Allergisches Asthma tritt durch eine heftige Reaktion des Immunsystems auf, welche durch Immunglobuline vermittelt wird. Aber auch andere Ursachen können eine chronische Entzündung der Atemwege hervorrufen. Dazu gehören Giftstoffe, hohe körperliche Anstrengungen (Belastungsasthma) oder kalte Luft. Selbst Arzneimittel können die Beschwerden hervorrufen. Am bekanntesten dabei ist die Analgetika-Intoleranz.
Fall: Ein junger Mann von etwa 20 Jahren kommt in die Apotheke. Er hat ein Rezept vom Arzt über Acetylsalicylsäure (ASS) 30 mg und ein inhalatives Kortikosteroid erhalten. Der Mann ist sehr besorgt: Sein Arzt habe eine Allergie gegen ASS festgestellt. Nachdem er am Tag zuvor nach der Einnahme einer ASS-Brausetablette einen Asthma-Anfall bekommen hatte, habe er einen Kortisonspray verordnet bekommen. Ob er sonst noch etwas gegen seine Allergie tun könnte? Er verstehe jedenfalls jetzt, warum er seit Jahren immer wieder Asthma-ähnliche Beschwerden gehabt hat. So schlimm wie gestern sei es aber noch nie gewesen. Jetzt habe der Arzt ihm auch noch ASS verschrieben – das gehe doch nicht, genau darauf sei er doch allergisch? Er bittet um einen Austausch, gegen seine gelegentlichen Migräne-Kopfschmerzen nehme er in Zukunft lieber ein anderes Mittel wie Ibuprofen. Außerdem ist er unsicher, wie er das Inhalationsspray genau anzuwenden hat.
Analyse: Die Symptome, die der Mann beschreibt, passen gut zu der Diagnose einer Analgetika-Intoleranz. Das klassische Krankheitsbild der Aspirin-Unverträglichkeit, auch Morbus Widal genannt, ist in der Regel eine Kombination aus Asthma bronchiale, Nasenpolypen und der Intoleranz an sich. Ursache ist, anders als bei vielen anderen allergischen Reaktionen, keine IgE-vermittelte Reaktion des Körpers, sondern eine Fehlreaktion des Arachidondäure-Metabolismus.
Asthmatische Beschwerden liegen bei diesem Krankheitsbild meist auch ohne direkte Einwirkung von ASS vor, die Beschwerden können sich aber durch die Gabe deutlich verstärken. Daher sollte grundsätzlich die Einnahme vermieden werden. Die anderen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) greifen in den Arachidonsäure-Weg im Körper ein und dürfen ebenfalls nicht eingenommen werden. Die Einnahme von Ibuprofen oder Diclofenac ist für den Patienten daher keine Alternative. Eine Ausnahme gilt allerdings: Mit niedrigen Dosen kann die Intoleranz durch das Allergen selbst zumindest gemildert werden. Man spricht dann von einer adaptiven Desaktivierung.
Kommunikation: Offenbar plant der behandelnde Arzt eine solche adaptive Desaktivierung. Die Methode basiert auf der Erkenntnis, dass bei betroffenen Patienten bis zu 72 Stunden nach oraler ASS-Gabe eine Refraktärperiode auftritt. In dieser Zeit zeigt sich eine Verminderung der anfangs beobachteten respiratorischen und systemischen Symptome nach erneuter Einnahme. Durch eine dauerhafte Einnahme von ASS kann demnach eine Toleranz gegenüber der Medikation hervorgerufen werden, das Risiko von schweren Asthmaanfällen wird reduziert.
Bei gutem Ansprechen kann auch die Dosierung der Begleitmedikation mit Glukokortikoiden herabgesetzt werden. Dem Patienten sollte dieses Prinzip gut erläutert werden. Die Methode ist gut etabliert, eine Anfangsdosis von 30 mg ist sinnvoll. Die Dosis kann, sofern sie gut vertragen wird, sukzessive geseigert werden. Um den Patienten zu beruhigen, kann man anbieten, dass die Ersteinnahme in der Apotheke erfolgt. Auch die Handhabung des Inhalators sollte in Ruhe und ausführlich erläutert werden.
Therapie: Die wichtigste Maxime bei der adaptiven Desaktivierung ist die Therapietreue des Patienten. Eine regelmäßige Einnahme etwa alle 24 Stunden ist essenziell, um die Refraktärzeit des Patienten nicht zu überschreiten – danach wird eine Reaktion auf die Medikation unweigerlich wieder auftreten, eine dauerhafte Desensibilisierung ist bislang nicht möglich. Grundsätzlich muss der Patient, abgesehen von der verordneten Medikation, die Einnahme sämtlicher NSAR vermeiden. Auch die COX2-Hemmer Celecoxib und Rofecoxib sollten nicht verwendet werden. Bei den vom Patienten geschilderten Kopfschmerzen kann der Kunde auf Paracetamol als Mittel der Wahl oder – bei diagnostizierter Migräne – auf Triptane zurückgreifen.
In Studien wurde gezeigt, dass durch die Gabe des Leukotrien-Inhibitors Montelukast die Asthma-Symptome deutlich verbessert werden konnten. Die Dosis der Glukokortikoide konnte dabei ebenfalls herabgesetzt werden. Je nachdem, wie der Patient mit dem Spray zurechtkommt und welche Nebenwirkungen auftreten, kann dies eine weitere Behandlungsalternative sein. Sollten sich unter dauerhafter Einnahme Magenprobleme einstellen, kann dem Kunden die Anwendung von Protonenpumpenhemmern wie Omeprazol oder Pantoprazol empfohlen werden.
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