Umgang mit schwerhörigen Kunden Eva Bahn, 22.02.2018 14:10 Uhr
Der Umgang mit hör- oder sehgeschädigten Menschen birgt immer gewisse Fallstricke. In der Apotheke sollten wir diese geschickt umgehen und den Kunden das Gefühl geben, dass sie gut bei uns aufgehoben sind.
Eine Situation, wie sie in den meisten Apotheken mehrmals die Woche auftritt: Ein schwerhöriger Kunde kommt herein, und wir müssen sein gewohntes Medikament austauschen. Doch wie sollen wir ihm am besten den Rabattvertrag erklären?
Wenn die ersten Erläuterungen nicht sofort verstanden werden, neigt man oft dazu, das Gesagte einfach noch einmal lauter zu wiederholen. Das ist in zweierlei Hinsicht falsch – das Problem ist nämlich in den allermeisten Fällen nicht die fehlende Lautstärke, sondern eine Störung der gehörten Frequenzen.
Ein „Anschreien“ hat zur Folge, dass das Hörgerät die Stimme verzerrt, der Kunde also noch schlechter versteht, worum es geht. Außerdem sorgt eine solche Behandlung durch die PTA oder den Apotheker für Verunsicherung und Scham beim Kunden. Zusätzlich schmerzt ihm das plötzliche laute Geräusch in den Ohren.
Wichtig bei einem solchen Gespräch sind vor allem ein direktes Ansprechen in das Gesicht des Gegenübers, der eigene Mund sollte gut zu sehen sein. Da ein schwerhöriger Mensch viel mehr Konzentration benötigt, um das Gesagte zu verstehen, müssen die Sätze kurz und klar verständlich ausfallen. Auf eine deutliche und langsame Formulierung sollte geachtet werden.
Komplizierte Redewendungen oder Fachbegriffe sind wegzulassen, ohne allerdings in eine Babysprache zu verfallen. Der Kunde muss sich weiterhin ernst genommen fühlen! Falls wichtige Dinge wie Dosierung, Einnahmezeitpunkte oder Wechselwirkungen zu erklären sind, so bietet es sich an, diese für den Kunden aufzuschreiben. Dadurch verringert sich die Gefahr eines Missverständnisses.
Ähnliches gibt es auch für Sehbehinderte zu beachten. Hier kann man zwar getrost Schachtelsätze und Fachausdrücke benutzen, aber eine direkte Ansprache ist ebenfalls wichtig. Es ist sinnvoll, auszusprechen, was man gerade erledigt, da der Kunde es ja nicht sehen kann. Er ist auf die Sprachkommunikation stark angewiesen. Nimmt man ein Rezept entgegen, so hilft der Satz „Ich werde einmal nachprüfen, ob wir alles für Sie an Lager haben“ dabei, die Pause zu verstehen, die eintritt.
Möchte er etwas aus dem Freiwahlsortiment kaufen, beispielsweise eine Körpercreme, so ist es wichtig, sie ihm in die Hand zu geben. So wie es für viele gesunde Kunden nötig ist, die verschiedenen Packungsgrößen von Bepanthen nebeneinander zu sehen, so ist es für den Sehbehinderten nötig, sie zu fühlen. Um sich eine Vorstellung davon zu machen, wie viel Inhalt sich in einer Verpackung befindet, muss sie betastet werden.
Dabei sollte man immer genau erklären, wo man etwas hinstellt. „Ich stelle Ihnen die Tüte mit den Medikamenten hier an ihre rechte Seite“, das ist höflich und vermeidet Unsicherheiten. Beim Bezahlen der Ware ist es für beide Seiten einfacher, wenn man den Wert der Banknote benennt, die gereicht wird – zum Beispiel: „Sie haben mir 30 Euro gegeben und bekommen 9 Euro zurück.“ Wechselgeld sollte man direkt in die Hand zählen, damit der Kunde es sich nicht mühsam ertasten muss.
Höflich ist es zudem, zu fragen ob man noch etwas helfen kann. Der eine oder andere Kunde ist vielleicht froh darüber, wenn man ihn nach draußen begleitet. Beim Führen ist es sinnvoll, einen halben Schritt voraus zu gehen, damit Richtungswechsel frühzeitig erkannt werden. Auch hier ist die Sprachkommunikation immens wichtig, und das Ansagen von kommenden Stufen oder Gehsteigkanten kann helfen, sich zurecht zu finden.
Schafft man es, durch die gelungene Kommunikation mit den Kunden auch unter erschwerten Umständen zu bestehen, so gehen beide Seiten zufrieden aus der Situation heraus. Das gibt uns als Dienstleister ein gutes Gefühl, und die Menschen merken, dass sie bei uns respektvoll behandelt und ernst genommen werden.