Osteoporose ist eine weit verbreitete Krankheit. Geschätzt sieben Millionen Deutsche leiden unter dem progressiven Schwund der Knochensubstanz. Ein großer Risikofaktor ist ein ungesunder Lebensstil durch Bewegungsmangel und falsche Ernährung. Insbesondere in jungen Jahren, etwa bis 35, kann man vorsorgen: In dieser Zeit wird Knochensubstanz aufgebaut. Wenn in höherem Alter Osteoporose auftritt, kann man aber mit Medikamenten dazu beitragen, die noch vorhandene Knochensubstanz zu erhalten und das Frakturrisiko deutlich zu verringern. Häufig tauchen aber unangenehme Nebenwirkungen auf – die mit den richtigen Einnahmehinweisen aber in den Griff zu bekommen sind.
Fall: Ein älterer Mann von knapp 70 Jahren kommt in die Apotheke. Er ist Stammkunde und erhält regelmäßig Lisinopril 2,5 mg gegen Bluthochdruck. Vor einigen Monaten wurde bei ihm Osteoporose festgestellt, seitdem erhält er Alendronsäure 10 mg zur täglichen Einnahme. Heute kommt er ohne Rezept, sondern bittet um ein Medikament gegen sein Sodbrennen. Seit einiger Zeit habe er sehr viel damit zu tun, klagt er. Manchmal habe er richtiggehend Magenschmerzen. Auf Nachfrage erzählt er, er habe derzeit viel Stress, da er die Übergabe seines Steuerberatungsbüros an seinen Nachfolger vorbereite. Er habe gehört, dass Stress schon mal auf den Magen schlage. Was man denn da machen könnte?
Analyse: Die geschilderten Beschwerden weisen weniger auf stressbedingtes Sodbrennen, sondern auf gut bekannte Nebenwirkungen des Osteoporosemittels Alendronsäure hin. Osteoporose gilt als Volkskrankheit, von Menschen über 50 Jahren sind jede dritte Frau und jeder fünfte Mann betroffen. Bis zu 40 Prozent der Knochenmasse können bis zum 70. Lebensjahr verloren gehen. Schuld daran ist ein verschobenes Verhältnis zwischen Auf- und Abbau der Knochensubstanz. Die aufbauenden Zellen, die Osteoblasten, arbeiten weniger schnell als ihre Gegenspieler, die Osteoklasten. Dadurch verliert der Knochen seine Festigkeit. Die Folge: Schon leichte Stürze können schwerwiegende Knochenbrüche hervorrufen. Am gefürchtetsten sind Frakturen des Oberschenkelhalses, die häufig die Mobilität von Senioren endgültig beenden.
Alendronsäure ist, wie andere sogenannte Bisphosphonate auch, eines der Mittel der Wahl zur Behandlung der Osteoporose. Neben den positiven, knochenaufbauenden Eigenschaften, treten gerade bei oraler Einnahme häufig Nebenwirkungen auf. Die Substanzen werden aus dem Gastrointestinaltrakt nur sehr schlecht resorbiert und rufen eine starke Reizung der Schleimhäute hervor. Nicht nur der Magen, sondern auch die Speiseröhre ist häufig betroffen. Die Folge sind Sodbrennen, Übelkeit und Durchfall. Schmerzende Knochen weisen ebenfalls auf Alendronsäure als Ursache hin – diese Nebenwirkung tritt bei intravenöser Verabreichung noch häufiger auf als bei oraler Einnahme. Aber auch bei Anwendung in Tablettenform können die Schmerzen der Skelettmuskulatur gelegentlich vorkommen, die Patienten als „Knochenschmerzen“ bezeichnen.
Kommunikation: Besonders wichtig ist es, den Patienten über den möglichen Zusammenhang zwischen Sodbrennen und den Medikamenten aufzuklären. Beim nächsten Arztbesuch sollte dies unbedingt angesprochen werden. Durch die korrekte Einnahme lassen sich die unangenehmen Effekte gut in den Griff bekommen: Die Tabletten sollten mit einem großen Glas Wasser in aufrechter Position eingenommen werden. Hintergrund ist, dass die Medikamente die Speiseröhre so rasch wie möglich passieren müssen, damit möglichst wenige lokale Interaktionen mit der Schleimhaut stattfinden können. Auch nach der Einnahme sollte der Oberkörper für mindestens 30 Minuten aufrecht bleiben – Hinlegen sollte vermieden werden. Wichtig ist außerdem, dass die Tablette 30 Minuten vor dem Essen eingenommen wird, um Interaktionen mit Calcium aus der Nahrung zu vermeiden. Dies führt zu einer verminderten Wirksamkeit.
Therapie: Die stickstoffhaltigen Bisphosphonate hemmen ein wichtiges Enzym im Mevalonat-Biosyntheseweg, die Farnesylpyrophosphat-Synthase. Dabei werden wichtige, für die Zellteilung und das Zellwachstum zuständige Signalproteine nicht richtig modifiziert, was zu Funktionsstörungen in den Osteoklasten führt. Der Abbau der Knochen wird gehemmt. Wer bei einer täglichen Einnahme weiterhin unter Nebenwirkungen leidet, kann vom Arzt auf eine wöchentliche Einnahme umgestellt werden, sofern dies medizinisch vertretbar ist. Auch eine intravenöse Verabreichung ist denkbar, die allerdings mit andersartigen Nebenwirkungen einhergehen kann und deutlich mehr Aufwand von Seiten des Patienten erfordert. Zusätzlich kann mit der Gabe von Omeprazol gegen die Nebenwirkungen vorgegangen werden.
Wichtig bei der Behandlung der Osteoporose ist, dass eine ausreichende Menge Calcium im Körper vorhanden ist. Alendronsäure sorgt dafür, dass der Knochenaufbau gefördert wird – dafür wird aber in jedem Fall Calcium benötigt, welches in den Knochen eingelagert werden kann. Empfohlen wird eine Zufuhr von 1000 mg pro Tag – am besten kombiniert mit Vitamin D. Der Patient kann außerdem daran erinnert werden, dass er selbst auch etwas für die Erhaltung der Knochensubstanz tun kann. Mindestens zweimal pro Woche sollten Bewegung und Muskelaufbau auf dem Programm stehen – das kann durch Spaziergänge, Walking sowie spezielles Funktionstraining beim Physiotherapeuten geschehen.
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