Arbeitsrecht

Urlaubsanspruch: Was Chefs wissen müssen

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Berlin -

Mit dem nahenden Sommer steht die Urlaubszeit an. In vielen Betrieben dürfte die freie Zeit bereits verteilt sein. Arbeitsrechtlerin Simone Jäger aus München erklärt, auf was Angestellte unbedingt achten sollten.

Wie viel Urlaubsanspruch besteht?
Arbeitnehmer haben laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bei einer Sechs-Tage-Woche einen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen im Jahr. Bei fünf Arbeitstagen pro Woche beträgt der gesetzliche Urlaubsanspruch 20 Tage. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer nach dem BUrlG Anspruch auf vier Wochen Urlaub hat. Vom Grundsatz her muss der Urlaub Erholungszwecken dienen. „Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern einen Zusatzurlaub gewähren“, sagt Rechtsanwältin Simone Jäger von der Münchener Kanzlei Straßer Ventroni Deubzer Freytag & Jäger. „Wird Zusatzurlaub vereinbart, sollte dieser – gegebenenfalls differenziert vom gesetzlichen ‚Mindesturlaub‘ – im Arbeitsvertrag geregelt sein“.

Müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter an den Urlaubsanspruch erinnern?
Ja. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Februar entschieden, dass Mitarbeiter vom Chef während des laufenden Kalenderjahres daran erinnert werden müssen, dass sie noch Urlaubstage beantragen und nehmen müssen. „Eine schriftliche Erinnerung in Textform wird empfohlen“, so Jäger. „Eine gesetzliche Frist, bis wann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erinnern muss, gibt es nicht.“ Das Urteil sei eine Kehrtwende: „Der Schutz des Arbeitnehmers wird gestärkt und die Pflichten des Arbeitgebers werden erweitert.“

Muss der Urlaub schriftlich und in einer gewissen Zeit beantragt werden?
Eine verbindliche Vorgabe, auf welchem Weg der Urlaub beantragt werden muss, gibt es laut Jäger nicht. „Es hängt von der Größe und den Vorgaben des Betriebes ab.“ Viele Unternehmen arbeiteten mit Formularen, die eingereicht werden müssten. Auch ein Zeitraum sei nicht vorgegeben. Manche Unternehmen gäben ihren Mitarbeitern aber vor, den Urlaub in einer gewissen Frist oder mit einer gewissen Vorlaufzeit zu beantragen. Jedoch muss der Urlaub nach dem BUrlG im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Kann der Chef den Urlaub verweigern?
Der Arbeitgeber könne den Urlaubsantrag aus „dringenden betrieblichen Gründen ablehnen“, so Jäger. Ebenso können Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, dem Urlaubsantrag entgegenstehen. Dazu zählten triftige Gründe. Klassischer Fall: Andere Mitarbeiter hätten schulpflichtige Kinder und seinen auf die Schulferien angewiesen. Dann sei diesen Mitarbeitern bei der Planung des Sommerurlaubs Vorrang einzuräumen. Sie könnten also nicht alle gleichzeitig im August Urlaub nehmen. „Die Urlaubswünsche der anderen und dringliche betriebliche Belange müssen berücksichtigt werden.“

Kann der Inhaber eine Urlaubssperre verhängen?
Auch eine Urlaubssperre sei bei dringenden betriebsbedingten Gründen möglich, so Jäger. „Zum Beispiel wenn für die Inventur alle Mitarbeiter gebraucht werden oder in der Vorweihnachtszeit.“ Es müssten aber gewichtige Gründe vorliegen. Eine festgeschriebene Anzahl für Urlaubssperren gebe es nicht. „Das hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab.“

Kann der Urlaub in das folgende Kalenderjahr mitgenommen werden?
Arbeitnehmer sind angehalten ihren Urlaubsanspruch im laufenden Jahr einzulösen. „Nur wenn der Mitarbeiter den Urlaub aus Gründen, die in seiner Person liegen, zum Beispiel wegen Krankheit oder aus dringenden betrieblichen Gründen nicht nehmen kann, wird er in das Folgejahr übertragen“, so Jäger. Im Fall der Übertragung müsse er in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres genommen werden.

Bekomme ich vollen Urlaubsanspruch ab einer Beschäftigung von mehr als sechs Monaten?
Das BUrlG regelt, dass der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. Mitarbeiter haben gesetzlich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn sie vor dem 30. Juni aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder die Wartezeit noch nicht erfüllt ist.

„Wenn der Mitarbeiter nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres, also nach dem 30. Juni aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet hat er den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Im Arbeitsvertrag kann aber geregelt sein, dass der vertragliche Zusatzurlaub dann nur anteilig gewährt wird.“ Wenn der Angestellte zu Ende August kündige, seinen kompletten Urlaub bereits genommen habe und im September eine neue Stelle antrete, stehe ihm jedoch kein Urlaubsanspruch mehr zu. Gesetzlich sei ein Ausschluss von Doppelansprüchen geregelt. „Der neue Arbeitgeber hat Anspruch auf Auskunft“, so Jäger. In der Praxis fragten die Chefs aber oft nicht nach dem bereits genommenen Urlaub.

Kann ich mir meinen Urlaub ausbezahlen lassen?
„Wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, ist dieser finanziell abzugelten“, so Jäger. Die Urlaubsabgeltung wie auch das Urlaubsentgelt bemessen sich nach dem durchschnittlichen Verdienst der letzten 13 Arbeitswochen. Einen Anspruch auf einen Deal, sich den Urlaub auch ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszahlen zu lassen, gebe es nicht. „Das ist unzulässig, da der Erholungszweck nicht erreicht wird.“

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