Angeleckte Rezepte, bekleckerte Packungen Cynthia Möthrath, 22.06.2017 12:20 Uhr
Die Arbeit hinter dem HV ist abwechslungsreich und vielseitig. Bei der Beratung geht es manchmal auch um unangenehme Dinge. Für das Apothekenpersonal ist dies aber kein Grund zum Erröten, auch nicht wenn es um den Ausfluss geht oder der Kunde die Konsistenz seines Stuhlganges beschreibt. Professionell und sachlich steht man mit Rat und Tat zur Seite. Augen zu und durch heißt es jedoch, wenn die Grenzen des guten Geschmacks überschritten werden und Ekel aufsteigt. Dabei geht es nicht nur um das, was die Kunden zeigen, sondern auch um das, was sie mitbringen. Eine PTA berichtet.
Ekelfaktor ungepflegte Kunden: Flüchten ist Fehlanzeige – aus Höflichkeit hilft nur: Augen zu, Luft anhalten und durch. Und hierbei meine ich nicht solche, die verschwitzt nach dem Sport in die Apotheke springen, um noch kurz etwas zu holen. Ich spreche von Kunden, die regelmäßig ungepflegt zu uns kommen. Kurz nachdem sie an den HV getreten sind, schwebt eine undefinierbare Duftwolke herüber. Essens- oder Körpergerüche paaren sich mit ungepflegten und dreckigen Nägeln. Der Atem stockt kurz und dann wird lächelnd weiter bedient, auch wenn Kollegen oder andere Kunden kritisch herüber schauen und die Nase rümpfen. Hat der Kunde die Offizin verlassen, werden erst einmal die Türen weit geöffnet und diverse Düfte versprüht.
Ekelfaktor Rezept: Rezepte sind auch eine beliebte Ekel-Quelle, wenn sich undefinierbare Flecken auf ihnen befinden. Manchmal möchte man vielleicht lieber nicht wissen, woher sie stammen. Manchmal ist das Papier so zerknittert, dass es partout nicht in den Druck will. Sehr beliebt bei Kunden ist auch das vorherige „Anlecken“ der Rezepte, bevor sie der PTA gereicht werden. Manchmal wird auch zuvor in die überreichende Hand gehustet. Ist der Kunde weg, wird erstmal der Tresen mit ausreichend Sterillium übergossen und die Hände desinfiziert.
Ekelfaktor benutzte Verpackungen: Benutze Verpackungen sind beliebte Spickzettel und werden vom Kunden mitgebracht. Leere Miniklistiere, benutzte Hämorrhoidensalbentuben (mit Aufsatz!!) oder die verschmierte Clotrimazol-Tube werden da schon mal mit der Bitte um Entsorgung herübergereicht. In solchen Momenten versucht man am besten, das Kopfkino auszuschalten. Aber manchmal fragt man sich kurz, ob der Auftritt wirklich ernst gemeint ist.
Ekelfaktor Hilfsmittel: Ist die Batterie leer, werden Hörgeräte oder Blutzuckermessgeräte in die Apotheke gebracht, um vor Ort die Batterien austauschen zu lassen. In einigen Fällen klebt noch das Blut von den letzten Messungen an den Geräten oder der Teststreifen steckt noch drin. Hier hilft nur: Handschuhe und Desinfektionsmittel raus. Auch kaputte Kompressionsstrümpfe landen gerne auf dem Tresen. Schließlich muss das Loch ja auch gezeigt werden. Beliebte Mitbringsel sind auch Interdentalbürsten, Zungenreiniger, Katheter und Urinbeutel.
Schlimmer geht immer – manche Kunden bringen nicht nur die Verpackungen mit, sondern zeigen einem gleich das Wehwehchen. Im günstigsten Fall handelt es sich nur um einen Kratzer oder einen leichten Ausschlag. Im ungünstigsten Fall werden Schuhe und Socken ausgezogen und Fußnägel gezeigt. „Meinen Sie, das könnte ein Pilz sein?“ Auch Haarproben mit Läusen von der Tochter oder die herausgezogene Zecke von Bello können da mal auf dem HV landen.
Aus Höflichkeit bleiben wir meistens professionell und freundlich – der Kunde ist schließlich König. Aber wie viel Gefasstheit muss sein? Die Grenze ist nur sehr schmal und es ist Feingefühl gefragt, um dem Kunden höflich zu verstehen zu geben, dass er doch bitte beim nächsten Mal einfach einen Zettel mit dem Namen des Präparates mitbringt. Und wenn er schon seine Beschwerden zeigen muss, ein Foto macht.
Wie handhabt ihr das in Eurer Apotheke? Und was sagt Euer Chef zu solchen Situationen? Dürft Ihr Euren Ekel äußern oder müsst Ihr in jedem Fall standhaft bleiben und die Zähne zusammenbeißen? Was sind Eure schlimmsten Ekelgeschichten? Gerne per Mail an [email protected]. Oder via Facebook.