Aus einem fröhlichen Junggesellenabschied in Hamburg wurde ein Horrortrip: Seit dem 10. Februar ist der Schotte Liam Colgan spurlos verschwunden. Sein Bruder Eamonn sucht seitdem verzweifelt nach ihm – eine PTA unterstützt ihn dabei.
Sie ist eine von vielen Menschen, die sich in Hamburg und Umgebung via Social Media zusammengefunden haben. „Die Geschichte hat mich berührt, ich wohne und arbeite in Altona. Dort ist Liam verschwunden. Eines Tages kam ein Aufruf über Facebook, ob jemand helfen könnte“, sagt Melanie Paika, die in der Gorch Fock-Apotheke arbeitet. Liams bester Freund aus Schottland hatte via Facebook um Hilfe gebeten, fünf Menschen kamen. „Dann wurden wir immer mehr, wir haben in der ganzen Stadt Plakate aufgehängt.“ So fing alles an.
Die Geschichte bewegt viele Hamburger. Hunderte haben sich in den vergangenen Wochen an der Suche beteiligt. Niemand weiß, was Liam zugestoßen ist, nachdem er die Junggesellen-Abschiedsparty seines Bruders in einem Lokal auf der Reeperbahn verlassen hat. Das war gegen 1.30 Uhr, seitdem ist er verschwunden. Die Überwachungskamera eines Bürogebäudes zeichnete ihn wenig später auf, das Video zeigt einen jungen Mann, der wankt, hinfällt, aufsteht und weitergeht. Sein Bruder, ein Polizist, vermutet, dass er auf dem Weg zum Hotel war.
Er hofft es, so wie alle, die nach Liam suchen. „Wir halten es für wahrscheinlich, dass er an einer Amnesie leidet“, sagt Paika. Kürzlich gab es neue Hoffnung, jemand meldete, ihn in Harsefeld in Niedersachsen gesehen zu haben. Die PTA fuhr hin, klebte Flyer auf Laternenmaste, an Bushaltestellen. Sie hat vor dem HSV-Stadion bei klirrender Kälte Flyer verteilt, fragt überall nach dem Vermissten. In einer Bäckerei in Buxtehude ist vor Kurzem ein Mann aufgetaucht, der verwirrt wirkte und nur Englisch sprach. Eine Verkäuferin las wenig später in der Zeitung, dass Liam vermisst wird. Zu spät.
Wie und wo sucht man nach einem Fremden, von dem man nur Fotos kennt? „Wir haben Obdachlosenunterkünfte kontaktiert, sind zu Kirchen gegangen, haben in der Drogenszene gefragt, auf Bauwagen-Plätzen“, erzählt die PTA. Alles Orte, an denen man sich vielleicht versteckt oder Menschen findet, die einen kurzzeitig aufnehmen. Diese Menschen wiederum lesen aber vielleicht keine Zeitung, sind nicht online. „Wir gehen davon aus, dass Liam auf der Straße wohnt. Die Obdachlosen sind besonders hilfsbereit“, hat sie erfahren.
Aufgeben ist für sie keine Option: „Es ist das erste Mal, dass ich mich so engagiere. Die Vehemenz, mit der die Familie sucht, geht mir unglaublich nahe. Ich suche vor der Arbeit, nach der Arbeit, als nächstes wollen wir gezielt touristische Standorte aufsuchen, zum Beispiel die Landungsbrücken oder Musicaltheater. Anfangs dachte ich, ich würde ein bis zwei Tage lang mithelfen, aber irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr aufgeben kann.“ Auch in ihrer Apotheke hat sie Flyer ausgelegt. Wenn andere Apotheken mitmachten, würde sie das freuen. „Ich habe ganz viel Hoffnung, dass die ständig wiederkehrenden Infos helfen werden.“
Sogar bei Stadtrundfahrten wird mittlerweile informiert, dass nach einem jungen Schotten gesucht wird. Bisher hat kein Hinweis zu ihm geführt. Sein Bruder Eamonn hat seine Hochzeit verschoben, oft reist er nach Hamburg, um nach Liam zu suchen. Ende des Jahres will Eamonn heiraten, mit seinem Bruder als Trauzeugen. Wie geplant.
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