Reiki-PTA

„Die Apotheke ist mir zu pharmazeutisch“

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Berlin -

Heidrun Kirsch ist ausgebildete PTA. In der Apotheke gearbeitet hat sie aber zuletzt vor mehr als 30 Jahren. Kirsch hat die esoterische Heilmethode Reiki für sich entdeckt und sich mit einem Reikihaus selbstständig gemacht. In die Offizin zurück will sie nicht – trotzdem haben Medikamente für sie ihre Berechtigung.

Kirsch entschied sich nach dem Abitur für eine PTA-Ausbildung. „Ich wollte praktisch arbeiten“, erklärt sie. Von 1978 bis 1980 besuchte sie die PTA-Schule im baden-württembergischen Isny. Direkt im Anschluss arbeitete sie fünf Jahre lang in einer Apotheke in Schwäbisch Gmünd. Dort stand sie meist am HV-Tisch. Die Gespräche mit den Patienten hätten ihr zwar Spaß gemacht, doch es habe sie auch sehr angestrengt. Eigentlich habe sie sich in der Rezeptur zu Hause gefühlt. „Aber ich kam wohl bei den Kunden gut an, deswegen stand ich oft vorn.“

Die PTA wechselte dann 1985 aus der Apotheke in die Industrie: Sie begann im Entwicklungslabor von Weleda, ebenfalls in Schwäbisch Gmünd. Bei dem Konzern kam sie erstmals mit dem ganzheitlichen Konzept und anthroposophischen Ansätzen in Kontakt. Ein Kollege nahm sie schließlich zu ihrem ersten Reiki-Wochenende mit. Das sei bestimmt etwas für sie.

Zum Wochenende gehörten neben Massagen und Meditationskursen auch eine Reiki-Sitzung. Dabei leitete ein Reiki-Meister per Handauflegen Energie durch ihren Körper. „Ich hatte davor eine Massage bekommen. Ich merkte im direkten Vergleich, dass Reiki auf mich ganz anders wirkte: Es hat etwas in meiner Aura verändert“, erzählt Kirsch.

Ende der 1980er Jahre begann Kirsch, sich in Reiki ausbilden zu lassen. Schon als Jugendliche habe sie viel gespürt, konnte etwa Stimmungen in einem Raum sofort wahrnehmen. „Es sind meistens Auslöser in der eigenen Geschichte, die einen zum Reiki bringen“, sagt Kirsch. Für sie war Reiki von Beginn an „ganz selbstverständlich“; sie wollte anderen vermitteln, wie gut es tun kann. „Ich bin bodenständig, wenn ich anderen Reiki gebe.“

Obwohl ihr die Arbeit bei Weleda gefiel, fühlte sich Kirsch als Angestellte zu eingeengt. 1991 bot sich für sie die Gelegenheit, ein halbes Jahr durch Nepal und Indien zu reisen.

In Asien lernte Kirsch andere Methoden kennen – doch Reiki erschien ihr weiterhin als das Passendste: „Bei Reiki nutze ich eine kosmische Kraft, die durch mich hindurchfließt. In anderen Lehren muss man die Kraft von einem bestimmten Urheber beziehen – das fand ich nicht einleuchtend.“ Im Anschluss an ihre Indien-Reise absolvierte Kirsch in England eine einjährige Musikausbildung. Dabei lernte sie unter anderem, Klangschalen einzusetzen. Zudem ließ sie sich Ende 1992 in London zur Reiki-Meisterin weiterbilden.

Danach kehrte Kirsch nach Baden-Württemberg zurück. Sie begann, Reiki-Seminare anzubieten; die Flyer und Plakate dazu stellte sie selbst her. Sie wusste, dass sie als PTA zur Sicherheit stets einen Halbtagsjob finden könnte, wenn es mit der Selbstständigkeit nicht funktionierte. Doch von Anfang an habe sie als Reiki-Lehrerin einen „tollen Zulauf“ gehabt. Sie stand am Anfang eines Trends: „Ich war eine der ersten in der Region, die Reiki lehrten.“

Nach und nach belegte Kirsch Schulungen in Familienaufstellung, Rückführung und „Innere Kind“-Arbeit. „Für mich waren das Mosaiksteine, die ich für meine eigene Entwicklung benötigt habe.“ In ihren Sitzungen bietet sie jeweils die Methode oder Kombination an, die für sie intuitiv zu dem Menschen passt. Daraus baute sie ihr Reikihaus Sonnenblume auf, in dem sie Seminare und Einzelsitzungen anbietet.

Für Kirsch geht es beim Reiki nicht darum, andere Menschen heilen zu müssen – das sei ein egoistisches Anliegen. „Man kann Reiki anderen nicht überstülpen, sie müssen dafür bereit sein“, erklärt Kirsch. Sie sehe es als ihre Aufgabe, mit ihren Händen als Mittlerin für andere da zu sein. „Heilen müssen sich die Menschen dann selbst.“ Nicht immer bedeute Heilen dabei gesund werden: „Manchmal ist Reiki erst einmal ein Wachrütteln“, so Kirsch. Denn im Reiki würden Probleme und Spannungen in den eigenen Erfahrungen angegangen.

Durch Reiki sollen Selbstheilungskräfte mobilisiert werden, indem Geist und Seele von den Spannungen befreit werden. „Bevor der Körper krank wird, erkranken Geist oder Seele“, sagt Kirsch. Zu ihr kommen Menschen, die etwa an Burnout leiden. Doch auch Krebspatienten lassen sich behandeln. „Ich darf weder eine Diagnose stellen noch ein Heilversprechen geben“, sagt Kirsch. Sie habe beispielsweise einem Mann, der an Magenkrebs litt, Reiki gegeben. „Seine Frau sagte mir, dass ihn die Sitzungen sensibler gemacht hätten. Und eigentlich war er wohl ein ziemlicher Kämpfer; sie war erleichtert, wie gut er am Ende loslassen konnte“, sagt Kirsch.

Für Kirsch haben sowohl die spirituellen Heilmethoden als auch die Pharmazie ihre Berechtigung. „Beides hat seinen Platz und seine Zeit“, sagt sie. „Manchmal ist es wichtig, Medikamente zu geben. Man sollte beide Ansätze in Betracht ziehen“, sagt die PTA. Sie selbst sei bei ihrer Indienreise schwer erkrankt; zunächst habe sie es mit Ayurveda und Reiki probiert, doch das sei in einer kulturell völlig anderen Umgebung wie Indien „zu wenig“ gewesen, erinnert sich Kirsch. Daher habe sie sich Antibiotika geben lassen.

In eine Apotheke könnte sie aber nicht mehr zurückkehren: „Die Apotheke ist mir zu pharmazeutisch“, sagt sie. Zu Homöopathie und naturheilkundlichen Verfahren habe sie Kunden gerne beraten. „Aber mir hat es damals fast weh getan, wie viele Medikamente ich manchen Patienten mitgeben musste.“ Bei Weleda könnte sie sich vorstellen, nochmals anzufangen. „Doch das wäre nur zur Sicherheit.“ Denn derzeit ist Kirsch neben Seminaren und Einzelterminen mit der Organisation einer Messe für bewusste Lebensgestaltung voll ausgelastet.

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