Rezepturtipp: Erythromycin Alexandra Negt, 24.07.2020 09:52 Uhr
Erythromycin wird häufig in Dermatika in Kombination mit anderen Wirkstoffen verarbeitet. Wird das Antibiotikum mit einem Glucocorticoid, einem Antimykotikum oder einer sauer konservierten Grundlage kombiniert, kann der Wirkstoffgehalt in der Zubereitung in kürzester Zeit rapide absinken. Erythromycin ist stark pH-abhängig und sollte daher nur einzeln, am besten nach standardisierten Vorschriften, verarbeitet werden.
pH-Optimum
Erythromycin hat einen relativ engen pH-Bereich, indem es optimal wirkt. Das Stabilitäts- und Wirkoptimum liegt bei pH 8 bis 8,5. Erythromycin selbst reagiert basisch, sodass Zubereitungen auf Grundlage von Basiscreme DAC pH-Werte von über 10 erreichen können, je nach eingesetzter Wirkstoffmenge. Da die Grundlage weder Puffersubstanzen noch sauer reagierende Bestandteile enthält wird Citronensäure zur pH-Korrektur hinzugefügt. So lässt sich der pH auf Werte zwischen 8 und 8,5 senken.
Die Citronensäure sollte nicht parallel mit Erythromycin eingewogen werden. Es empfiehlt sich, die Citronensäure-Lösung immer frisch herzustellen und am Ende der Herstellung einzuarbeiten. Der pH-Wert sollte optimaler Weise mit einem pH-Meter überprüft werden. Die Prüfung mittels Teststäbchen ist für halbfeste Zubereitung nur bedingt geeignet. Bei zu niedrigem oder hohem pH darf die Rezeptur nicht abgegeben werden. Erythromycin unterliegt im sauren Milieu rascher Zersetzung. Je nach pH-Wert kann der Großteil des Wirkstoffes sich innerhalb von zwei Tagen zersetzen.
Die Einstellung des pH-Optimums mit Hilfe von Citronensäure-Lösung stabilisiert nur den gelösten Anteil an Erythromycin. Gleichzeitig erhöht sich die Salzbildung – die Stabilität der Gesamtzubereitung wird demnach kaum verbessert. Suspendiertes, also in Cremestruktur gebundenes Erythromycin, zersetzt sich langsamer als frei in der Wasserphase gelöster Wirkstoff.
Löslichkeit
Erythromycin ist schlecht löslich in Wasser, in Mittelkettigen Triglyceriden ist der Wirkstoff wenig löslich und in Propylenglycol löst er sich zu etwas 5 Prozent. Erythromycin sollte niemals direkt mit der Grundlage angerieben werden.
Agglomeratbildung
Erythromycin neigt zur Klümpchenbildung, dementsprechend muss die Anreibung des Wirkstoffes sorgfältig erfolgen. Das Anreiben sollte, je nach verwendeter Grundlage, mit mittelkettigen Triglyceriden (MCT) oder wasserfreiem Glycerol erfolgen. Es muss mit genau der vorgegebenen Menge Flüssigkeit angerieben werden, meist im Verhältnis 1:1. Wird zu wenig Anreibemittel verewndet, so kann es besonders bei höheren Wirkstoffkonzentrationen zur Agglomeratbildung kommen. Diese Verklumpungen lassen sich im Nachhinein nicht mehr mit Hilfe des Pistills homogenisieren. Beim langen Rühren per Hand steigt der Anteil der eingearbeiteten Luft, diese macht die Creme mikrobiell anfälliger. Auf ein nachträgliches Rühren im automatischen Rührsystem sollte verzichtet werden. Das Mischen mit hohen Umdrehungszahlen erwärmt die Zubereitung unnötig, zudem kann es zur Verflüssigung der Rezeptur kommen.
Gängige Grundlagen – Kombination mit anderen Wirkstoffen
Erythromycin und Nichtionische hydrophile Creme SR DAC:
Es besteht eine Inkompatibilität von Wirkstoff und Konersvierungsmittel. Die Grundlage ist mit Sorbinsäure konserviert. In Abhängigkeit von der Erythromycin-Konzentration resultiert ein pH-Wert, der entweder die Wirkstoffzersetzung beschleunigt oder die Konservierung beeinträchtigt, sodass sich eine Haltbarkeit von maximal einer Woche ergibt. Die Grundlage sollte ausgetauscht werden. Geeignet ist die bei den standardisiertern NRF-Rezepturen verwendete verdünnte Basiscreme DAC.
Weitere Modifikationsmöglichkeit:
Alternativ kann die nichtionische hydrophile Creme SR DAC frisch hergestellt werden und anstelle mit Kaliumsorbat und Citronensäure mit Propylenglycol konserviert werden. Hier gilt: Die Menge an Propylenglycol entspricht 20 Prozent der Wasserphase. Bei Beispielsweise 100 g Wasser müssen 20 Gramm Propylenglykol eingearbeitet werden. Als Anreibemittel für Eryhthromycin wird 2-Ethylhexyllaurat verwendet. Das Anreiben mit Polysorbat 20 (Tween) ist bei Grundlagen wie Linola empfehlenswert. Hier hat der Hersteller die Plausibilität und Stabilität bereits geprüft und stellt Dokumente bereit.
Kombination mit Gluccocorticoiden bei Superinfektionen
Auf eine Kombination mit weiteren Wirkstoffen sollte verzichtet werden. Das NRF liefert eine standartisierte Vorschrift für die Kombination von Erythromycin und Metronidazol. Auf die gemeinsame Verarbeitung des Antibiotikums mit Externsteroiden sollte aufgrund der unterschiedlichen pH-Bereiche verzichtet werden. Soll dennoch eine Zubereitung mit beiden Wirkstoffen hergestellt werden, so muss auf die stabileren Formen der jeweiligen Cortisone zurückgegriffen werden. So sollte Betamethasonvalerat beispielsweise durch Betamethasondipropionat ausgetauscht werden. Da die Wirkstoffe unterschiedlich stark wirken, muss der Arzt die Dosierung anpassen, eine Herstellung kann erst nach ärztlicher Rücksprache erfolgen. Als stabiles und schwach wirksames Glucocorticoid gilt Hydrocortisonacetat, als mittelstark gilt Triamcinolonacetonid und Betamethasondipropionat gehört zu den stark wirksamen Glucocorticoiden.
Wirkung und Indikation
Das Antibiotikum gehört zu der Gruppe der Makrolidantibiotika. Es hemmt die bakterielle Proteinbiosynthese durch Bindung an Ribosomen. Der Wirkstoff hat ein enges Wirkungsspektrum und sollte in Dermatika nur bei bakteriellem Befall durch grampositive Keime eingesetzt werden. Der Arzneistoff wirkt bakteriostatisch gegen grampositive Keime (Staphylokokken und Streptokokken). Darüber hinaus besitzt der Wirkstoff antiinflammatorische Eigenschaften, da er die Chemotaxis (Fortbewegung) neutrophiler Granulozyten hemmt.
Das Antibiotikum penetriert gut in die Haut. Dermal angewendet, wird Erythromycin kaum perkutan resorbiert. Auch nach großflächiger Anwendung bleiben die systemisch aufgenommenen Erythromycin-Konzentrationen sehr gering. Als wirksam gilt vornehmlich die Erythromycin-Base. Salbe mit Erythromycin können aufgrund ihrer basischen Reaktion den pH-Wert der Haut für mehrere Stunden erhöhen, dies kann zu einer Beeinträchtigung der körpereigenen Hautflora führen.
Die Anwendung, für die Erythromycin in Dermatika am häufigsten rezeptiert wird, ist Acne papulopustulosa Grad I bis III. Eine Monotherapie mit topischen Antibiotika gilt nicht mehr als Therapiestandard. Eine Kombinationstherapie mit Tretinoin oder Isotretinoin wird bei leichter bis mittelschwerer Akne als geeigneter angesehen. Anwendungen bei anderen Hauterkrankungen, wie beispielsweise Rosazea, wird zur Vermeidung von Resistenzen und der Gefahr einer Sensibilisierung nicht mehr empfohlen.