Repetitorium Nahrungsergänzungsmittel

Kein Vitamin D mit HCT

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Berlin -

„Ist ja nur ein Nahrungsergänzungsmittel“ – ist in einigen Fällen eine Abfuhr, die Apotheker in puncto Beratung erhalten können. Das vermeintlich ungefährliche Produkte mit Arzneimitteln Wechselwirkungen eingehen können, zeigt das Beispiel Hydrochlorothiazid und Vitamin D.

Fall: Eine ältere Dame möchte Vitamin-D-Tabletten kaufen, diese nehme sie immer über die dunkle Jahreszeit. Auch wenn die Sonne schon mehr scheint, möchte sie noch einige Wochen das Sonnenvitamin einnehmen. Ihre Augen reagieren empfindlich auf das helle Licht, daher könne sie nicht über eine lange Zeit in der Sonne sein.

Der Arzt könne die Tabletten ja nicht verschreiben, da es sich ja nur um ein Nahrungsergänzungsmittel (NEM) handele. Demnach könne sie das Produkt ja unbegrenzt einnehmen. Auf die Frage welche Medikamente sie einnehme, wolle sie nicht antworten. Ist ja nur ein ungefährliches NEM, das sich schon mit ihrer Dauermedikation vertrage. Sie gibt dennoch an, Hydrochlorothiazid (HCT) einzunehmen.

Analyse: Die gleichzeitige Einnahme von Vitamin D und HCT kann unter Umständen zu einem erhöhten Calciumspiegel in Plasma und Urin führen. Grund für die Hyperkalzämie ist eine verminderte renale Calciumausscheidung.

HCT ist ein Thiazid-Diuretikum und kann bei Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder Ödemen eingesetzt werden. Der Arzneistoff hemmt reversibel den Natrium-Chlorid-Cotransporter im distalen Tubulus. Das Natrium wird samt Lösungswasser ausgeschieden. Infolge des Natrium-Kalium-Austausches nimmt auch die Kaliumausscheidung zu.

Zudem nimmt im Rahmen einer Langzeitbehandlung mit dem Diuretikum die Ausscheidung von Calcium über die Nieren ab – die Folge kann eine Hyperkalzämie sein. Symptome können Müdigkeit, Depression, Arrhythmien, Knochenschmerzen oder Muskelschwäche sein. In diesem Fall spricht man von einer medikamentös induzierten Hyperkalzämie, die sowohl durch HCT als auch Vitamin D verursacht werden kann. Therapiert wird beispielsweise mit Furosemid, einer erhöhten Trinkmenge oder Glucocorticoiden, die die Calciumresorption hemmen sollen.

Vitamin D3 oder Colecalciferol ist kein Vitamin, das man mit der Nahrung zu sich nehmen muss. Es wird in der Haut gebildet. Somit kann das größte menschliche Organ auch als Drüse bezeichnet werden. Nimmt man es chemisch ganz genau, ist Vitamin D3 gar kein Vitamin, sondern die Vorstufe eines Hormons: Colecalciferol zählt zu den Secosteroiden und wird über Zwischenstufen zum Hormon Calcitriol, der physiologisch aktiven Form des Vitamin D. Zusammen mit dem Parathormon und Calcitonin ist es wesentlich an der Regulation des Calcium- und Phosphathaushalts beteiligt. In biologisch aktiver Form stimuliert Vitamin D3 die intestinale Calciumresorption, den Einbau von Calcium in das Osteoid und die Freisetzung von Calcium aus dem Knochengewebe.

Kommunikation: Die Kundin sollte mit ihrem Arzt Rücksprache halten. Da sie das Diuretikum schon über eine längere Zeit einnimmt, sollten die Calciumspiegel im Plasma und im Urin überwacht werden. Zudem ist die Bestimmung des Vitamin D3-Wertes empfehlenswert, um herauszufinden ob eine Supplementierung notwendig ist.

Therapie: Vergeht noch einige Zeit bis die Frau zum Arzt geht, kann vorsichtshalber das Vitamin-D3-Präparat abgesetzt werden. Ein Bluttest vorab kann zeigen, ob überhaupt ein Mangel vorliegt. Den Gang zum Arzt kann sie sich ersparen und in der Apotheke einen Selbsttest kaufen. Zu Hause wird dann Blut aus der Fingerbeere entnommen und in ein Labor geschickt. Sollte die Substitution von Vitamin D3 unerlässlich sein, kann eine Umstellung des Diuretikums in Betracht gezogen werden. Geeignet ist zum Beispiel Furosemid.

Vielleicht kann auch eine Sonnenbrille die Lichtempfindlichkeit der Augen mildern. Bei richtigem Winkel sollte man sich täglich zehn Minuten pro Körperseite am besten nackt in die Sonne legen, um optimal versorgt zu sein. Der Einfallswinkel der Sonne ist entscheidend: Je länger der Schatten, desto weniger Vitamin D entsteht in der Haut. Unter einem Winkel von 45 Grad kann kein Vitamin D gebildet werden.

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