Umgang mit Kortisonen in der Rezeptur Alexandra Negt, 01.03.2022 12:37 Uhr
Kortisone wie Betamethason und Triamcinolonacetonid gehören zu den häufig in der Rezeptur eingesetzten Substanzen. In Dermatika können sie bei vielen Krankheitsbildern eingesetzt werden. Für eine optimale Wirkung der Rezeptur müssen wichtige Herstellschritte beachtet werden. Trotz des breiten Wirkspektrums stellt diese Wirkstoffgruppe keine Allgemeinlösung für Hautprobleme dar – einige Ausschläge können durch Kortison erst richtig aufflammen. Hier ein Überblick:
Kortisone sind unterschiedlich stark wirksam. Das einzige Kortison, welches für eine dermale Anwendung verschreibungsfrei erhältlich ist, ist Hydrocortison. Hier sind Cremes und Salben mit 0,25 Prozent und 0,5 Prozent als OTC-Variante erhältlich. Alle anderen Wirkstoffe sind rezeptpflichtig.
Wirkstärken und Beispiele
- Klasse 1 – schwach wirksam: Hydrocortison, Hydrocortisonacetat
- Klasse 2 – mittelstark wirksam: Triamcinolon, Triamcinolonacetonid, Prednicarbat
- Klasse 3 – stark wirksam: Mometasonfuroat, Betamethasonvalerat, Betamethasondipropionat,
- Klasse 4 – sehr stark wirksam: Clobetasolpropionat
Schritt 1: Verreibung – ja oder nein
Je nachdem wie groß der Ansatz und wie hoch die Dosierung ist, eignen sich 1:10 Verreibungen oder Rezepturkonzentrate. Bei sehr geringen Einwaagen kann es bei der Verwendung von Reinstoffen zu Wägefehlern kommen. Ob der Wirkstoff in der fertigen Rezeptur dann unter- oder überdosiert ist, lässt sich nicht feststellen. Nicht für alle Kortisone können Verreibungen oder Konzentrate fertig bezogen werden. Generell ist es der Apotheke auch möglich selbst eine Art Stammgemisch anzufertigen. Als Bulkware muss die Herstellung allerdings korrekt dokumentiert werden.
Stammverreibungen und Rezepturkonzentrate bieten aber noch zwei weitere Vorteile: Zum einen sinkt das gesundheitliche Risiko, welches vom Ausgangsstoff ausgeht. Bei der Verwendung von Salben-Konzentraten bleibt eine Staubentwicklung gänzlich aus. Ein weiterer Vorteil: Dadurch, dass die Teilchen bereits gut verteilt vorliegen ergibt sich eine erleichterte Dispergierbarkeit in der Grundlage. Die Homogenität der Rezeptur wird verbessert.
Schritt 2: Richtig anreiben
Das Kortison in die Fantaschale vorzulegen und direkt mit der Grundlage anzureiben kann zu einer schlechteren Verteilung in der Endmenge sorgen. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Anreiben mit einer in der Grundlage enthaltenen flüssigen Komponente zu besseren Ergebnissen führt. Da sich Kortisone in den meisten Grundlagen nicht lösen, sondern suspendiert vorliegen, können sich leicht Agglomerate bilden. Zum Anreiben sollte ein Bestandteil aus der Rezeptur gewählt werden, der den Wirkstoff gut benetzt. Für die Praxis heißt das: Meist eignet sich Glycerol gut zum Abreiben. Enthält die Grundlage diesen Stoff jedoch nicht, so wählt man eine Alternative, meist MCT oder Propylenglycol. In vielen NRF-Rezepturen wird das Anreibemittel vorgeschrieben. Bei Rezepturen, zu denen keine standardisierte Vorschrift vorliegt, können sich PTA an ähnlichen NRF-Rezepturen orientieren.
Schritt 3: Ist mein Rezepturkonzentrat geeignet?
Am Beispiel von Triamcinolonacetonid lässt sich die Frage danach, ob ein Rezepturkonzentrat oder eine Verreibung für die vorliegende Rezeptur geeignet ist, gut erläutern. Denn der Wirkstoff kann als Triamcinonolacetonid-Reisstärke-Verreibung oder als lipophiles oder hydrophiles Rezepturkonzentrat bezogen werden. Auch eine eigene Herstellung eines Triamcinonolacetonid-Mannitol-Verreibung (fertiger bezug aktuell nicht möglich) ist denkbar. Nicht alle Varianten eignen sich für alle Darreichungsformen. So sollte der/die PTA folgendes beachten:
- Mannitol: leichter wasserlöslich als Reisstärke – für Grundlagen mit ausreichendem Wasseranteil also vorteilhafter.
- Reisstärke: Nicht geeignet zur Herstellung von Lösungen und Hydrogelen. Verkeimungsrisiko unkonservierter wasserhaltiger Zubereitungen wird erhöht.
- Lipophiles Konzentrat: Einsatz vor allem in hydrophoben halbfesten Zubereitungen. In Lösungen ist keine Einarbeitung möglich.
- Hydrophiles Konzentrat: Einsatz vor allem in hydrophilen Cremes. In Lösungen oder Hydrogelen ist eine Einarbeitung nicht möglich.
Schritt 4: Wirkstoff-Check
Hat der arzt/die Ärztin das richtige Kortison verordnet? Vor allem bei Triamcinolon und Triamcinolonacetonid kommt es hier zu ungewollten Verwechslungen. Denn für den dermalen Einsatz wird eigentlich ausschließlich das lipophilere Triamcinolonacetonid verwendet. Es ist zehnmal wirksamer als das hydrophilere Triamcinolon. Auch bei Fluocinolon und Fluocinolonacetonid sind solche Effekte dokumentiert. Grund ist wahrscheinlich ein unterschiedliches Penetrationsverhalten der Wirkstoffe durch die Haut. Achtung: Bei Betamethason und Betamethasonvalerat zeigt sich eine ungefähr gleiche Wirkstärke.
Schritt 5: Getrennte Herstellung in Betracht ziehen
In den seltensten Fällen werden Kortisone ohne weitere Wirkstoffe verordnet. Häufiger liegen Rezepte mit zusätzlichem Antibiotikum oder Antimykotikum vor. Am häufigsten sollen PTA Kortisone mit Erythromycin und Clotrimazol kombinieren. Ebenfalls häufig gefordert wird die Kombination mit Harnstoff, Salicylsäure oder Zinkoxid. Nicht immer lassen sich die Wünsche der Ärzt:innen umsetzten. Am häufigsten steht der rezeptierbare pH-Bereich im Weg. So ist die Kombination von Kortisonen mit Erythromycin nur sehr begrenzt möglich. Um einen Wirkstoffverlust zu vermeiden, sollten PTA im Zweifelsfall auf die getrennte Herstellung setzen.
Als kleiner Ausweg dient oftmals Triamcinolonacetonid. Der Stoff hat einen relativ breiten, rezeptierbaren pH-Bereich. So kann die Haltbarkeit der Kombination aus Erythromycin und Triamcinolonacetonid in gewissen Grundlagen auf vier Wochen festgesetzt werden. Auch eine Kombination mit Salicylsäure ist trotz des niedrigen pH-Wertes möglich. Sogar in wasserhaltigen Zinkoxidzubereitungen ist der Wirkstoff über vier Wochen stabil. Natürlich muss der Austausch des Wirkstoffes mit dem/der Verordner:in abgesprochen werden.
Cortsion ist kein Alleshelfer: Viele PTA kennen es – man hat einen Ausschlag und noch eine angebrochene Tube Kortison-Creme daheim. Da startet man schnell den Versuch der Selbsttherapie. Bei einigen Hauterkrankungen kann dieser Versuch jedoch nach hinten losgehen. So beispielsweise bei der perioralen Dermatitis. Hier kann Kortison zu einem Aufflammen des Ausschlages führen, sodass die Haut stärkeren Schaden nimmt.