Immer wieder steht Salz in der Kritik. Auf die zusätzliche Prise sollte man vor allem als Bluthochdruck-Patient:in verzichten. Doch ist wirklich etwas Wahres am Mythos dran, oder hat der aktuelle Stand der Wissenschaft den Einfluss von Natriumchlorid auf den Blutdruck widerlegt? Und wie sieht es eigentlich mit dem Austausch von NaCl durch KCl aus? Gilt Kaliumchlorid noch als Hypertoniker-Alternative zum konventionellen Kochsalz?
Viele Hypertoniker gehen davon aus, dass eine Kochsalzdiät den Blutdruck senken kann. Diese Annahme basiert auf Untersuchungen aus den 50er- und 60er-Jahren – hier wurde gezeigt, dass Personen mit einem hohen Salzkonsum einen höheren arteriellen Blutdruck aufwiesen als Personen mit normalen bis reduziertem Salzkonsum.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt einen Orientierungswert für die Speisesalzzufuhr pro Tag an. Mehr als 6 Gramm (entsprechend rund einem Teelöffel) sollten nicht verzehrt werden. In Deutschland liegt die Speisesalzzufuhr von fast allen Personen über dieser empfohlenen Menge. Laut DGE nehmen 70 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer zu viel Speisesalz zu sich.
Vergleicht man vorliegende Studien und Untersuchungen, so zeigt sich, dass Menschen sehr unterschiedlich auf eine salzreduzierte Kost reagieren. Während einige Personen keine Blutdruckveränderung bei gesteigerter oder reduzierter Salzzufuhr zeigen, reagieren andere Personen mit einer Blutdrucksenkung von bis zu 10 mmHg (in Kombination mit Diuretika). Ob der Verzicht auf Salz somit eine Therapieoption darstellt, bleibt zunächst ein Versuch.
Ob und wie Salz sich auf den Blutdruck auswirkt, ist individuell. Das Zusammenspiel von NaCl, Nierenfunktion und Vasomotorik ist sehr komplex. Darüber hinaus nehmen auch andere Nahrungsbestandteile Einfluss auf den Blutdruck. So kann sich eine ballaststoffreiche Ernährung ebenfalls positiv auf den Blutdruck auswirken.
Die DGE weist auf das erhöhte Hypertonie-Risiko bei hohem Salzkonsum hin. Da Bluthochdruck zu den Risikofaktoren für das Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen gehört, steige durch den erhöhten NaCl-Konsum auch das generelle Risiko der kardiovaskulären Ereignisse. Aktuelle Studien zeigen jedoch eher den komplexen Zusammenhang zwischen Natrium, Kalium, sonstiger Ernährung (Ballaststoffe) und Natriumdepots im Körper (vor allem in der Haut).
Ein im New England Journal of Medicine (NEJM) veröffentlichter Review zum Thema Kochsalz und Blutdruck von Forscher:innen der Johns Hopkins Universität und des Oregon Clinical and Translational Research Institute der Oregon Health and Science Universität zeigt die Komplexität dieser Fragestellung. Die Wissenschaftler:innen zeigen, dass der Zusammenhang zwischen der Natrium- und Kaliumaufnahme einen Einfluss auf den Bluthochdruck hat. So hatten Personen, die anstatt des herkömmlichen Kochsalzes auf Kaliumchlorid zurückgriffen, einen niedrigeren Blutdruck. Auch Folgereignisse wie Schlaganfälle traten seltener auf.
Laut den Wissenschaftler:innen sei für diese positiven Effekte aber nicht allein die reduzierte Natriumaufnahme verantwortlich – eine hohe Kaliumaufnahme scheint die Salzempfindlichkeit zu senken. Darüber hinaus scheint ein hoher Salzkonsum Auswirkungen auf die Mikrobiota – also die Gesamtheit aller Mikroorganismen – zu haben. Die Induktion einer salzsensitiven Hypertonie durch die Veränderung der Darmbakterien scheint laut Wissenschaftler:innen möglich.
Als Kochsalzersatz steht vor allem Kaliumchlorid zur Verfügung. Unter Synonymen wie Diätsalz oder Ersatzsalz sind verschiedene Produkte im Handel. Diese Ersatzprodukte können, genauso wie Natriumchlorid, jodiert sein. Gemäß der Verordnung über diätetische Lebensmittel gilt Kaliumchlorid-haltiges Salz zum Verzehr als diätetisches Lebensmittel.
Unter dem Begriff Blutdrucksalz kann Kaliumchlorid zum Würzen auch in der Apotheke bestellt werden. Im Rahmen der Hypertonie-Therapie wird laut aktuell gültiger Leitlinie eine maximale Salzzufuhr von 5 Gramm pro Tag empfohlen.
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