Der digitale Impfpass soll bis Ende Juni kommen. Doch der Zeitplan ist sportlich: Erst im März hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) via Dringlichkeitsvergabe den Auftrag für die Impfpass-App und den zugehörigen digitalen Unterbau an IBM vergeben – und mindestens drei Monate Entwicklungszeit veranschlagt. Was hingegen schon konkrete Formen annimmt, sind die Vorgaben an Prüfung, Beratung und Dokumentation in der Apotheke.
Noch im Juni müssen Apotheken das nächste technische Tool beherrschen: Die Übermittlung von Impfdaten an das Robert-Koch-Institut (RKI). Denn laut einer aktuellen Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wird das RKI das digitale Impfzertifikat technisch generieren und dazu personenbezogene Daten verarbeiten. Die kommen entweder von den Ärzten selbst direkt nach der Impfung oder aber aus der Apotheke. Wenn eine geimpfte Person ihren gelben Ausweis vorlegt, dürfen demnach sowohl Apotheker:innen als auch deren „berufsmäßige Gehilfen“ – also PTA und PKA – die Daten auf ihre Echtheit überprüfen und sie dann an das RKI melden. Allerdings müssen alle Mitarbeiter:innen entsprechend in die „formellen Anforderungen an die Impfdokumentation“ eingewiesen sein.
Die Anforderungen an die Inhalte kann die Bundesregierung nicht selbstständig festlegen – sie kommen aus Brüssel. Mit der EU-Verordnung „Digitales Grünes Zertifikat“ solle dem vorgesehenen Wahlrecht der Geimpften Rechnung getragen werden, ob sie das Impfzertifikat in elektronischer Form als QR-Code oder als Ausdruck oder aber im gelben Impfpass verwenden wollen.
Trotzdem oder gerade deswegen kommt mit der Ausstellung auf Apotheker:innen und PTA eine neue Beratungsaufgabe zu: Die geimpfte Person muss im ersten Schritt anhand ihres Personalausweises oder eines vergleichbaren Ausweisdokuments identifiziert werden. Doch nicht nur die Person ist wichtig, sondern auch der Ort der Impfung: „Die Ausstellung eines Impfzertifikates in der Regel nur dann erfolgen, wenn die Schutzimpfung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 in räumlicher Nähe erfolgt ist.“ Gemeint ist die gleiche Gemeinde, der gleiche Landkreis oder umliegende Gemeinden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Form der Nachweise oder die ausstellenden Leistungserbringer bekannt sind. Allerdings könne davon im Einzelfall abgewichen werden, wenn etwa die Ausstellung aus beruflichen Gründen oder bei Wohnsitzwechsel nicht am Ort der Impfung erfolgen kann.
Danach müssen Apotheker:innen oder PTA sie über die Konsequenzen der Vorlage einer unrichtigen Imfpdokumentation belehren: Bis zu zwei Jahre Haft sollen ihnen drohen, wenn sie vorsätzlich falsche Angaben machen. Das gilt auch für Apothekenmitarbeiter:innen, die sich daran beteiligen. Demnach muss das auch gar nicht abschließend nachgewiesen werden: „Die Ausstellung ist hingegen zu verweigern, wenn der Verdacht besteht, dass die geimpfte Person eine unechte oder gefälschte Impfdokumentation vorgelegt hat.“ Das soll strikt gehandhabt werden, da der Verlässlichkeit der Impfzertifikate eine zentrale Bedeutung für die Überwindung der Corona-Pandemie zukomme: „Der Verkehr von gefälschten Dokumenten kann dabei das Ziel der Überwindung der Corona-Pandemie gefährden und zugleich zu einer erheblichen Gefährdung von Personen führen, die auf das Bestehen zutreffenden Nachweises bei Dritten vertrauen.“
Aufgrund der „besonderen Bedeutung der Integrität“ des Zertifikats sei es deshalb gerechtfertigt, schon den reinen Versuch einer Fälschung der Strafbarkeit zu unterstellen. Und natürlich gilt wie bei fast allem: „Die Durchführung der Überprüfung, die ordnungsgemäße Belehrung und die Ausstellung des Impfzertifikates ist zu dokumentieren.“
Wie das Interface zur Übersendung der Daten an das RKI aussehen und funktionieren wird, ist noch nicht bekannt. Das BMG hat Anfang März den Auftrag – unter anderem zum Aufbau des Systems, der Festlegung der Schnittstellen, der Entwicklung von App inklusive Frontend und Backend sowie der Benutzerdokumentation – für 2,7 Millionen Euro an IBM vergeben. Eine ordnungsgemäße Ausschreibung gab es aufgrund des Zeitdrucks nicht: „Durch die kurzfristige europäische Einigung und den damit verbundenen europäischen Systemzwang muss die digitale Impfbescheinigung in Deutschland schnellstmöglich umgesetzt werden, da eine deutsche Insellösung der vereinbarten Interoperabilität entgegenstehen würde“, hieß es in der Vergabe. Und der Zeitplan bleibt sportlich: Mindestens 12 Wochen hat das BMG für die Entwicklung veranschlagt –die technische Infrastruktur steht also im Juni nur, wenn alles glattläuft.
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