L-Thyroxin zählt zu den am häufigsten verordneten Arzneistoffen. Das Schilddrüsenhormon gilt als sehr gut verträglich. In einigen Fällen können aber Wechselwirkungen auftreten, die den Effekt von L-Thyroxin verringern können. Da diese Effekte auch auf nicht-verschreibungspflichtige Wirkstoffe und Nahrungsergänzungsmittel zurückgehen, über die der Arzt nicht immer den Überblick hat, ist die Beratung in der Apotheke besonders wichtig.
Fall: Ein Herr von etwa 50 Jahren kommt in die Apotheke. Er ist Stammkunde und erhält seit einigen Jahren Medikamente gegen seinen hohen Blutdruck sowie L-Thyroxin. Seit etwa einem halben Jahr kauft er zusätzlich Calcium-Brausetabletten. Er sei Risikopatient für Osteoporose, habe der Arzt erklärt. Nun soll er zur Vorbeugung zusätzlich das Mineral einnehmen. Beim Einlösen seines Rezeptes klagt er darüber, dass der Arzt die Dosierung seiner Schilddrüsen-Präparate erhöhen möchte. Seine Werte seinen seit einiger Zeit nicht mehr gut. Der Patient ist besorgt: Ob denn die Aktivität der Schilddrüse über die Zeit weniger werde?
Analyse: Der Patient nimmt die Schulddrüsen-Tabletten bereits seit Jahren problemlos ein. Daher ist es sinnvoll, nach Ursachen zu suchen, die eine Verschlechterung der Werte in den letzten Monaten hervorgerufen haben könnten. Da der Kunde erst vor Kurzem die Osteoporose-Prophylaxe begonnen hat, liegt die Vermutung nahe, dass die Calcium-Supplementierung mit der schlechteren Wirkung von Thyroxin zusammenhängt.
Seit Langem ist bekannt, dass Levothyroxin mit den polyvalenten Kationen Calcium, Eisen und Aluminium interagiert. Wie diese Wechselwirkung zustande kommt, ist bislang nicht genau geklärt. Daten aus Laborstudien lassen vermuten, dass bei sehr niedrigem pH-Wert – beispielsweise im Magen – das Schilddrüsenhormon von Calciumcarbonat adsorbiert wird und damit nicht mehr über den Darm aufgenommen werden kann. Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Menge des adsorbierten Levothyroxins zwar in den meisten Fällen nur sehr gering ist. Dennoch gibt es Patienten, bei denen der Wirkspiegel deutlich abnimmt. Für andere Ionen wie Magnesium sind solche Wechselwirkungen bisher nicht bekannt.
Kommunikation: Der einfachste Weg, einer Interaktion zwischen L-Thyroxin und Calcium aus dem Weg zu gehen, ist die Einnahme der Präparate im Abstand von mehreren Stunden. So kann dem Kunden empfohlen werden, beispielsweise morgens etwa 30 Minuten vor dem Frühstück L-Thyroxin einzunehmen und die Calcium-Supplementierung auf den Abend zu legen. Wichtig ist außerdem, den Kunden darauf hinzuweisen, dass das Schilddrüsen-Präparat grundsätzlich mit einem Glas Leitungswasser eingenommen werden sollte und nicht mit Mineralwasser, in dem häufig eine große Menge Calciumionen enthalten sein können.
Auch Nahrungsmittel enthalten Calcium, insbesondere Milchprodukte. Häufig kommt daher die Frage auf, ob auch die Essgewohnheiten umgestellt werden müssten. Dies ist nicht notwendig: Insbesondere wenn der Patient bereits seit Jahren auf eine bestimmte Dosis L-Thyroxin eingestellt war, ist nicht zu erwarten, dass Calcium aus der Nahrung die Interaktionen zusätzlich verstärkt. Da das Arzneimittel lebenslang eingenommen werden muss, wäre das für viele Patienten ein großer Einschnitt in die Lebensgewohnheiten, der in der Regel nicht nötig ist.
Therapie: Über die mögliche Interaktion zwischen der Calcium-Einnahme und dem Schilddrüsenpräparat sollte in jedem Fall mit dem Arzt gesprochen werden. Durch eine zeitversetzte Einnahme kann die empfohlene Dosiserhöhung von L-Thyroxin gegebenenfalls vermieden werden. Die Schilddrüsenwerte des Patienten sollen in jedem Fall engmaschig kontrolliert werden. Auch bei der Anwendung anderer Produkte sollte aufgepasst werden: Bei der gleichzeitigen Einnahme von Levothyroxin und Antazida kann es über eine Interaktion mit Aluminium ebenfalls zu einem Wirkverlust kommen. Da die Produkte eigentlich nicht gleichzeitig eingenommen werden – nach Anwendungshinweisen sollen Antazida eine Stunde nach dem Essen, L-Thyroxin jedoch vor dem Essen eingenommen werden – ist die Gefahr hier nicht besonders groß. Eventuell kann man den Patienten darauf hinweisen, das Antazidum aufgrund der möglichen Interaktion erst zwei Stunden und nicht bereits eine Stunde nach der Mahlzeit einzunehmen.
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