Gehaltsanhebung

Tariferhöhung: Auch Minijobber profitieren Eugenie Ankowitsch, 07.07.2017 13:18 Uhr

Berlin - 

Rückwirkend zum 1. Juni gibt es 2,5 Prozent mehr Gehalt für Apothekenmitarbeiter. Doch gilt das auch für die Minijobber? Ja, sagt die Apothekengewerkschaft Adexa. Die Jobs seien zwar steuer- und sozialabgabenfrei, die betroffenen Angestellten aber nicht frei von Arbeitnehmerrechten. Das vergisst aber manch ein Apotheker offenbar.

Die Zahl der Minijobber in Deutschland steigt seit Jahren. Gab es 2003 noch etwa 5,6 Millionen Minijobs, waren es nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit im Sommer 2016 schon 7,8 Millionen. Auch in Apotheken arbeiten einige Mitarbeiter auf der sogenannten 450-Euro-Basis. Viele wissen aber nicht, dass sie weitgehend die gleichen Rechte wie ihre festangestellten Teil- und Vollzeitkollegen haben und gleichermaßen von etwaigen Gehaltserhöhungen profitieren.

Laut Adexa gilt die Lohnerhöhung, auf die sich die Gewerkschaft und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) vor Kurzem geeinigt haben, auch für Minijobber. „Grundsätzlich haben geringfügig Beschäftige genau die gleichen Ansprüche wie Teilzeit- und Vollzeit-Kräfte“, sagt Juristin Christiane Eymers.

„Wenn sowohl für den Apotheker als auch für die geringfügig Beschäftigte der Bundesrahmentarifvertrag gilt, muss man bei der Ermittlung der zu leistenden Stunden eigentlich 'rückwärts' rechnen“, erläutert die Juristin. Das bedeutet konkret: Zum Stundenlohn werden zunächst etwaige anteilige Sonderzahlungen addiert. Anschließend wird ausgerechnet, wie viele Stunden gearbeitet werden können, ohne dass die 450-Euro-Grenze überschritten wird.

Beispiel: Bei einer PTA im 8. Berufsjahr steigt das Gehalt von 2251 auf 2307 Euro. Legt man 173 Stunden Monatsarbeitszeit zugrunde, steigt das Stundengehalt von 13,01 Euro auf 13,34 Euro. Für einen Minijob müsste also nur noch 33,7 statt 34,6 Stunden gearbeitet werden. Macht auf das gesamte Jahr gerechnet zehn Stunden Differenz. Dazu kommt, dass bereits heute viele Minijobber mehr arbeiten, als sie eigentlich müssten. Wer beispielsweise 36,5 Stunden pro Monat in der Apotheke steht, arbeitet 33 Stunden im Jahr zu viel – und schenkt seinem Chef quasi einen ganzen Monat.

Eymers kennt das Problem der fehlerhaften Berechnung der Stunden auf Basis des tariflichen Bruttogehalts aus der Rechtsberatung von Apothekenangestellten. „Arbeitnehmerrechte von Minijobbern werden in Apotheken – wie in anderen Branchen auch – ganz oft nicht umgesetzt“, sagt sie.

„Es kommt auch oft vor, dass nur die Stunden bezahlt werden, die tatsächlich gearbeitet werden, ohne dass ein bezahlter Urlaub gewährt oder etwa Lohnfortzahlung bei Krankheit geleistet wird.“ Gerade die Lohnfortzahlung an Feiertagen werde häufig nicht gewährt. Dabei gilt: Wer als Minijobber regelmäßig am Freitag arbeitet, darf für den Karfreitag keine Minusstunden aufgeschrieben bekommen, sondern muss für diesen Tag die normalen Arbeitsstunden vergütet erhalten.

Laut einer Online-Umfrage von Adexa aus dem Jahr 2013 wurden allerdings nur bei 28 Prozent die gesetzlichen beziehungsweise tariflichen Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung erfüllt. Zwar ist die Umfrage, an der sich rund 100 Fachkräfte beteiligt haben, nicht repräsentativ. Doch sie bestätigt die Erfahrungen, die Adexa-Juristen in der Rechtsberatung tagtäglich machen.

Unter dem Strich rät die Apothekengewerkschaft davon ab, Minijobs als Dauererwerbsform auszuüben. „Für eine gewisse Zeit kann eine geringfügige Beschäftigung sinnvoll sein, etwa um nach der Geburt eines Kindes – also in der Elternzeit – Berufstätigkeit und Kinderbetreuung zu vereinbaren“, sagte die Zweite Vorsitzende von Adexa, Tanja Kratt.

„Grundsätzlich können wir allerdings die geringfügige Beschäftigung nicht empfehlen, da entweder keine oder nur unbedeutende Rentenansprüche aufgebaut werden.“ Zwar sieht die Gesetzeslage für Minijobs vor, dass bei Neuverträgen ein Rentenbeitrag vom Minijobber zu zahlen ist. Allerdings können sich die Betroffenen von dieser Verpflichtung befreien lassen, was auch einige tun.

Auch aus Sicht von Eymers eignet sich das Modell lediglich für „bestimmte Lebensphasen“. „Es gibt einige Mitglieder, die das Rentenalter zwar erreicht haben, dann aber auf 450-Euro-Basis noch ein wenig weiterarbeiten“, berichtet sie. Gleichzeitig gebe es auch einige Apothekenangestellte, die bei einer Teilzeitstelle als Hauptbeschäftigung ihr Einkommen mit einem Minijob aufbesserten.

Genau das macht auch eine PTA aus Lübeck. In einem Artikel der „Zeit“ berichtete sie, dass sie neben einer Teilzeitstelle mit 30 Wochenstunden an einem Tag in der Woche in einer Apotheke im Nachbarort auf 450-Euro-Basis aushelfe. Sowohl sie als auch ihr Chef hätten nichts dagegen, wenn sich ihre Stundenzahl erhöhen würde. Doch für die PTA wäre das aus finanzieller Sicht ein deutliches Verlustgeschäft.

In ihrem Hauptjob verdiente die PTA zum Zeitpunkt der Berichterstattung 1272 Euro netto im Monat. Hätte sie ihre Arbeitszeit auf 36 Stunden erhöht, hätte sie 1440 Euro herausbekommen. Sechs zusätzliche Arbeitsstunden pro Woche hätten ihr also 168 Euro mehr im Monat eingebracht. Die Arbeit bei der Apotheke im Nachbarort rentierte sich mehr: Bei einem Stundenlohn von 16 Euro hatte sie ein monatliches Zusatzeinkommen von 384 Euro.