet. Unter anderem hatten die POS-Berater das Konzept der Super-PTA in den Apotheken bekannt gemacht, das die „Jäger“ für den Hersteller entwickelt hatten. Theoretisch könnten mehrere Linien betreut werden, doch man finde schwer eine Abgrenzung und könne gegenüber den Apotheken unglaubwürdig wirken, sagt Dess. „Durch die Exklusivität für bestimmte Indikationsgebiete stellen wir sicher, dass wir den Unternehmen einen echten Mehrwert bieten.“
Seit April werben die POS-Berater für Hexal. Der Holzkirchener Generikahersteller hat für ausgewählte Kunden das Konzept „S.T.A.R. Apotheke“ entwickelt. Die vier Buchstaben stehen dabei für Service, Training, Aktion und Resultate. Die Mannschaft von Dess schult die Beratungskompetenz in den kommenden drei Jahren. Der Außendienst besucht die Apotheken aber weiter.
Der Generikahersteller will mit dem neuen Partner die PTA für sich gewinnen. „Für Hexal ist die Aktion eine entscheidende Investition in den Vertrieb und das Marketing der OTC-Produkte“, sagt OTC-Chef Jan Tangermann. Ein Großteil der Kunden komme wegen der Werbung mit einem bestimmten Indikationswunsch in die Apotheken. Das neue Konzept setze bei der Beratung an.
Das Konzept sieht verschiedene Themenschwerpunkte vor: Bis Juni wurden die Mitarbeiter etwa im Bereich Gedächtnis, Osteoporose und Allergie geschult. Hexal vertreibt in dieser Kategorie unter anderem Calcium-Sandoz D Osteo, Gingium, Magnesium K forte und Cetirizin. Von Juli bis September gehören Omep, Ibuhexal und Diclac in der Kategorie Magen-Darm und Schmerz zu den Aktionsprodukten. Danach geht es pünktlich zur Erkältungszeit beispielsweise um ACC akut.
Die teilnehmenden Apotheken erhalten außerdem eine Umfeld-Analyse. „Vertriebsorientierte Schulungen sind ein Kerngebiet von uns, wir nutzen hierfür innovative Medien und Kommunikationsformen. Diese kombinieren wir mit Marketingthemen und der aufmerksamkeitsstarken Platzierung der Produkte“, sagt Lars Jentsch, Vertriebschef der POS-Berater.
Die POS-Berater messen den Erfolg der Aktionen etwa anhand der Absatzzahlen, die mit denen einer nicht geschulten Apotheke verglichen werden. Ein endgültiges Fazit will man in Holzkirchen nach vier Monaten noch nicht abgeben. „Wir bekommen gutes Feedback von den Apotheken, die verzahnte Zusammenarbeit zwischen Außendienst und den POS-Beratern stößt auf breite Akzeptanz“, sagt Tangermann.
Hexal ist mit einem Umsatz von rund 300 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) unter dem Top-5 im OTC-Bereich. Der Konzern war zuletzt sehr erfolgreich und konnte im vergangenen Jahr beispielsweise bei den Analgetika stark zulegen: Paracetamol wuchs um 10 Prozent, ASS und Diclac jeweils sogar um ein Drittel. Die Schwesterfirma 1A Pharma liegt bei rund 65 Millionen Euro und wuchs zuletzt ebenfalls zweistellig.
Die OTC-Berater wollen ihr Geschäft ausbauen: „Wir arbeiten an Konzepten für Ärzte und denken aktiv über die Ausweitung in andere Branchen wie zum Beispiel die Architektur nach“, so Dess. Insgesamt erwirtschaftet die Agenturgruppe einen Umsatz von rund 17 Millionen Euro. Zu den Kunden gehören Klosterfrau, Hexal, Bionorica, Pierre Fabre, Bayer und Johnson & Johnson. Ansonsten ist die Gruppe auch für Kunden außerhalb des Pharmasegments aktiv – Wissenstransfer über Branchen hinweg lautet das Motto. An drei Standorten arbeiten rund 155 Mitarbeiter.
Die Industrie schickt regelmäßig selbst oder über Agenturen Trainer in die Offizin. Unter den Dienstleistern sind Unternehmen wie Extravert, Apomaxx, Redline oder Materne Training. Sie verfügen meist über eine feste Zahl an pharmazeutischen Fachpersonal, das sie je nach Auftrag und Region in die Apotheken schicken. Integrierte Ansätze bieten Firmen wie Ashfield.