In Berlin hat die Polizei einer Drogenbande das Handwerk gelegt, die offenbar mit erheblichen Mengen Tilidin gehandelt hat. Ein 77-jähriger praktizierender Facharzt habe die Rezepte für das Opioid-Analgetikum ausgestellt haben. Die wiederum haben die Tatverdächtigen alle in einer Apotheke in Neukölln eingelöst. Sowohl die Apotheke als auch die Arztpraxis wurden durchsucht.
Fast 900 Flaschen flüssiges Tilidin dürften es nach Polizeiangaben gewesen sein, die sich die mutmaßlichen Drogenhändler dort besorgt haben: Nachdem sie die Rezepte in der Apotheke einlösten, haben sie die Tilidin-Flaschen laut Polizei für 80 Euro pro Stück weiterverkauft. Rund 70.000 Euro hätten sie so laut vorläufigen Berechnungen erlöst und damit ihren Lebensunterhalt finanziert.
Doch am Mittwoch klickten die Handschellen: Im Auftrag der Staatsanwaltschaft hat die Polizei Durchsuchungsbeschlüsse wegen banden- und gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vollstreckt. An neun Orten führte sie gleichzeitig Razzien durch. Neben den Wohn- und Aufenthaltsanschriften der mutmaßlichen Bandenmitglieder wurden auch die Praxisräume des tatverdächtigen Arztes und die Apotheke in Neukölln durchsucht, aus der das Tilidin stammt. An dem Einsatz waren nach Polizeiangaben neben Ermittlern der Abteilung für Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt Berlin Kräfte einer Einsatzhundertschaft, IT-Fachleute, Finanzermittlerinnen und -ermittler sowie Spezialkräfte der Polizei Berlin und der Bundespolizei beteiligt.
Vier „überwiegend dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnende Tatverdächtige“ im Alter von 29, 31, 34 und 44 Jahren wurden dabei festgenommen. Auf ihre Namen habe der Facharzt die Verordnungen ausgestellt. Ob sich der Verdacht weiterer Tatbeteiligungen ergibt, müsse durch die weiteren Ermittlungen geklärt werden. Die vier Verhafteten wurden noch am Mittwoch einem Ermittlungsrichter zur Verkündung der Haftbefehle vorgeführt. Zugleich sind Arrestbeschlüsse in Höhe über jeweils bis zu 75.000 Euro bei den Tatverdächtigen vollstreckt worden.
Bei den Durchsuchungen würden die Beamten fündig: An den Adressen in den Bezirken Tempelhof-Schöneberg und Neukölln sowie in der Gemeinde Kleinmachnow und in der Stadt Teltow in Brandenburg wurden scharfe Munition, Tilidin und Bargeld gefunden.
Tilidin ist ein Klassiker unter den missbrauchten Arzneimitteln und wird entsprechend häufig illegal beschafft. Es ist eines der am häufigsten vorkommenden Präparate bei Rezeptfälschungen. Vor zwei Jahren wurden in Berlin schon einmal vier Männer verurteilt, die über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren Tilidin-Rezepte gefälscht hatten. Seit 2014 hatten die Brüder Yasin und Olçay A. sowie ihr Komplize Dennis E. in einem Berliner Copyshop Rezepte gedruckt und die Arztunterschriften auf ihnen gefälscht. Damit haben sie einen Schaden von rund 8000 Euro verursacht, bevor sie aufflogen, weil aufmerksame Apotheker Ungereimtheiten gemeldet hatten.
Im gleichen Jahr warnte das Landeskriminalamt Berlin erneut, dass „gut gemachte Fälschungen“ im Umlauf seien. Bei den Fälschungen handelt es sich um Verordnungen über Tilidin Tropfen zu 100 ml. Laut LKA seien vermehrt als gestohlen gemeldete BtM-Rezepte in Berliner Apotheken entdeckt worden. Die Fälschungen seien jedoch an Fehlern zu erkennen gewesen.
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