Titandioxid ist ein weit verbreiteter Stoff. Er kommt in Lebensmitteln wie Kaugummis, aber auch in Arzneimitteln vor. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit warnt davor, dass Krebsrisiken nicht ausgeschlossen werden können. Sollte der Stoff verboten werden, müssten viele Arzneimittel eine neue Zusammensetzung erhalten. Erste Hersteller reagieren bereits.
Bei Titandioxid handelt es sich um ein weißes Farbpigment, welches seit Jahrzehnten in Lebensmitteln und Arzneimitteln eingesetzt wird. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat unter Einbeziehung von mehr als 12.000 Publikationen mögliche Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit Titandioxid zusammengefasst und den Zusatzstoff neu bewertet.
Das abschließende Urteil der EFSA lautete: „Auf der Grundlage aller verfügbaren Beweise konnten Bedenken hinsichtlich einer Genotoxizität nicht ausgeschlossen werden, und angesichts der vielen Unsicherheiten kam das Gremium zu dem Schluss, dass E 171 (Titandioxid) bei der Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann.“ Zusatzstoffe sind kennzeichnugnspflichtig. Hersteller müssen enthaltenes Titandioxid als E 171 kennzeichnen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat sich darauf hin mit den vorliegenden Studien befasst und kommt in einer Stellungnahme zu einer vergleichbaren Einschätzung: „Laut EFSA bestehen Unsicherheiten, insbesondere zum molekularen Mechanismus der genotoxischen Effekte. Zudem lassen die Studien keinen Rückschluss auf einen Zusammenhang zwischen bestimmten Eigenschaften von Titandioxid, wie Größe und Beschaffenheit der (Nano)-Partikel, und dem Ergebnis der Genotoxizitäts-Studien zu. Daher kamen die Expertinnen und Experten der EFSA zu dem Schluss, dass die Verwendung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr länger als sicher angesehen werden kann. Es wurde keine akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI) abgeleitet.“
Auch wenn Titandioxid in Deutschland aktuell noch als Inhaltsstoff für Lebensmittel und Arzneimittel uneingeschränkt zugelassen ist, so ändern die ersten Hersteller bereits ihre Rezepturen. So verzichtet Pascoe zukünftig in den naturmedizinischen Arzneimitteln auf diesen Hilfsstoff. Die Umstellung soll sukzessive erfolgen. „Anregungen zu Produktverbesserungen von unseren Kunden nehmen wir immer sehr gerne auf und investieren hier gerne Zeit und Budget“, bezieht Geschäftsführerin Annette Pascoe Stellung zum Thema. „An dieser Stelle einen herzlichen Dank an unsere Produktentwicklung für die erfolgreiche Umstellung der Arzneimittel.“ So sind Pascoflair und Neurapas balance ab sofort ohne den Zusatzstoff erhältlich. Pascoflair Night wurde von Anfang an ohne Titandioxid entwickelt. Bereits 2018 wurde der Umstellungsprozess gestartet.
Auch Hager Pharma nimmt sich dem Thema an und stellt seine Miradent Xylit Kaugummis nach und nach um. Einige Sorten werden schon mit der neuen Titandioxid-freien Formulierung an die Apotheken ausgeliefert. Bis Ende des Jahres soll die komplette Umstellung vollzogen sein, informiert das Unternehmen. In Kaugummis sorgt Titandioxid für eine besonders weiße Farbgebung.
Im NRF finden sich vor allem Dermatika mit Titandioxid. Neben der Zinkoxidschüttelmixtur bietet das Rezepturformularium auch Vorschriften mit Titandioxid. Da Zink häufig Wechselwirkungen mit den enthaltenen Wirkstoffen eingeht, kann ein Wechsel auf den weißen Hilfsstoff die Stabilität der Rezeptur erhöhen. Beispielsweise sollte die Zinkoxidschüttelmixtur bei Clioquinol ausgetauscht werden. Auch in wirkstofffreien Dermatika findet Titandioxid Anwendung. So bot das NRF bis 2006 verschiedenfarbige Abdeckpasten. Aufgrund von mangelnder Praxisrelevanz wurden diese gestrichen. Bei rein dermaler Anwendung ist das potenziell kanzerogene Risiko aufgrund von Nanopartikeln nach aktuellem Kenntnisstand zu vernachlässigen.
APOTHEKE ADHOC Debatte