Seit alle Schulen und Berufsschulen geschlossen sind, müssen sich die Lehrer etwas einfallen lassen, wie der Unterricht aus der Ferne gestaltet werden kann. Die Bernd-Blindow-Schule in Leipzig hat für alle PTA-Schüler einen Online-Campus eingerichtet, dort können die Schüler in einem virtuellen Klassenzimmer weiter unterrichtet werden.
Aktuell besuchen die Schüler der Bernd-Blindow-Schule in Leipzig nur ein virtuelles Klassenzimmer. Christoph Bethmann, Ausbildungsleiter des Fachbereiches PTA, ist mit der Lösung zufrieden: „Wir haben uns einen Online-Campus aufgebaut und das funktioniert auch wirklich gut.“ Die Schüler können so weiter von zu Hause unterrichtet werden. Der Lehrausfall lässt sich so in Grenzen halten. Die Schule hatte gegenüber anderen Ausbildungsstätten einen Vorteil: Es konnte auf ein bestehendes eLearning-System zurückgegriffen werden. „Aufgrund dessen, dass wir auch die Diploma Hochschule an unserem Standort haben, konnten wir auf bestehende Lösungen zurückgreifen“, erzählt Bethmann.
Insbesondere für die theoretischen Fächer sei der Online-Campus eine gute Lösung. „Ich unterrichte Arzneimittelkunde, Medizinproduktekunde, Ernährungslehre und Körperpflegekunde. Hier kann ich den Schülern die Skripte zu Verfügung stellen und anschließend gemeinsam durchsprechen.“ Bethmann ist positiv von den Schülern überrascht: „Es ist ja sonst nicht so, dass die Schüler die Materialien vorab bekommen. Ich muss sagen, aktuell arbeiten alle fleißig mit und arbeiten die Blätter zum Teil vorher schon durch.“ Die freiere Zeiteinteilung scheint die Schüler derzeit noch zu motivieren, gerade die Abschlussklasse sei zielstrebig dabei, um die Prüfungen im Spätsommer zu bestehen.
Ganz frei sind die Schüler jedoch nicht in ihrer Zeit: „Wir führen den gewohnten Stundenplan fort. Die Schüler fangen also morgens um acht an mit dem eLearning.“ Da der Schulweg wegfällt, setzen sich manche angehenden PTA schon früher hin und beginnen mit den Skripten. „Die Unterlagen laden wir per Pdf hoch. Auf Leistungskontrollen verzichten wir zunächst.“ Dies sei momentan nicht nötig – die gesammelten Noten der Abschlussklasse reichten für eine Endnotenbildung aus. Die Noten in den einzelnen Fächern würden über die Semester gesammelt, sodass eine Bewertung zusammen mit den noch anstehenden Abschlussprüfungen ohne weitere Klausuren möglich sei. „Sollten die Schließungen länger anhalten, so müsste man über eventuelle Leistungskontrollen nachdenken. Bislang gehen wir davon aus, dass es Mitte Mai weitergeht.“
Bethmann ist sich bewusst, dass sich die Online-Lösung nicht für alle Fächer gleich gut eignet: „Die fachpraktische Ausbildung leidet zurzeit, unsere Labore haben aber genug Kapazitäten, um in kurzer Zeit einige Praktika aufzuholen.“ Sollten die Schulen im Mai wieder geöffnet werden, so könnte darüber nachgedacht werden, in welchen Umfang man die Praktika wiederholt. Da es viele Laborplätze gibt, geht Bethmann davon aus, dass Lehrinhalte angemessen nachgeholt werden können. Neben Chemie könnten auch galenische Übungen wiederholt werden. Aktuell arbeiteten die Lehrer der praktischen Fächer mit Youtube, hier könne man den Schülern einzelne Videos empfehlen, die die Herstellung von Darreichungsformen zumindest bildlich gut erklären.
Bethmann schätzt die vielen Möglichkeiten des Online-Campus: „Ich kann nun als Lehrer tatsächlich ein virtuelles Klassenzimmer betreten und die Schüler einladen. Auch Gasthörer können dem Unterricht beitreten. Ein weiterer Vorteil: Insgesamt ist es im virtuellen Raum ruhiger als im echten Klassenzimmer.“ Einzelne Schüler könne er als Lehrer auch stummschalten, hierzu hat nur er die Berechtigung. Wenn beispielsweise im Hintergrund der Hund bellt oder das kleinere Geschwisterkind singt, würden die anderen Schüler nicht gestört. „Im virtuellen Klassenzimmer kann ich auch meinen Bildschirm mit den Schülern teilen. Ein Whiteboard stellt dann sozusagen meine Tafel dar.“ Einen negativen Punkt spricht Bethmann dennoch an: „Dass man die Schüler nicht alle vor sich sieht, hat aber auch Nachteile. Ein direktes Feedback fehlt, sodass ich als Lehrkraft nie ganz sicher sein kann, ob ich das Wissen für den Moment gut vermittelt habe.“
Um zumindest in den theoretischen Fächern ein wenig mehr Kapazitäten zu gewinnen, müssen die Schüler auch auf etwas verzichten: „Wir haben die Osterferien ausgesetzt, so gewinnen wir nochmal zwei zusätzliche Wochen.“ Vor dem Hintergrund, dass Reisen aktuell nicht möglich ist, sei es für die Schüler ein geringer Verlust. „Die Abschlussprüfungen an unserer Schule sind aktuell für Ende August terminiert. Die Apothekenpraxisprüfung von März musste bereits verschoben werden. Aktuell soll sie Ende April wiederholt werden.“ Bethmann wartet nun auf die Nachricht, ab wann die Schulen wieder öffnen dürfen. Bis dahin betritt er weiter sein virtuelles Klassenzimmer und stimmt sich regelmäßig mit seinen Kollegen über das weitere Vorgehen in diesem dynamischen Prozess ab.
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