PTA: Morgens Theke, abends Tresen Alexander Müller, 20.09.2017 10:13 Uhr
Das Bewerbungsgespräch nähert sich dem Ende, man ist sich einig. Die PTA könnte am nächsten Ersten anfangen und die händeringend gesuchte Verstärkung am HV-Tisch sein. Doch zum Schluss macht der potenzielle Neuzugang fast buchstäblich noch ein anderes Fass auf: Die junge Frau möchte an zwei Abenden in der Woche in einer Bar arbeiten. Ob das in Ordnung sei. Darüber muss der Inhaber erst einmal nachdenken, denn mit Nebentätigkeiten seiner Mitarbeiter hat er sich noch nie befasst.
Jede Nebentätigkeit sollte vom Arbeitgeber genehmigt werden, am besten in einer schriftlichen Vereinbarung. Für den Apotheker ist wichtig, dass die eigentliche Arbeit in der Apotheke nicht darunter leidet. Im obigen Beispiel könnte die PTA ihre vertraglich vereinbarte Leistung am HV-Tisch kaum erbringen, wenn sie bis 4 Uhr morgens hinter der Theke gestanden hat. Wie konkret beide Seiten in der Genehmigung werden, ist Vereinbarungssache.
Ein noch wichtigerer Punkt ist, dass die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes eingehalten werden. Laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Wenn diese Stundenzahl innerhalb eines halben Jahres im Durchschnitt nicht überschritten werden, kann die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Der Mitarbeiter muss garantieren, dass er diese Bestimmungen nicht verletzt. Wenn diese Bedingungen erfüllt und beide Seiten einverstanden sind, spricht nichts dagegen, dass die PTA abends kellnert.
Schwieriger dürfte der Kompromiss sein, wenn eine Mitarbeiterin nebenbei in einer anderen Apotheke arbeiten will. Das kann der Inhaber mit Blick auf das vertraglich geregelte Wettbewerbsverbot zwar auf jeden Fall unterbinden. Aber es gibt denkbare Konstellationen, in denen der Chef kein Problem damit hat.
Doch normalerweise ist im Arbeitsvertrag und der Genehmigung zur Nebentätigkeit geregelt, dass der Mitarbeiter nicht für einen Wettbewerber tätig werden darf. Angestellte Approbierte dürfen beispielsweise nicht ohne Erlaubnis ihres Chefs Notdienste in konkurrierenden Apotheken übernehmen. Das Wettbewerbsverbot resultiert aus der sogenannten Treuepflicht des Arbeitnehmers. Dies gilt übrigens auch für freigestellte Mitarbeiter nach einer Kündigung.
Verstößt ein Mitarbeiter gegen das Wettbewerbsverbot, ist dies ein Kündigungsgrund – nach erfolgloser Abmahnung. Unter Umständen kann der Apotheker sogar Schadenersatz von seinem Angestellten verlangen.
In der Praxis häufiger vorkommen dürfte allerdings, dass ein Angestellter kündigt und in einer Konkurrenzapotheke anheuert. Oder noch gravierender: Ein ehemaliger angestellter Apotheker macht sich nebenan selbstständig und wird so zum neuen Konkurrenten. Abgesehen davon, dass mancher Inhaber das als Vertrauensbruch empfinden mag – kann er rechtlich etwas dagegen unternehmen?
Zunächst einmal ist der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei, zu tun und zu lassen was er will – mit einer Einschränkung: An die Verschwiegenheitspflicht bezüglich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Apotheke ist er auch nach seinem Ausscheiden gebunden.
Will der Apotheker darüber hinaus verhindern, dass sein ehemaliger Angestellter zu einem Konkurrenten wechselt oder selbst zu einem wird, muss er dies vertraglich vereinbaren. Für das sogenannte nachvertragliche Wettbewerbsverbot gibt es aber Vorgaben. Da dies die Zahlung einer Karenzentschädigung beinhaltet, dürfte es in der Apotheke kein Thema sein. Das wäre für den Inhaber viel zu teuer.
Das Bundesarbeitsgericht hat noch im März entschieden, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nichtig ist, wenn die entsprechende Vereinbarung keine Karenzzeitentschädigung beinhaltet. Ein Wettbewerbsverbot ist auf maximal zwei Jahre begrenzt, in dieser Zeit ist eine monatliche Entschädigung vom mindestens 50 Prozent des letzten Gehalts fällig, inklusive etwaiger Sonderzahlungen, Prämien und Gewinnbeteiligungen sowie Sachleistungen oder geldwerte Vorteile.
Wird vertraglich weniger vereinbart oder kann der Arbeitgeber die Höhe nach eigenem Gutdünken festlegen, ist der Arbeitnehmer nicht an das Wettbewerbsverbot gebunden. Er kann dann frei entscheiden, ob er das Geld nimmt oder sich hat Verbot hält. Die Entschädigung erhält der ehemalige Angestellte in voller Höhe ohnehin nur, wenn er in der Karenzzeit nicht anderweitig tätig wird. Für die Berechnung gibt es konkrete Vorgaben.
Theoretisch kann sich der Arbeitgeber vertraglich bis zu zwei Jahre gegen die direkte Konkurrenz absichern. Eine entsprechende Vereinbarung ist im Arbeitsvertrag möglich, kann aber auch später zusätzlich schriftlich vereinbart werden, sie darf den Angestellten aber nicht übermäßig beschränken. Das betrifft zum Beispiel die Reichweite des Wettbewerbsverbots – der Einzugsbereich einer Apotheke ist auf dem Land räumlich anders zu bewerten als in einer Großstadt.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich jederzeit darauf verständigen, das Wettbewerbsverbot aufzuheben. Will der Arbeitgeber dies einseitig, muss er noch ein Jahr nach dieser Erklärung Karenzentschädigung zahlen – sofern der Ex-Mitarbeiter nicht konkurrierend tätig wird. Typisch sind solche Vereinbarungen in anderen Branchen – seinen Entwicklungsleiter sieht man als Geschäftsführer ungern direkt zur Konkurrenz wechseln. In der Apotheke dürften nachvertragliche Wettbewerbsverbote – schon aufgrund der hohen zu zahlenden Entschädigung – keine Rolle spielen.