PTA: Verantwortung und Lohn passen nicht zusammen Katharina Brand, 03.12.2024 12:46 Uhr
PTA Ricarda Lühder hat die Arbeit am HV geliebt. Dennoch hat sie den Kittel an den Nagel gehängt und berät seit knapp drei Jahren Versicherte der hkk Krankenkasse im Kundenservice. „Ich finde, dass sich die große Verantwortung, die PTA tragen, auch im Lohn widerspiegeln muss – und das ist einfach nicht der Fall.“ Ihr Appell: „PTA sollten den Mut haben, das zu machen, worauf sie Lust haben. Egal wo.“
Beruflich hat Lühder nach ihrer Ausbildung einiges auf die Beine gestellt: Nachdem sie ihr Fachabitur auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt hatte, studierte sie Management Sozialer Dienstleistungen in Vechta, arbeitete in der Leitung eines Seniorenpflegezentrums und war schließlich im Einzelhandel in einer Führungsposition tätig. „Aber das war mir nicht genug Kopfarbeit.“
Also orientierte sich die PTA um, informierte sich, welche Möglichkeiten sie mit ihrer Vorbildung hat. Über eine Zeitarbeitsfirma landete sie im Quereinsteigerprogramm der Krankenkasse – im Team Support. Durch die PTA-Ausbildung hatte Lühder hier einen Vorteil, weil „der Beratungsanteil sehr hoch ist.“ Sie hat sich dann intern weiterqualifiziert, das sei aber kein Muss.
Nach zwei Jahren ist sie in die allgemeine Kundenberatung gewechselt. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Beratung in der gesetzlichen Krankenversicherung, Bearbeitung von Mutterschafts- und Kinderkrankengeld und Beratung in allen Sachleistungen. „Ich bin persönliche Ansprechpartnerin, egal ob telefonisch oder in der Kundenberatung vor Ort.“
Im Herzen PTA
Während in der Kundenberatung eine allgemeine Beratungskompetenz ausreichend sei, setzte die Tätigkeit in der Arzneimittelabteilung eine fundierte pharmazeutische Qualifikation voraus. Somit arbeitet Lühder aktuell nicht pharmazeutisch; das heißt aber nicht, dass ihr PTA-Hintergrund nicht täglich zum Tragen kommt – und ihr auch den Arbeitsalltag erleichtert. „Wenn beispielsweise ein Kunde anruft und nicht versteht, warum er trotz gewünschter Firma auf dem Rezept durch ein fehlendes Aut-idem-Kreuz eine andere Packung in der Apotheke erhält, dann brauche ich dafür nicht extra die Fachabteilung anzurufen. Das schafft beim Kunden Vertrauen und gibt ihnen Sicherheit“, berichtet sie.
In ihrer Position komme es regelmäßig vor, dass sie die Apotheken in Schutz nehme und sich mit dem Unverständnis von Kundinnen und Kunden konfrontiert sieht: „Es wird vom ein oder anderen schon nachgefragt, warum die Apotheke dies oder jenes nicht macht. Da kann ich gezielt vermitteln und aufklären.“
Zwar kann sie ihr pharmazeutisches Wissen nicht mehr in dem Maße anwenden wie in der Apotheke. Aber: „Mir war der Beratungsaspekt sowohl in der Ausbildung als auch im Beruf am wichtigsten – und den habe ich jetzt auch. Der muss meiner Meinung nach Teil der DNA einer Person sein, die PTA ist.“
Der Schritt weg vom HV
Lühder weiß aus eigener Erfahrung: „Im Grunde genommen wird man als PTA nicht besser bezahlt als im Einzelhandel. Das ist einfach nicht äquivalent zu der Verantwortung, die man in diesem Beruf trägt.“ Um die aktuelle Situation der Apotheken weiß sie zwar gut Bescheid. „Aber da bin ich mir dann am nächsten und schaue, wie ich meine Qualitäten am besten nutzen kann.“ Nur aus Gutmütigkeit in der Apotheke zu bleiben sei für sie in der heutigen Zeit keine Option.
Neben einer angemessenen Bezahlung fehle es auch an fundierten Fort- und Weiterbildungen. Regelmäßig habe Lühder pharmazeutisches Personal für Nachfragen am Telefon. Hier geht ihrer Meinung nach viel qualifizierte Arbeitszeit – auch durch Wartezeiten auf das Gespräch – in der Apotheke verloren. „Aus meiner heutigen Erfahrung heraus weiß ich, dass Themen wie die Heilmittelabrechnung nicht ausreichend geschult werden.“
Flexiblere Arbeitsbedingungen
Zudem sei ihr jetziges Beratungsgebiet wesentlich abwechslungsreicher. „Durch meine telefonischen Arbeitszeiten habe ich eine große Bandbreite an unterschiedlichen Themen. Das lastet mich gut aus. Zusätzlich habe ich zwei Tage in der Woche die persönliche Beratung vor Ort.“ In der Apotheke hingegen gehe es ihrer Erfahrung nach oft um ähnliche oder gleiche Themen, die sie als PTA gebetsmühlenartig immer wieder von sich gegeben habe. „Das passiert in meinem aktuellen Beruf einfach nicht.“
Was Lühder außerdem schätzt, ist die Möglichkeit, bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit von zu Hause erledigen zu können und das Wochenende grundsätzlich frei zu haben. Für sie ist das ein deutlicher Vorteil gegenüber einer 40-Stunden-Woche in der Apotheke. „Ich arbeite im Gleitzeitmodell mit festgelegten Telefoniezeiten. Dennoch kann ich mir meine Zeit so strukturieren, wie es für mich am besten passt.“ Während sie am Wochenanfang mehr arbeitet, kann sie die dort geleisteten Stunden zum Wochenende hin einsparen. „Darin erkenne ich einen riesigen Vorteil der Apotheke gegenüber.“
Ihr Appell: „PTA sollten den Mut haben, das zu machen, worauf sie Lust haben. Egal wo. Sie sollten nicht denken, dass die Apotheke die einzige Option für sie ist.“