Schulungen

„PTA können mehrere Berufe ausüben“ Carolin Bauer, 11.01.2016 09:08 Uhr

Berlin - 

Die Arbeit in der Apotheke ist für Angestellte unter Karriereaspekten eine Sackgasse. Anja Reichelt ist seit 29 Jahren PTA. Zusätzlich zu ihrer Tätigkeit in der Offizin arbeitet sie in ganz anderer Funktion in Apotheken: Als freie Trainerin schult sie Approbierte und Kolleginnen im Auftrag der Industrie.

Für Reichelt gab es nach der Schule nur einen Berufswunsch: PTA. „Apotheke fand ich schon immer toll“, sagt sie. Rezeptur und der Umgang mit Kunden seien spannende Tätigkeitsfelder. Ihre Mutter ist ebenfalls PTA, weshalb sie als Kind viel Zeit in der Offizin verbrachte. Außerdem sei der Alltag sehr abwechslungsreich.

Nach ihrer Ausbildung in Stuttgart wechselte Reichelt an die Uni. Anders als viele Schulfreunde entschloss sie sich statt für Pharmazie für Ernährungswissenschaften. Während des Studiums habe sie weiter als PTA gearbeitet. „Dadurch konnte ich die Ausbildung finanzieren“, sagt die 47-Jährige. Danach fing sie wieder in einer öffentlichen Apotheke an. „Wenn man eine eigene Praxis eröffnen will, braucht man einen reichen Mann“, scherzt sie. In der Offizin seien Kunden nicht bereit, für eine intensivere Beratung zu bezahlen.

Per Zufall hörte sie vor mehr als zehn Jahren, dass Beiersdorf für Eucerin Promoter suchte. Reichelt bewarb sich bei der niedersächsischen Agentur Apomaxx. Im Anschluss war sie drei Jahre für verschiedene Hersteller in der Endverbraucher-Ansprache tätig. In den 1990er Jahren waren Trainings in Apotheken noch eine Nische.

Nach drei Jahren als Promoterin wurde Reichelt gefragt, ob sie Apothekenmitarbeitern den Einsatz von Vitamin E erklären will. Die PTA willigte ein und begann ihre Trainerkarriere. Später lernte sie Julie Strobach kennen, die ebenfalls gelernte PTA ist. Als Strobach sich 2007 mit Extravert selbstständig machte, wechselte Reichelt zur Berliner Agentur.

Pro Jahr bietet Extravert rund 15.000 Schulungen sowie weitere Maßnahmen an. Insgesamt gibt es 450 freie Referenten. Davon sind 266 PTA, der Rest mehrheitlich Apotheker und Pharmazieingenieure. Außerdem gehören zum Pool Kosmetiker, Heilpraktiker und Mediziner. Reichelt erhielt wie jeder neue Trainer ein Grundlagenseminar. Außerdem absolvierte sie privat eine NLP-Ausbildung – Neurolinguistisches Programmieren – und schärfte dadurch ihr Können.

Die Arbeit als Trainerin sei selbstbestimmt, sagt Reichelt. Die Termine in den Apotheken mache sie selbst aus. Derzeit habe sie zwei Projekte. Im Auftrag von Merck informiert sie Mitarbeiter über Vitamin D3. Außerdem ist sie für Norgine und das Abführmittel Movicol unterwegs. Je nach Auftrag bleibe sie zwischen zehn Minuten und drei Stunden in der Apotheke. Im Dezember sei die Frequenz wegen Weihnachten und im Sommer wegen der Ferien erfahrungsgemäß eher niedrig.

Nebenbei arbeitet sie noch 18 Stunden pro Woche in einer Maxmo-Apotheke in Düsseldorf. Die Praxis sei wichtig. Reichelt gefällt der Wechsel: Dadurch bleibe man nah am Apothekenalltag und verstehe die Kollegen, die geschult würden. „PTA können parallel mehrere Berufe ausüben“, sagt sie. Denn in der Apotheke sei sowohl beim Honorar als auch bei der Weiterbildung irgendwann ein Schlusspunkt erreicht.

Am Trainerberuf interessierte PTA sollten mindestens drei Jahre in einer Apotheke gearbeitet haben, rät sie. Zukünftige Trainerinnen müssten außerdem neugierig, lernwillig und selbstbewusst sein. „Man muss Spaß am Umgang mit Menschen haben und keine Angst, vor einer Gruppe zu sprechen.“ Theaterspielen helfe, diese Eigenschaften zu fördern.

Heute bieten alle großen OTC-Hersteller eigene Schulungen an und schicken Dienstleister in Apotheken. Weitere Anbieter von Trainings sind die Kölner Agentur „face to face“, das Hamburger Unternehmen Redline oder Materne Training aus München.