PTA rudert 4800 Kilometer über den Atlantik Carolin Ciulli, 06.01.2019 10:55 Uhr
Das ozeantaugliche Ruderboot haben PTA Stefanie Kluge und ihre drei Teammitglieder gerade in Hamburg getauft. In diesem Jahr wollen die vier Frauen als erstes deutsches Team von den Kanarischen Inseln aus über den Atlantik bis in die Karibik rudern. Ein waghalsiges Projekt – auf hoher See ist die Crew auf sich alleine gestellt.
Von La Gomera führt die „Talisker Whisky Atlantic Challenge“ bis Antigua – 4800 Kilometer liegen zwischen Start und Ziel. Vier Frauen aus Hamburg wollen sich dem Abenteuer stellen, als erstes deutsches Team überhaupt. Kluge ist Rudertrainerin und lernte in einem Kurs im Frühjahr Catharina Streit und Meike Ramuschkat kennen. Die beiden Freundinnen hatten bereits beschlossen, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Vierte im Team „Rowhhome“ ist Kluges Tochter, Timna Kluge.
Streit und Ramuschkat erzählten Kluge von ihrem Plan und gewannen sie und ihre Tochter an Bord. „Ich kannte das Rennen davor nicht“, sagt die PTA, die seit 2002 an der Hamburger Berufsfachschule BS 06 als technische Angestellte tätig ist. Sie selbst unterrichtet nicht, sondern erledigt den Einkauf, kümmert sich um die Logistik und betreut das galenische Praktikum. „Manchmal erklären wir den Schülern die technischen Geräte wie den Topitec“, sagt sie.
Für das Rennen, das Mitte Dezember 2019 startet, hat sich die PTA für drei Monate freistellen lassen. Im vergangenen Jahr schaffte es das schnellste Team in 29 Tagen über den Atlantik und stellte einen neuen Rekord auf. Diesen Wert peilen die vier Frauen nicht an. Ihr Ziel: Den Traum vom Rennen erfüllen. Aktuell bereitet sich das Team, das unter dem Namen „Rowhhome“ an den Start geht, vor. Zahlreiche Seminare wie ein Funk-, Erste-Hilfe und Navigierkurs sowie Survivaltraining und der Sportbootführerschein See müssen absolviert werden. Sonst dürfen die Frauen nicht starten. „Das ist ein teures Unterfangen“, sagt Kluge.
Aktuell rudern 28 Teams Richtung Karibik. Für dieses Jahr sind sogar 35 Boote angemeldet, manche gehen in Ein-Mann-Besatzung an den Start. Kluge ist froh, dass sie den Atlantik mit ihrer Tochter und den Freundinnen durchrudern wird. „Alleine würde ich es nicht machen wollen“, sagt sie. Beim letzten Start auf La Gomera waren die vier Frauen mit dabei. „Es war ein Wechselbad der Gefühle, man möchte auf der einen Seite sofort mit. Aber es ist gut zu wissen, dass wir noch Zeit haben.“
Bei so einem großen Abenteuer schwingen natürlich auch Ängste mit: „Ich möchte nicht mit einem Wal kuscheln“, sagt Kluge. Es kam bereits vor, dass die Säugetiere zu nah an die Boote kamen und sie kenterten. Auch mit meterhohen Wellen und Sturm müssen sich die Frauen auseinandersetzen. „Bei 15 Meter hohen Wellen kann man nicht rudern.“ Die Kabinen an Bug und Heck seien verschließbar. Im Notfall könnten je zwei Frauen in eine Kajüte. Bleibe das Boot auf dem Kopf liegen, könnte sie es durch bestimmte Bewegungen wieder umdrehen. „Wichtig ist nur, dass alle Lucken dicht sind.“ Viele Familienmitglieder und Freude hielten die Frauen für verrückt.
In den Seitenkabinen lagern Ausrüstung und Vorräte und die Frauen schlafen auch darin. Noch sei nicht entschieden, was genau sie an Proviant mitnähmen. „Wir müssen uns selbst versorgen.“ Ein Begleitboot gebe es nicht. Ich tendiere dazu, das Essen selbst zuzubereiten und zu dehydrieren“, sagt Kluge. Angesichts der körperlichen Anstrengung erwartet sie, dass pro Tag 8000 Kilokalorien verbraucht würden. Zusätzlich zur Nahrung nehmen die Sportlerinnen Nahrungsergänzungsmittel mit an Bord.
Trinkwasser gewinnen sie über einen batteriebetriebenen Wasserfilter aus Salzwasser. Das Frischwasser spiele auch für die Körperpflege eine wichtige Rolle. Das Salz könne die Haut stark reizen. „Viele Teams rudern nackt, um möglichst keine Reibung zu erzeugen.“ Kluge hofft darauf, dass ihr ihre Seekrankheit keinen Strich durch die Rechnung macht. „Auf großen Fähren wird mir schlecht, beim Rudern ist mir das aber noch nie passiert.“ Lediglich zwei Sicherheitsyachten unterstützten die Teams im Notfall. An Land werden sie von zwei Mitarbeitern des Veranstalters betreut.
Anfang Dezember ist das Team seinem Traum ein Stück näher gekommen. Sie haben ihr hochseetaugliches Ruderboot „Doris“ erhalten. Die Bootstaufe und die Jungfernfahrt auf der Elbe absolvierten sie erfolgreich. Sogar verschiedene Fernsehsender waren mit dabei und zeigten Beiträge über das Projekt. Die Öffentlichkeit können die Ruderinnen gut gebrauchen. Das Boot muss mit allerlei Technik ausgestattet werden.
Über eine Crowdfunding-Plattform wird derzeit Geld gesammelt. Wenn 120.000 Euro zusammenkommen, sind Boot, Ausrüstung, notwendiges Essen für 100 Tage auf See bezahlt. Die Crew wird von einem Filmteam begleitet. Nach dem Rennen werden die vier Frauen ihr Boot wieder verkaufen. Das Geld fließt in Hilfsprojekte. Kluge und ihr Team unterstützen die Vereine „Kinderlachen“ und „Zeit für Zukunft“. Bei den vergangenen vier Rennen kamen rund 6 Millionen Euro für wohltätige Zwecke zusammen.