Topisch angewendete Arzneimittel wirken nicht systemisch: Soweit die Theorie, doch die Praxis sieht anders aus. Ein Beispiel sind Timolol-haltige Augentropfen, die schwerwiegende systemische Nebenwirkungen wie Bradykardie, Hypotonie, psychische Störungen oder Bronchospasmen auslösen können. Vorsicht ist bei der Anwendung von Timolol bei Patienten mit Asthma geboten.
Fall: Ein Stammkunde hat vom Augenarzt ein Rezept über Timolol erhalten. Der Augeninnendruck sei erhöht und nun müsse er jeden Tag einen Tropfen ins Auge geben. Ein Blick in die Kundekarte zeigt die Dauermedikation. Der Asthmatiker wird seit Langem mit der Fixkombination aus Formoterol und Budesonid behandelt. Für den Notfall hat er stets ein Salbutamol-haltiges Spray in der Tasche.
Analyse: Timolol-Augentropfen können die Wirkung von Beta-2-Sympatomimetika abschwächen, die Lungenfunktion verschlechtern und zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen wie schweren Bronchospasmen führen. Ursache ist die zum Teil systemische Resorption.
Timolol ist ein nicht-selektiver Betarezeptorblocker, der sowohl Beta-1- als auch Beta-2-Rezeptoren hemmt. Die Blockade in den Bronchien erhöht den Atemwiderstand. Die topische Anwendung am Auge geht mit einer Senkung des Augeninnendrucks einher. Ursache ist die Verminderung der Kammerwasserproduktion. Die Wirkung tritt bereits nach etwa 20 Minuten ein. Die maximale Wirksamkeit ist nach etwa ein bis zwei Stunden erreicht.
Betroffene träufeln in der Regel zweimal täglich einen Tropfen in den Bindehautsack. Im Handel sind verschiedene Wirkstärken – 0,1 Prozent, 0,25 Prozent und 0,5 Prozent. Diese können je nach Schwere der Erhöhung des Augeninnendrucks eingesetzt werden.
Formoterol ist ein langwirksamer selektiver Beta-2-Adrenorezeptor-Agonist (LABA) und kann die glatte Bonchialmuskulatur entspannen und die Atemwege erweitern. Somit ist die Atmung erleichtert. Asthma-Patienten erhalten häufig eine Kombination mit einem Glucocorticoid wie Budesonid zur Inhalation. Die körpereigenen Corticoide werden in der Nebennierenrinde gebildet. Die Hormone und die ihnen nachempfundenen Wirkstoffe binden an intrazelluläre Rezeptoren und wirken entzündungshemmend, antiallergisch und immunsuppressiv. Asthmasymptome und Exazerbationen nehmen ab.
Kommunikation: Der Kunde sollte an den Augenarzt verwiesen werden. Dieser sollte auf einen anderen Wirkstoff zur Senkung des Augeninnendrucks ausweichen.
Therapie: Der Augenarzt kann auf die für Asthmatiker geeigneten Carboanhydrasehemmer Dorzolamid und Brinzolamid ausweichen. Eine weitere Alternative ist das Alpha-2-Sympathomimetikum Brimonidin. Eine gelegentliche Nebenwirkung unter Latanoprost sind Asthma und Dyspnoe. Daher sollte vor der Anwendung von Prostaglandin-Analoga eine Nutzen-Risiko-Abschätzung durch die behandelnden Ärzte erfolgen.
Wer Augentropfen anwendet, sollte nach Einbringen des Tropfens in den Bindehautsack das Auge schließen und sanft für ein bis drei Minuten auf den inneren Augenwinkel drücken. Das Verschließen des Tränenkanals kann das Abfließen der Augentropfen verhindert und die systemische Resorption vermindern.
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