Kommentar

Reizhusten-Beratung: Mehr Verantwortung für Apotheken?

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Berlin -

Lange Zeit war es ruhig um die Abgabe von Hustenstillern. Nun kommt mit zunehmenden Erkältungen, aktuellen Lieferengpässen und einem neuen Wirkstoff, der aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde, jedoch die geballte Ladung zurück in die Beratung. Für PTA und Apotheker:innen gilt es den Überblick zu behalten und häufig auch Diskussionen zu führen: Denn nicht immer ist es sinnvoll den Husten zu unterdrücken. Kund:innen wollen jedoch meist nur ihren nervigen Reizhusten loswerden – gut gemeinte Ratschläge sind daher nicht immer erwünscht, aber durchaus angebracht, kommentiert Cynthia Möthrath.

Erkältungsberatungen gehören endlich wieder zum Apothekenalltag. Nach zwei langen Jahren, die von Masken und Corona dominiert wurden, bin ich ehrlich gesagt froh, mal wieder ausgiebig zu Husten und Schnupfen beraten zu dürfen. Klagen Kund:innen über Reizhusten, hört der Spaß dann schon wieder auf: Denn viele Klassiker sind im Moment nur schwer zu bekommen.

Lieferengpässe sorgen für Unmut

Auf konkrete Produktwünsche nach Silomat & Co. kann ich also leider nicht eingehen, stattdessen ernte ich eine Diskussion um Lieferengpässe und die böse Pharmaindustrie, die billig im Ausland produziert, um sich eine goldene Nase zu verdienen. Alle Erklärungen über die Hintergründe des Engpasses sind an dieser Stelle übrigens zwecklos.

Ist der Unmut abgeklungen, kann es mit der Beratung weitergehen. Ist der Einsatz eines Hustenstillers überhaupt sinnvoll und möglich? Bei Dextrometorphan existieren Kontraindikationen bei Asthma und COPD, Pentoxyverin sollte nicht bei Engwinkelglaukom verwendet werden. All dies gilt es zunächst abzuklären und zu differenzieren.

Mit Levodropropizin steht bald ein weiterer Hustenstiller in der Selbstmedikation zur Verfügung. Zwar wurde dem Wirkstoff ein gutes Nebenwirkungspotential bescheinigt. Dennoch bedeutet die Entlassung aus der Rx-Pflicht und die Abgabe für die PTA ein Stück weit mehr Verantwortung – vor allem, solange keine chemischen Alternativen zur Verfügung stehen. Denn breite Rückmeldungen und eigene Erfahrungswerte zum Wirkstoff fehlen aufgrund der Neuheit im OTC-Bereich bislang.

Hustenstiller bei produktivem Husten

Oft stellt sich im Gespräch heraus, dass die Betroffenen bereits mehrere Tage an den Beschwerden leiden und „richtig schleimige Brocken“ abhusten. Sie befinden sich also mitten in der akuten Hustenphase. Eigentlich ist hier Abhusten indiziert, um das Sekret aus der Lunge zu befördern – ein Unterdrücken des Hustens über Tag ist eher kontraproduktiv. Lediglich zur Nacht kann bei mäßigem Husten ein Hustenstiller verwendet werden.

Bei Kund:innen stößt diese Empfehlung häufig auf Unverständnis. Schließlich ist der Husten auch über Tag lästig und nervig. Dass es sich dabei um einen natürlichen Schutzmechanismus des Körpers handelt, der sie möglicherweise vor Schlimmerem bewahrt, wollen sie nicht hören.

Einige meiner Kolleg:innen sträuben sich komplett gegen die Abgabe von chemischen Hustenstillern, die den Reflex im Hustenzentrum des Gehirns blockieren. Sie weichen schon immer auf pflanzliche Alternativen aus, die den Hustenreiz durch ihre enthaltenen Schleimstoffe auf sanfte Weise lindern sollen. Bei Kund:innen, die „etwas richtig Starkes“ haben wollen, kommt es daher auch hier immer wieder zu Diskussionen.

Selbstmedikation bei Kindern – ein schmaler Grat

Vor allem die Beratung bei Kindern gestaltet sich oft schwierig: Viele Eltern wollen den Gang zur Arztpraxis vermeiden, dennoch soll das Kind (und natürlich auch die Eltern) nachts durchschlafen können. Zwar können einige chemische Antitussiva bereits ab einem Alter von zwei Jahren verwendet werden, allerdings gebe auch ich sie bei kleineren Kindern nur ungern in der Selbstmedikation ab, wenn zuvor kein Arztbesuch erfolgt ist.

Ich erinnere mich an einen Vater, der samstags mit seiner kleinen Tochter in die Apotheke kam und nach einem solchen Präparat verlangte. „Sie hustet die ganze Zeit und hört gar nicht mehr auf“, erklärte er. Doch der dumpfe, bellende Husten und das seltsame Atemgeräusch machten mich und meine Kollegin hellhörig. Natürlich darf ich keine Diagnose äußern – allerdings vermuteten wir beide einen Krupphusten. Ich gab auch auf mehrfaches Drängen keinen chemischen Hustenstiller ab und riet ihm stattdessen, zur Notfallpraxis zu fahren. „Meinen Sie wirklich, das ist nötig? Da sitzen wir ja Stunden! Eigentlich wollten wir nachher noch weg.“ Schließlich ließ sich der Vater doch überzeugen. Einige Zeit später kam er mit einem Rezept über Kortison-Zäpfchen und Ibuprofen-Saft in die Apotheke zurück – dankbar über unsere Standhaftigkeit und die Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen.

Im Zweifelsfall sollte also immer auf die eigene fachliche Kompetenz gesetzt werden – auch wenn das die ein oder andere Diskussion bedeutet. Nicht immer ist dem Kunden/der Kundin damit gedient, den geäußerten Wunsch zu erfüllen. Denn der einfachste Weg ist nicht zwingend immer auch der beste.

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