Vaginosen: Flora aus dem Gleichgewicht Cynthia Möthrath, 13.06.2017 12:24 Uhr
Geht es um den Intimbereich, sind viele Frauen gehemmt. Der Gang zum Arzt bleibt meist aus, selbst die Beratung in der Apotheke ist vielen Kundinnen unangenehm. Dabei sind vaginale Infektionen keine Folge von mangelnder Hygiene. Im Gegenteil – oft ist eine übertriebene Intimpflege die Ursache. Durch sie wird die natürliche Vaginalflora gestört und aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Folge können Infektionen sein.
Die Vaginalflora der Frau besteht zum Großteil aus Lactobazillen, die Milchsäure und Wasserstoffperoxid bilden und so für ein saures Scheidenmilieu mit einem pH Wert von ungefähr 3,8 bis 4,4 sorgen. Wird die gesunde Flora zerstört, steigt der pH Wert an und schädliche Keime können sich vermehren. Ausgelöst werden die Infektionen durch Bakterien, Pilze oder Viren.
Auslöser für solche pH-Verschiebungen kann aber nicht nur die falsche Reinigung des Intimbereichs sein. Die Einnahme von Medikamenten wie Antibiotika oder Kortison kann genauso zu Infektionen führen wie chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus. Ebenso können hormonelle Schwankungen, wie sie in den Wechseljahren oder während einer Schwangerschaft vorkommen, ein Auslöser sein. Aber auch leichte Infekte oder Stress können das Immunsystem schwächen und die Flora aus dem Gleichgewicht bringen.
In vielen Fällen verläuft eine Infektion zunächst asymptomatisch. Erst im weiteren Verlauf kommt es zu den typischen Beschwerden wie Jucken und Brennen im Intimbereich. Auch Schwellungen oder Rötungen können vor allem bei Pilzinfektionen hinzukommen. Pilzinfektionen werden meist durch den Hefepilz Candida verursacht. Dieser kommt in einer gewissen Anzahl in der natürlichen Vaginalflora der Frau vor. Er ist wichtig und in begrenzter Menge vollkommen unschädlich. Erst wenn er sich stark vermehren kann, kommt es zu den typischen Beschwerden einer Pilzinfektion. Diese sind häufig von einem krümeligen weiß gelblichen Ausfluss begleitet.
Die bakterielle Vaginose hingegen zeichnet sich meist durch einen starken fischigen Geruch aus, der durch die Bildung von Aminen entsteht. Jucken und Brennen kommen hier nur selten vor. Auslöser für bakterielle Infektionen können Chlamydien, Bacteroides-Stämme oder Gardnerellen sein.
Je nachdem, ob es sich um eine Candida- oder bakterielle Infektion handelt, gibt es unterschiedliche Therapiemöglichkeiten. Meist wird lokal mit Vaginalsuppositorien oder -tabletten sowie Cremes behandelt. Bei schweren Infektionen kann aber auch eine orale Gabe von Medikamenten erfolgen.
Bei bakterieller Ursache kann ein orales Antibiotikum verschrieben werden. Hierbei ist eine Behandlung mit einer Milchsäure-Kur zu empfehlen, um die natürlichen Bakterien der Flora wieder aufzubauen, die durch die Antibiotika-Gabe zusätzlich geschädigt werden können. Im Handel sind verschiedene Präparate, die die Flora aufbauen können, darunter Vaginalzäpfchen und Kapseln. Milchsäure kommt zum Einsatz, wenn noch genügend Milchsäurebakterien vorhanden sind und die Vaginalflora durch Ansäuerung unterstützt werden soll. Milchsäurebakterien hingegen werden verwendet, wenn die Scheidenflora gestört ist und wieder aufgebaut werden soll. Zu dieser Gruppe gehören auch Döderlein-Bakterien. Diese gram-positiven Stäbchen sind natürlicher Bestandteil der Vaginalflora.
In der Selbstmedikation kann bei leichten bakteriellen Infektionen Fluomizin (Dequaliniumchlorid) angwendet werden. Die Vaginaltabletten werden an sechs Abenden in Folge tief in die Scheide eingeführt. Am einfachsten kann dies in Rückenlage mit leicht angewinkelten Beinen erfolgen.
Bei Pilzinfektionen eignet sich eine Behandlung mit antimykotischen Wirkstoffen. In der Selbstmedikation kommt zum Beispiel der Wirkstoff Clotrimazol zum Einsatz. Vor allem in der Kombination aus Zäpfchen und Creme beziehungsweise Vaginaltablette und Creme ist der Therapieerfolg sehr hoch. Die unangenehmen Beschwerden werden schnell gelindert und bereits nach kurzer Zeit ist die Flora wieder im Gleichgewicht.
Im Handel sind Kombinationspräparate zur Ein- und Dreitagestherapie. Wobei die Patientinnen drei Tage lang cremen sollten. Canesten Gyn Once oder auch Vagisan Myko 1-Tagestherapie enthalten eine Vaginaltablette, die vor dem Zubettgehen in die Scheide eingeführt wird. Kadefungin und Generika werden an drei Tagen in Folge angewendet. Betroffene sollten zur Intimpflege eine spezielle Waschlotion verwenden, geeignet sind beispielsweise Produkte von Vagisan, Kadefungin oder Sagella.
Unterwäsche und Handtücher sind nach einmaliger Benutzung bei 60 bis 90 Grad zu waschen. Auch ein Hygienespüler kann dem Waschgang zugesetzt werden. Wer den Wäscheberg klein halten will, kann zum Abtrocknen ein Küchenpapier benutzen. Wichtig ist es, in jedem Fall den Partner mitzubehandeln. Allerdings ist bei der Verwendung von Kondomen darauf zu achten, das die Produkte das Material beeinflussen können.
Neben den Clotrimazol-haltigen Arzneimitteln stehen auch Produkte mit dem Wirkstoff Nystatin in der Selbstmedikation zur Verfügung. Ein Beispiel ist Biofanal; wird das Kombinationspräparat eingesetzt, muss eine Infektion mit einem Hefepilz vorliegen. Zur Kurzzeittherapie werden an drei aufeinander folgenden Tagen morgens und abends je eine Vaginaltablette eingeführt und die Creme im äußerlichen Bereich aufgetragen.
Kommt es häufiger zu Infektionen des Intimbereichs, spricht man von rezidivierenden Vaginosen. Hierbei kann es hilfreich sein, die Flora mit Lactobazillen wieder aufzubauen, um die natürliche Abwehr des Intimbereichs zu stärken und eine Fehlbesiedlung zu vermeiden. Halten die Beschwerden trotz Selbstmedikation an, verschlimmern sich sogar oder treten immer wieder auf, sollte der Besuch beim Arzt dringend angeraten werden. Handelt es sich um eine bakterielle Infektion, muss der Arzt ein Antibiotikum verordnen.