Richtig beraten zum Plätzchenbacken Alexandra Negt, 13.12.2020 09:27 Uhr
Plätzchen, Lebkuchen und Spekulatius gehören einfach zur Weihnachtszeit dazu. Hierfür kommen auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Kunden in die Apotheke und verlangen Substanzen wie Hirschhornsalz, Pottasche oder Bittermandeln. Doch bei einigen Substanzen sollten den Kunden ein paar Hinweise mitgegeben werden.
Hirschhornsalz:
Hinter diesem Trivialnamen verbirgt sich Ammoniumhydrogencarbonat. Veganer können aufatmen – heute wird die Substanz chemisch hergestellt, kein Tier muss mehr seine Hörner hierfür lassen. Denn tatsächlich wurde Hirschhornsalz ursprünglich aus Horn und Klauen von Tieren gewonnen. Die Zutat eignet sich vor allem für würzige, flache Lebkuchen. Bei unmittelbarem Verzehr ist Hirschhornsalz gesundheitsschädlich. Beim Erhitzen im Ofen wird das Ammoniak jedoch weitgehend ausgetrieben. Bei Temperaturen von mehr als 60 Grad zerfällt die Ausgangssubstanz in Kohlendioxid, Wasserdampf und Ammoniak. Die entstehenden Gase lockern den Teig auf. Dementsprechend sollte nur flaches Gebäck mit Hirschhornsalz versetzt werden.
Dennoch plädieren viele für den Verzicht auf Hirschhornsalz. Im Gegensatz zum Backpulver enthält die Substanz keine sauren Anteile. Die Lagerung sollte kühl und trocken und getrennt von anderen Backhilfsmitteln erfolgen. Beim Backen mit der Substanz nimmt nämlich der Acrylamid-Gehalt im Gebäck zu. Acrylamid ist in vielen Lebensmitteln enthalten, die stark erhitzt wurden. Sie erhöht potenziell das Krebsrisiko.
Pottasche:
Bei Pottasche handelt es sich um Kaliumcarbonat. Das Kaliumsalz der Kohlensäure wird als Triebmittel für Teige mit hohem Zuckergehalt, wie beispielsweise Lebkuchen, eingesetzt. Die Lagerung des Pulvers sollte kühl und trocken erfolgen. Pottasche lässt den Teig eher in die Breite als in die Höhe treiben. Zwischen den einzelnen Lebkuchen oder Printen sollte also auf dem Backblech immer genug Abstand vorhanden sein.
Bittermandeln
Bittermandeln werden zur Herstellung von Christstollen verwendet. Doch beim Backen kommt heute oftmals Bittermandelaroma zum Einsatz. Das liegt daran, dass die Kerne giftige Stoffe enthalten. Bittermandeln enthalten bis zu 5 Prozent Amygdalin. Hierbei handelt es sich um ein cyanogenes Glykosid, welches während des Verdauungsprozesses hochgiftige Blausäure (HCN) abspaltet. Dieser Stoff ist in der Lage, die Lipidmembranen zu passieren. Intrazellulär bindet Blausäure am zentralen Eisen(III)-Ion eines Cofaktors der Cytochrom-c-Oxidase in der Atmungskette der Mitochondrien. Blausäure weist im Vergleich mit Sauerstoff eine höhere Bindungsaffinität auf – in der Folge wird die Atmungskette blockiert.
Die Therapie muss schnell erfolgen. Als Antidot eignet sich beispielsweist Natriumthiosulfat. Dieser Stoff zielt darauf ab, das Cyanid in ungefährlicheres Thiocyanat umzuwandeln. Dieser Stoff kann die Atmungskette nicht mehr blockieren. Je nach Körpergewicht können bei Kindern bereits fünf Bittermandeln zu einer Blausäurevergiftung führen. Eine Zyanidintoxikation geht mit starken Krämpfen, Erbrechen und Bewusstlosigkeit einher. Die Atemluft des Betroffenen riecht charakteristisch nach Bittermandel.
Vor der Abgabe sollten Warnhinweise angebracht werden: „Nur zum Kochen und Backen verwenden“, „Für Kinder unzugänglich aufbewahren”, „Nicht zum Rohverzehr geeignet“. Alternativen wie Aprikosenkerne, die einen ähnlichen Geschmack im Gebäck aufweisen eignen sich nur bedingt. Bittere Aprikosenkerne wiesen in verschiedenen Test ähnlich hohe Amygdalin-Werte auf, wie Bittermandeln. Die Abgabemenge ist laut Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) auf 10 bis 20 g zu beschränken.