PTA-Schülerin sitzt in Türkei fest Nadine Tröbitscher, 04.04.2020 09:37 Uhr
Während hierzulande die Menschen in der Corona-Krise plötzlich mit Schulschließungen und Ausgangsbeschränkungen konfrontiert wurden, saßen hundertausende Deutsche im Ausland fest. Eine von ihnen ist die angehende PTA Aylin*, die ihren Urlaubsort in der Türkei nicht verlassen und deshalb ihr Praktikum nicht fortsetzen kann.
Aylin kostete die Reise ihren Praktikumsplatz. Seit dem 7. März hat die angehende PTA Urlaub und ist zu ihrer Familie in die Türkei gereist. Eigentlich wollte sie am 21. März zurück nach Deutschland fliegen und ihr Praktikum in der Apotheke fortsetzen. Doch dazu kam es nicht. „Turkish Airlines hat alle Flüge gestrichen“, berichtete Aylin gegenüber PTA IN LOVE. „Bis zum 18. April kann ich nicht zurückfliegen – und das, obwohl ich die deutsche Staatsangehörigkeit besitze.“ Dabei hat Aylin Glück im Unglück: Sie wohnt bis dahin bei ihrer Familie.
„Als ich meine zwei Wochen Urlaub gebucht hatte, gab es Corona schon, aber nicht so krass – in der Türkei gab es noch keinen Fall. Innerhalb weniger Tagen hat sich das Blatt rapide gewendet.“ Per eMail wurde sie aufgefordert, sich mit Turkish Airlines in Verbindung setzen. Dann die schockierende Nachricht – alle Flüge werden bis zum 18. April gestrichen.
Eine Möglichkeit gab es noch für Aylin: Ein Flug von Istanbul über die Ukraine nach Düsseldorf. Aber Aylin wollte nicht alleine über die Ukraine fliegen. „Was wäre, wenn ich auf einmal in der Ukraine stecken bleibe? Die Situation ändert sich ja jede Minute.“
Wie das Auswärtige Amt mitteilt, kommt es derzeit zu starken und zunehmend drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr. Davon ist auch die Türkei betroffen, denn alle planmäßigen Direktflüge nach Deutschland sind seit dem 20. März eingestellt. Eine Ausreise sei im Einzelfall gegebenenfalls noch über Drittstaaten möglich. Zwar dürfen laut Auswärtigem Amt weiterhin Flugzeuge landen, um Passagiere aus der Türkei nach Deutschland abzuholen, allerdings würden deutsche Staatsangehörige weiterhin willkürlich festgenommen oder mit einer Ausreisesperre belegt.
Auch Aylin sitzt vorerst fest. Schule, Gesundheitsamt und Apothekerkammer hat sie informiert und natürlich auch ihre Chefin. Von dieser fühlt sich die angehende PTA allerdings im Stich gelassen. „Ich habe alles für meine Chefin gemacht. Jetzt suche ich mir eine neue Praktikumsstelle und schreibe Bewerbungen.“ Vor dem Urlaub hatte die Chefin Aylin immer vertröstet: „Wir machen den Praktikumsbericht nach dem Urlaub“, habe sie Aylin versichert. „Dann habe ich erfahren, dass sie eine neue Mitarbeiterin eingestellt hat und ich nicht mehr kommen soll. Das ist alles innerhalb einer Woche passiert. Jetzt suche ich händeringend einen neuen Praktikumsplatz. Eine Absage habe ich bereits bekommen. Die Apotheke hat Angst, dass ich das Virus mitbringe.“
Aylins Lehrerin steht hinter ihr. „Ich soll ganz ruhig bleiben, es werde sich eine Lösung finden, schrieb meine Lehrerin, wir werden die Situation gemeinsam meistern.“ Eine Unterbrechung des Praktikums ist an sich kein Problem. Nach § 17 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für PTA darf die praktische Ausbildung – einschließlich Urlaub – zwar nicht länger als vier Wochen unterbrochen werden. Die darüber hinausgehende Zeit kann aber nachgeholt werden.
Aylin ist gespannt, ob sie am 18. April zurückfliegen kann. „Der PTA-Beruf ist mein größter Wunsch. Ich habe hart dafür gelernt. Ich liebe es, im Handverkauf zu sein und Kunden zu bedienen und beraten. Ich würde sogar freiwillig arbeiten, wenn eine Apotheke in der Krise ist und eine PTA braucht. Ich vermisse meine Eltern. Mir fehlt das Essen in Deutschland und sogar das Wasser. Das Leben hat wirklich einen Unterschied. Ich bin zwar Türkin, aber jetzt merke ich, wie unwohl ich mich fühle. Die Menschen hier aus der Umgebung lachen mich aus, weil ich nicht nach Deutschland fliegen kann, und machen dumme Witze über mich.“