Stimmungsaufheller mit Nebenwirkungen Cynthia Möthrath, 17.04.2018 11:45 Uhr
Hypericum perforatum, das Johanniskraut, ist eine seit vielen Jahren bekannte Heilpflanze. Das genaue Zusammenspiel ihrer Inhaltsstoffe und die damit verbundenen Wirkungen sind jedoch bis heute unklar. Die Laubblätter des Johanniskrauts besitzen besonders viele Öldrüsen und sehen durch diese aus wie durchlöchert – perforiert. Daher auch der Beiname „Perforatum“.
Die Inhaltsstoffe der Pflanze sind sehr vielseitig. Der wichtigste ist das sogenannte Hypericin, der Farbstoff, der dem Johanniskrautöl die typisch rote Färbung gibt, weshalb es auch Rotöl genannt wird. Dieser Inhaltsstoff ist leicht giftig und führte bei Weidetieren zur sogenannten „Heukrankheit“: Nach dem Verzehr und anschließender intensiver Sonneneinstrahlung wiesen vor allem weiße Tiere Hämolyseerscheinungen auf.
Auch bei innerlicher Einnahme von Johanniskrautpräparaten oder der äußerlichen Anwendung des Öls, sollte deshalb übermäßige Sonneneinstrahlung vermieden werden, da es auch beim Menschen zu phototoxischen Reaktionen kommen kann. Hypericin erhöht nämlich die Photosensibilität der Haut extrem. Weitere Inhaltsstoffe sind das Sesquiterpen Spathulenol, verschiedene Flavonoide und Bioflavone sowie der antibiotisch wirkende Stoff Hyperforin. Außerdem müssen für die pharmazeutische Qualität die Grenzwerte für Cadmium und Blei eingehalten werden.
Die äußerliche Anwendung des sogenannten Rotöls eignet sich vor allem bei chronisch entzündlichen Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Schuppenflechte. Hier kommen die antibiotische Wirkung des Hyperforins zum Einsatz und auch die pflegenden Eigenschaften des Öls. Bei Ekzemen und trockener Haut stellt sich schnell eine Besserung ein. Äußerlich wird Rotöl auch zur Haut- und Narbenpflege eingesetzt. Flavonoide und Hyperforin sollen hautpflegende, entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften besitzen. Die im Öl enthaltenen Gerbstoffe sollen zudem adstringierend wirken. Rotöl wird als Haut- und Funktionsöl zur Haut- und Narbenpflege einmassiert und soll das Schießen von wildem Fleisch verhindern. Die Erwärmung des rubinroten Öls auf etwa 40 Grad soll dessen Wirkung verstärken.
Trotz des oben genannten Risikos ist Johanniskrautextrakt sehr beliebt bei leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmungen. Das Hyperforin erhöht die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin, sowie die Gaba- und Dopamin-Konzentration im synaptischen Spalt. Somit hat es eine ähnliche Wirkung wie viele synthetische Antidepressiva. Bei hohen Dosierungen kann es deshalb, genau wie bei den SSRI, zum Serotonin-Syndrom kommen. Dies zeichnet sich durch Schwindel, Grippegefühl oder willkürliches Muskelzucken aus. Wegen dieser Nebenwirkung darf es nicht zeitgleich mit anderen Antidepressiva eingenommen werden. Meist sind diese Nebenwirkungen beim Johanniskraut jedoch leichter ausgeprägt als bei den synthetischen Alternativen.
Beim Einsatz von Johanniskraut ist Vorsicht geboten, denn es sind zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln möglich. Die bekannteste ist wohl die im Zusammenspiel mit der „Pille“. Johanniskraut induziert das Abbauenzym Cytochrom in der Leber. Dadurch steigt die Abbaurate mancher Wirkstoffe, wie zum Beispiel die von Hormonen. Deshalb darf Johanniskraut nicht zusammen mit Hormonpräparaten eingenommen werden, da der Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft unzureichend sein kann. Neben den Hormonpräparaten wirken auch manche Antibiotika nicht ausreichend. Aber auch zusammen mit Immunsuppressiva, Herzglykosiden, Blutdruckmitteln und Antikoagulantien darf Johanniskraut nicht eingenommen werden.
Vor der Anwendung von Johanniskraut muss also zunächst unbedingt die sonstige Medikamenteneinnahme geklärt werden, um gefährliche Wechselwirkungen zu verhindern.