Simvastatin/Itraconazol: Muskelauflösung droht Nadine Tröbitscher, 15.12.2016 09:04 Uhr
Simvastatin und Atorvastatin gehören zu den am häufigsten verordneten Arzneistoffen bei Fettstoffwechselstörungen. Wird Simvastatin mit anderen Wirkstoffen, die über das Cytochrom-P450 3A4 verstoffwechselt werden, kombiniert, ist Vorsicht geboten. Die Kombination mit Itraconazol ist kontraindiziert.
Fall: Ein Kunde kommt mit einem Rezept über Itraconazol vom Hautarzt. Bereits im letzten Sommer ist der Nagel erkrankt; keines der topischen Präparate konnte zu einer vollständigen Abheilung führen: Egal ob ein Lack für einmal am Tag oder einmal die Woche – alle waren sie nahezu wirkungslos. Da der Pilz jetzt bis ans Nagelbett vorgedrungen ist, ist die systemische Therapie unerlässlich. Der Leidensdruck des Kunden und die Hoffnungen in die Tabletten sind groß.
Der Arzt sieht für die Behandlung des Fußnagels eine Intervallbehandlung vor. Die Tabletten zu 200 mg werden zweimal täglich über sieben Tage eingenommen. Im Anschluss folgt eine Pause über drei Wochen. Insgesamt sind drei Zyklen für die Behandlung notwendig. Leber- und Nierenwerte wurden vorab überprüft und sollen während der Therapie weiter kontrolliert werden.
Der Mann erhält als Dauermedikation den Cholesterinsenker Simvastatin. Jeden Abend nimmt er eine Tablette zu 20 mg ein, um seine Fettstoffwechselstörung zu behandeln. Die Werte haben sich über den Zeitraum der Therapie bereits verbessert.
Analyse: Simvastatin ist ein Cholesterinsenker aus der Gruppe der Statine. Der Wirkstoff hemmt die HMG-CoA-Reduktase und senkt somit die Cholesterinsynthese. Zusätzlich steigt die Anzahl an LDL-Rezeptoren auf der Oberfläche der Leberzellen. Die Aufnahme an LDL in die Leber wird gesteigert und die Konzentration im Blut sinkt. Das bedeutet eine verminderte Produktion und einen verstärkten Abbau von LDL.
Der Wirkstoff wird zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen und zur Prophylaxe von kardiovaskulären Ereignissen eingesetzt. Die Einnahme erfolgt einmal täglich am Abend, begleitet von einer cholesterinsenkenden Diät und einer Gewichtsreduktion. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Kopf- und Bauchschmerzen sowie Muskelerkrankungen und Muskelauflösungen.
Itraconazol ist ein Triazol-Antimykotikum mit systemischer Wirkung. Die Kapseln werden je nach Indikation ein- oder zweimal täglich nach einer vollen Mahlzeit eingenommen. Der Wirkstoff hemmt die Ergosterol-Synthese der Pilzzellen und wirkt dadurch antimykotisch. Ergosterol ist ein lebenswichtiger Bestandteil der Zellmembran von Pilzen. Itraconazol geht aufgrund der Hemmung von CYP 3A4 viele Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ein. Die häufigsten Nebenwirkungen können Kopfschmerzen, Hautausschläge, Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen oder Flatulenzen sein.
Simvastatin wird über CYP 3A4 verstoffwechselt. Itraconazol ist ein starker Inhibitor des Enzyms und hemmt den Abbau von Metaboliten des Cholesterinsenkers. In der Folge werden die Nebenwirkungen des Arzneistoffes verstärkt. Das Risiko einer Myopathie und Rhabdomyolyse, einer Auflösung der quergestreiften Muskelfasern, ist signifikant erhöht. Die gleichzeitige Gabe von Simvastatin und Itraconazol ist kontraindiziert.
Kommunikation: Simvastatin wird in der Leber unter anderem in den aktiven Metaboliten Betahydroxysäure hydrolysiert. Bei gleichzeitiger Gabe von Itraconazol ist eine zehnfache Erhöhung der Simvastatin-Säure zu erwarten, die eine Verstärkung der Nebenwirkungen mit sich führen kann. Der Patient sollte unbedingt mit dem Arzt Rücksprache halten, von einer Belieferung des Rezeptes ist abzuraten.
Therapie: Ist eine Behandlung mit Itraconazol unerlässlich, sollte das Simvastatin über den Behandlungszeitraum mit dem Antimykotikum ausgesetzt werden. Kann das Triazol ausgetauscht werden, ist Fluconazol geeignet. Fälle einer Rhabdomyelose wurde bei dieser Kombination nur selten berichtet.
Fluconazol hemmt als Triazolderivat die Ergsterol-Synthese und führt zu Membrandefekten der Pilzzellen. Der Wirkstoff ist je nach Dosis fungistatisch oder fungizid und besitzt ein breites Wirkspektrum. Die Kapseln werden einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Die Dauer der Anwendung ist von der Indikation abhängig. Das Antimykotikum ist ein starker CYP 2C9-Inhibitor und hemmt CYP 3A4 nur schwach.
Der Kunde sollte zusätzlich auf eine gute Hygiene achten. Zum Abtrocknen der Füße eignet sich ein Küchenkrepp, das nach der einmaligen Nutzung weggeworfen werden kann. Möchte der Mann nicht auf sein Handtuch zum Abtrocknen der Füße verzichten, sollte dieses nach jedem Abtrocknen bei 60 bis 90 Grad gewaschen werden. Bei geringeren Temperaturen ist ein Hygienespüler zuzusetzen, um die Sporen abzutöten. Gleiches gilt für den Waschvorgang der Socken. Die Schuhe sind regelmäßig zu desinfizieren.
Der Mann sollte luft- und schweißdurchlässige Baumwollsocken und bequemes Schuhwerk tragen. Die Nägel sollten möglichst kurz gehalten werden und zur Pediküre Einmalfeilen Verwendung finden. Ein zusätzliche lokale Behandlung mit einem antimykotischen Lack kann laut Leitlinie eine Erhöhung der Heilungsquote bedingen.