1968 Ausbildung begonnen

PTA-Pionierin: „PTA nicht in Light-Apotheken abservieren“ Carolin Ciulli, 06.08.2024 09:50 Uhr

Eine der Ersten: Charlotte Engl begann 1968, im Jahr der Anerkennung des PTA-Berufes, ihre Ausbildung in Isny. Foto: Privat
Berlin - 

Betroffen und traurig – so fühlte sich Charlotte Engl, als sie von der Schließung der PTA-Schule in Isny hörte. Denn die heute 74-Jährige absolvierte dort ab 1968 als eine der ersten angehenden PTA Deutschlands ihre Ausbildung. Eigentlich wollte sie in die Pharmaindustrie, doch die Arbeit in der Apotheke überzeugte so sehr, dass sie die Offizin erst vor einem halben Jahr verließ.

Bis Dezember stand Engl noch in der Andreas Hofer Apotheke in Altusried im Oberallgäu. Zuletzt jedoch nur noch als Minijob, sagt sie. Zum Jahreswechsel wäre eine neue Software gekommen. Auch die Einführung des E-Rezepts sei ein Grund gewesen, weshalb die Seniorin die Apotheke nun ganz verließ. Die Arbeit habe ihr immer Freude bereitet – gerade die Kombination aus Backoffice und Kundenkontakt habe sie von einer Karriere in der Pharmaindustrie abgehalten.

Isny statt Südfrankreich

Denn das war eigentlich ihr Berufswunsch, als sie sich im Alter von 19 Jahren und dem Abitur in der Tasche nach einem Job umsah. Engl wuchs in Südfrankreich auf, ihre deutschen Eltern zogen aus beruflichen Gründen dorthin. Für die Ausbildung besuchte sie die Berufsschule in Isny, um sich über ihre Karrieremöglichkeiten in der Pharmaindustrie zu informieren. Als sie 1968 dort ankam, bewarb man die neue PTA-Ausbildung in höchsten Tönen. „Vielleicht wollten sie nur die Klasse voll bekommen“, sagt sie heute. Der Schule zufolge wurde der Ausbildungsberuf dort entwickelt und erstmalig in Isny angeboten.

Die Ausbildungsinhalte überzeugten den Teenager und der Umzug nach Deutschland wurde geplant. „Es war das erste Mal, dass ich Unterricht auf Deutsch hatte“, so Engl. Sie verabschiedete sich vom Süden, zog in ein Wohnheim und begann im September als eine Schülerin des 2. Jahrgangs die Ausbildung. Ungewohnt seien auch die deutschen Winter gewesen. Doch der Zusammenhalt zwischen den Mitschülerinnen sei von Beginn an gut gewesen und habe die Sehnsucht nach zu Hause gemildert. Viele Apothekenhelferinnen, teils ein Jahrzehnt älter, hätten nochmals die Schulbank gedrückt.

Die Lehrinhalte und die vielen Praktika – auch in Apotheken – überzeugten Engl von der Apotheke. „Als ich von mehreren Mitschülerinnen gehört habe, wie eintönig die Arbeit bei Pharmaherstellern ist, wollte ich da nicht mehr hin.“ Sie entschied sich für die Apotheke. Zwischenzeitlich war sie acht Jahre in Frankreich in Cannes in einer Apotheke tätig. Der Kontakt zu Deutschland riss nie ab – weder zu Schulfreundinnen, noch zur Schule selbst.

PTA verdienen mehr

Als sie wieder nach Deutschland zurückkam, unterstützte sie den Schulaustausch zwischen Isny und Frankreich. „Wir sind alle betroffen und traurig wegen der Schließung der NTA in Isny“, sagt die PTA. Der Beruf hat ihr immer Freude bereitet. Noch immer hält sie sich auf dem Laufenden und hat eine klare Meinung zur geplanten Apothekenreform: „Die wenigsten PTA wollen alleine in der Apotheke sein“, sagt sie. „Stattdessen wollen sie Verantwortung, Anerkennung und Wertschätzung. PTA sollen nicht einfach in Light-Apotheken abserviert werden, nur weil es gerade praktisch ist.“

Die Inhaberinnen und Inhaber sollten PTA mehr Freiheiten gewähren dürfen, etwa beim Abzeichnen der Rezepte oder in der Rezeptur. Nach ein paar Berufsjahren sei dies durchaus zu verantworten. „Schade ist auch, dass Weiter- und Fortbildungen gehaltstechnisch nicht anerkannt werden. Die Kolleginnen machen das und geben sich Mühe und im Endeffekt profitiert davon der Chef.“ In Frankreich würden zudem Fremdsprachenkenntnisse finanziell gewürdigt. „Das wäre doch auch bei uns denkbar.“

Dass etwas unternommen werden muss, ist Engl klar. „Ich kann mich noch gut erinnern, als es noch 22.000 Apotheken gab.“ Ein Betrieb, in dem sie tätig war, meldete später auch Insolvenz an.