Klinikapotheke sucht Nachwuchs per Video

Sexy Klamotten, Zytos und mehr

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Berlin -

Nicht nur öffentliche Apotheken haben mit Fachkräftemangel zu kämpfen – auch die Klinikapotheke des Rheinland Klinikums Dormagen sucht Verstärkung. Dafür haben sich Apothekenleiterin Dr. Julia Potschadel und ihr Team etwas Besonderes einfallen lassen: Im Zuge einer Imagekampagne des Klinikums drehen sie kurze Erklärvideos, die Einblicke in den Alltag einer Klinikapotheke geben und gleichzeitig den pharmazeutischen Nachwuchs anlocken sollen.

Vor etwa einem halben Jahr gab es eine große Fusion: Das Rheinland Klinikum Neuss hat mit zwei Apotheken in Dormagen und Neuss mittlerweile gut 1200 Betten zu versorgen. „Deshalb haben wir immer Fachkräftebedarf“, erklärt Potschadel, die seit April 2018 die Klinikapotheke in Dormagen leitet. „Das Thema Nachwuchsmangel ist auch hier ein großes Thema.“ Im Zuge der aktuellen Imagekampagne des Klinikums werden von den verschiedenen Abteilungen kurze Videos veröffentlicht – auch die Apotheke ist dabei. „Wir versuchen, uns dabei nicht ganz so ernst zu nehmen“, meint Potschadel.

Ein bis zwei Videos wöchentlich sollen online gehen, zwei sind bereits in den sozialen Medien zu sehen und sorgen für amüsierte Reaktionen. Die Ideen für die Videos stammen aus dem Team selbst. „Unser Ziel ist es, authentisch, aber auf eine lustige Art und Weise den Alltag in der Klinikapotheke darzustellen“, erklärt die Apothekerin. Bei der Umsetzung habe man sich vor allem an aktuellen Trends aus dem Internet orientiert.

So werden unter anderem ein Jump-Umzieh-Video mit der Reinraumkleidung, ein Freeze-Video mit verschiedenen Alltagsszenen oder eine Tubenabfüllung folgen. Acht Videos sind laut Potschadel derzeit in der Planung, bis zu zehn könnten es also insgesamt werden. Alle Videos werden in der Freizeit gedreht, nach anfänglicher Skepsis – insbesondere bei der älteren Generation – nehmen aufgrund der positiven Resonanz nun fast alle Mitarbeiter an den Drehs teil. „Das steckt ein bisschen an“, lacht Potschadel.

Die Arbeit in der Klinikapotheke unterscheide sich fast gänzlich von der in einer öffentlichen Apotheke. „Das ist ein völlig anderes Arbeiten“, erklärt die Apothekerin. „Wir haben natürlich unter anderem wesentlich weniger Publikumsverkehr.“ Dafür spiele die telefonische Beratung eine größere Rolle. Die Bedeutung der Klinikapotheke verschiebe sich mehr und mehr: „Wir sind nicht mehr nur die, die die Wannen bringen“, erklärt Potschadel. Zu den Aufgaben in der Klinikapotheke zählen beispielsweise das Packen der Ware und die Begehung der verschiedenen Stationen, Rücksprache mit Pflegepersonal und Ärzten, die Herstellung von Rezepturen und Defekturen sowie die Zubereitung von Zytostatika und Lösungen für Schmerzpumpen im aseptischen Bereich. „Vor allem Defekturen spielen bei uns noch eine große Rolle“, erklärt Potschadel. Zu den regelmäßigen Herstellungen zählen beispielsweise ein Ethacridinlactat-Gel, Kapseln oder verschiedene Mundspüllösungen für die Onkologie.

Vor allem die Suche nach PKA und PTA sei schwierig, erklärt Potschadel. Dabei sei die Arbeit im Klinikum sehr abwechslungsreich. Je nach Vorlieben und Stärken könnten Mitarbeiter auch nur in einzelnen Bereichen eingesetzt werden. „Allrounder sind uns natürlich dennoch am liebsten.“ Derzeit gibt es keinen Schichtbetrieb in der Klinikapotheke, Wochenenddienste seien der Ausnahmefall. Lediglich die Apotheker haben am Wochenende und nachts einen Bereitschaftsdienst für das Klinikum. Die in der öffentlichen Apotheke häufig kritisierten fehlenden Aufstiegschancen sind im Klinikum ebenfalls besser: Zwar gebe es keine leitenden Positionen als PTA, jedoch könne man auch in verschiedene andere Bereiche wie das Controlling oder die Finanzbuchhaltung wechseln. Bei der Bezahlung kann die Klinikapotheke ebenfalls punkten: „Das Gehalt in der Klinikapotheke liegt deutlich über dem in der öffentlichen Apotheke“, erklärt Potschadel. „Je nach Arbeitsbereich und Belastung wird die Arbeit höher bezahlt.“ Für die Herstellung von Zytostatika gibt es beispielsweise einen Zuschlag.

Für die Einarbeitung im Zytostatika-Bereich sei gut ein halbes Jahr notwendig. Damit die Abläufe reibungslos funktionieren, sei ein eingespieltes Team notwendig. Es sei jedoch schwer, PTA für diesen Bereich zu finden, da „das böse Wort Zytostatika“ häufig mit Angst verbunden sei. „Für viele ist das ein Buch mit sieben Siegeln“, sagt Potschadel. Dabei seien die Sicherheitswerkbänke erst letztes Jahr modernisiert worden und die Anforderungen fast so hoch wie in der Industrie. Die Prozesse seien daher sehr gut überwacht, sodass das Gefährungsrisiko minimiert sei.

Spezielle Voraussetzungen müsse man als PTA nicht mitbringen – lediglich Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein werde erwartet. „Alles andere können wir beibringen“, meint Potschadel. Unter PTA herrscht häufig das Vorurteil, nur über Beziehungen in die Klinikapotheke zu kommen – doch Potschadel verneint: „Wer sich berufen fühlt, ist hier herzlich willkommen.“ Vor allem für PTA, denen der Kundenkontakt zu viel sei, stelle die Klinikapotheke eine spannende Alternative dar. „Hier werden die Abläufe nicht ständig unterbrochen und man kann alles in Ruhe abarbeiten – natürlich muss es auch mal schnell gehen.“

Leider gibt es jedoch nicht nur Unterschiede zwischen der öffentlichen Apotheke und der Klinikapotheke: „Wir haben genauso mit den Lieferengpässen zu kämpfen“, meint Potschadel. Auch das Securpharm-System stelle die Apotheke häufig vor Herausforderungen: „Bei uns kommt die Ware zum Teil palettenweise an und muss einzeln gescannt werden.“ Das Sortiment in einer Klinikapotheke sei jedoch anders zusammengesetzt – denn Rabattverträge spielen im Klinikum keine Rolle. „Mit Rezepten haben wir kaum zu tun.“

Welche Hersteller, Stärken und Packungsgrößen vorrätig gehalten werden, obliegt der Klinikapothekenleitung. „Bei uns kommen hauptsächlich rezeptpflichtige Arzneimittel vor“, sagt Potschadel. Natürlich seien auch immer alltägliche Medikamente wie Erkältungsmittel vorrätig, jedoch nicht in der Menge und Auswahl, wie in einer öffentlichen Apotheke. Homöopathie und Aromatherapie spielen im Kreißsaal oder der Palliativstation ebenfalls eine Rolle.

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